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Warum ein Planschbecken im Kleingarten ein Problem ist

Innerhalb von einer Woche soll eine Dresdnerin das zu große Becken in ihrer Parzelle abbauen, fordert der Vorstand. Hat ihr Protest Aussicht auf Erfolg?

Von Henry Berndt
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Carolin will ihren gerade gekauften Pool nicht einfach kampflos wieder abbauen.
Carolin will ihren gerade gekauften Pool nicht einfach kampflos wieder abbauen. © Sven Ellger

Dresden. Dieses Schnäppchen konnte sie sich einfach nicht entgehen lassen. Für 99 Euro inklusive Pumpe sah Carolin jüngst den mobilen Swimmingpool beim Discounter - und schlug prompt zu.

Innerhalb von zwei Stunden baute sie das Planschbecken in ihrem Garten in der Kleingartenanlage "Coschützer Hang" auf, füllte es mit Wasser freute sich über die Abkühlung für sich und ihre zehn und zwölf Jahre alten Töchter.

"Ich wollte es außen noch hübsch mit Schilfmatten verkleiden, damit es sich optisch besser einfügt", sagt die 35-Jährige. Aber dazu kam sie gar nicht mehr, denn rasch hatte sie eine Mail vom Vorstand in ihrem Postfach: "Wie wir gestern feststellen mussten, haben Sie ohne Genehmigung einen Badepool in Ihrem Garten aufgestellt", las sie darin. Und schlimmer noch: Dieser entspreche nicht den Vorschriften der Rahmenkleingartenordnung des Sächsischen Landesverbandes der Kleingärtner. Einfach gesagt: Er ist deutlich zu groß.

Unmissverständlich wurde Carolin daher in der Mail aufgefordert, den Pool innerhalb einer Woche wieder abzubauen. Bei wiederholter Missachtung der gesetzlichen und vereinsinternen Vorschriften drohe ihr die Kündigung des Pachtvertrages.

Was die vorherige Genehmigung angeht, ist Carolin jetzt schlauer und bittet um Entschuldigung. Aber jetzt steht er ja nun einmal. Gern würde sie eine Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen - gerade jetzt in Corona-Zeiten - und den Pool wenigstens noch acht Wochen weiter nutzen.

"Ich akzeptiere, dass es in einem Kleingartenverein Regeln geben muss", sagt Carolin und spricht die bekannte Drittelregelung an, wonach mindest ein Drittel der Parzellenfläche dem Anbau von Obst und Gemüse dienen soll. "Danach richte ich mich gern, dann will ich aber auch die verbleibende Fläche so nutzen, wie ich das möchte." Warum könne man die maximale Beckengröße nicht ins Verhältnis zur Parzellengröße setzen? Bei ihr seien das immerhin rund 400 Quadratmeter.

Als Carolin zuletzt in einer lokalen Facebookgruppe ihr Leid klagte und ein Foto dazu postete, entspann sich daraus eine zum Teil hitzige Diskussion. Während die einen auf die exakte Einhaltung der Regeln pochten, sprachen die anderen von längst überholten Gesetzen und rieten ihr, sich taub zu stellen und den Pool einfach stehen zu lassen.

"Ich will aber hier keinen Ärger fabrizieren", betont Carolin. "Ich will nur um Verständnis werben und vielleicht eine Debatte anregen." Eine vorübergehend geltende Pool-Freizügigkeit würde schließlich nicht nur ihr nutzen, sondern auch vielen anderen Kleingärtnern, die in diesem Jahr womöglich ihre Urlaubsreisen an den Strand absagen mussten.

Vor allem fragt sich Carolin, warum sie in anderen Dresdner Kleingartenparzellen immer wieder riesige Pools sieht, die offenbar nicht beanstandet werden. Tatsächlich interpretieren die Vorstände der insgesamt fast 370 Kleingartenvereine in Dresden die Vorgaben aus den Gesetzen unterschiedlich streng. 

Das liegt womöglich auch daran, dass es verschiedene Gesetze mit verschiedenen Kriterien gibt. Während im Bundeskleingartengesetz kein Wort über Plaschbecken zu lesen ist, wird die sächsische Rahmenkleingartenordnung bei diesem Thema ziemlich konkret.

So heißt es im Punkt 3.7: "Transportable Badebecken (Kinderplanschbecken) mit einem Fassungsvermögen von maximal drei Kubikmetern und einer maximalen Füllhöhe von 50 Zentimetern können vom Vorstand des jeweiligen Kleingärtnervereins während der Gartensaison genehmigt werden. Die Oberkante des Badebeckens darf nicht höher als 60 Zentimeter sein."

Keine Frage, das Becken von Carolin erfüllt diese Anforderungen nicht. Hier passen bis zu sieben Kubikmeter hinein. Jedoch gibt es auch noch eine Dresdner Kleingartenordnung, die wiederum nur einen maximalen Durchmesser von 3,60 Meter angibt und sonst gar keine Werte nennt.

Demnach würde Carolins Pool doch noch gerade so durchgehen. Allerdings, so betont der Stadtverband "Dresdner Gartenfreunde", sei es jedem Verein freigestellt, eigenständig strengere Regeln durchzusetzen.

"Ein Kleingarten dient nun mal vorrangig der kleingärtnerischen Nutzung und erst danach der Erholung", sagt Frank Hoffmann, Chef des Stadtverbandes. Das gelte auch in Corona-Zeiten, weil dieser Grundsatz die Basis des Kleingartenwesens sei.

"Ob der Vorstand es bei der Aufforderung zum Rückbau belässt oder gar die fristgerechte Kündigung für die Parzelle ausspricht, liegt in seinem Ermessen", so Hoffmann. Seitens des Stadtverbandes werde jedoch die Einhaltung der Rahmenkleingartenordnung gefordert und auch kontrolliert. 

So einfach aber will sich Carolin nicht geschlagen geben. Vor einigen Tagen schickte sie daher einen Brief an Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und bat ihn persönlich um eine Sondergenehmigung für große Pools. 

"Bitte unterstützen Sie Familien gerade in dieser Zeit von Corona, auch in den Kleingärten eine Ausnahme für 2020 zu erhalten", schrieb sie. "Wir tun keinem weh oder schränken ihn ein, wir zahlen unser Wasser und unseren Strom selber, verzichten auf Chlor und nutzen die Pumpe der Umwelt zuliebe. Wir möchten nur unseren Kindern Alternativen in diesen Monaten des Ausnahmezustandes bieten."

Eine Antwort erhielt sie bislang nicht.

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