Torschüsse, Flanken, Pässe - Wie Dynamo Abstand hält

Dresden. Markus Kauczinski lacht. „Die Ideen gehen mir so schnell nicht aus“, sagt der Chefcoach von Dynamo Dresden. Seit dem Wiedereinstieg vor drei Wochen dürfen die Profis des Zweitligisten nur unter strengen Auflagen trainieren: Die Mannschaft ist aufgeteilt in zwei Teams, diese jeweils in vier Dreiergruppen, jede auf einem Viertel des Platzes. Mindestabstand zwei Meter. Der Bewegungsspielraum ist so zwangsläufig eingeschränkt. „Dementsprechend sucht man die Übungen aus“, meint der 50 Jahre alte Fußball-Lehrer.
„Ich begegne ein bisschen meiner Vergangenheit als Jugendtrainer bei Schalke 04 und in Karlsruhe, als es anfing mit den Talentzentren“, erzählt Kauczinski. „Ich hatte am Vormittag zehn, zwölf Jungs zum Training. Genauso später bei den Amateuren des KSC, weil einige Spieler vormittags arbeiten oder in der Uni waren. Ich habe viel Zeit meines Lebens damit verbracht, in Kleingruppen zu trainieren.“ Die wichtigste Variante ist ein Stationstraining, wie es jeder aus dem Sportunterricht kennt. „Die Mannschaft zirkuliert, die Spieler kommen sich nicht in die Quere.“
Weil der Kraftraum im Rudolf-Harbig-Stadion tabu ist, wird der mit Hanteln und Hürden quasi ins Freie verlagert. Auch fußballspezifisch sei einiges möglich, sagt Kauczinski. Beim Passen und Flanken könne man sich ebenso aus dem Weg gehen wie bei Torschüssen. „Es ist wichtig, das mit athletischen Aspekten zu verbinden, was Antritte, Sprintschnelligkeit und Ausdauer betrifft.“
„Es gibt sicher Dinge, die wehtun“

Das gehört alles auch im normalen Trainingsalltag dazu, aber derart intensiv vorwiegend in der Vorbereitung, die bei den meisten Spielern gerade deshalb weniger beliebt ist. „Wir versuchen, es gut zu verpacken, aber sicher gibt es Dinge, die wehtun.“ Ein Motivationsproblem sieht der Trainer derzeit dennoch nicht – und sagt auch, warum: „Wir hatten das Pech – oder nennen wir es Glück –, dass wir am 12. März abrupt aufhören mussten und die Jungs danach fast vier Wochen nur laufen konnten. Jeder weiß zu schätzen, dass es besser ist, mit Ball zu laufen als ohne.“
Trotzdem fehlt gerade das, was die Idee dieses Spiels ausmacht. „Was uns tatsächlich hindert, dass man nicht interagieren kann. Zweikämpfe sind nun mal das Elementare“, sagt Kauczinski. Zudem fehle der Wettkampf als Ziel. „Man weiß nicht, worauf man hin trainiert.“ Eine Entscheidung, ob die Saison im Mai fortgesetzt wird, könnte die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder in der Telefonkonferenz am Donnerstag treffen.
An diesem Wochenende stünde für Dynamo das Spiel in Kiel an, es ist bereits die siebente Partie, die wegen der Corona-Zwangspause nicht wie geplant ausgetragen werden kann. Zuerst war das Duell in Hannover am 15. März ausgefallen - das ist eine gefühlte Ewigkeit her. Deshalb werde jetzt der Fokus auf Sprints gelegt. „Wenn wir mal wieder spielen, kommen wir nicht mehr dazu, dann werden wir nur noch spielen“, meint der Coach und sieht seine Mannschaft „auf einem guten Stand“.
Viele kommen in Trainingssachen und duschen zu Hause

Trainiert wird weiter in zwei Schichten um 10 und 14 Uhr jeweils etwa eine Stunde und fünfzehn Minuten. Jedes Mal werden die Kabinen danach gereinigt und desinfiziert, je drei Spieler dürfen in eine. Es gibt einen Plan, wer sich wann und wo umzieht. Im Duschraum dürfen nur zwei zeitgleich sein. Viele kommen jetzt schon in Trainingssachen und duschen zu Hause.
Kauczinski ist mit seinem Trainerteam in den Vip-Bereich des Stadions gezogen. „Dort können wir zu fünft sitzen und unsere Planungen machen.“ Sein Zimmer wäre zu klein, um auf Distanz zu gehen – und das ist ausschließlich räumlich gemeint. Jeder bringe seine Ideen ein. „Von daher haben wir genug in petto“, kündigt der Chef weiter abwechslungsreiche Trainingseinheiten an.
Er habe jedenfalls trotz der erschwerten Bedingungen nach wie vor Freude an seinem Beruf. „Ich stehe gerne auf dem Platz. Es macht Spaß, sich Übungen auszudenken und mit den Spielern umzusetzen. Oder manches, was man früher mal gemacht hat, wieder raus zu kramen.“
Doch selbst ein positiv gestimmter Typ wie Kauczinski räumt ein, dass es „nicht bis in alle Ewigkeit so sein sollte“, denn: „Der Wettkampf an sich ist nun mal das, was den Kick bringt.“