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Kann ein Ehevertrag unmoralisch sein?

Für wen sich ein Ehevertrag lohnt und mit welchen Anwalts- und Notarkosten zu rechnen ist, erklären Juristen in unserem Telefonforum.

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Viele finden einen Ehevertrag unromantisch. Aber er sichert ab.
Viele finden einen Ehevertrag unromantisch. Aber er sichert ab. © Andrea Warnecke/dpa

Seit 19 Jahren sind Herr und Frau W. verheiratet. Das Paar hat vor der Hochzeit einen Ehevertrag geschlossen. Doch im Lauf der Jahre hat sich einiges geändert: Sie arbeitet nicht mehr voll, um Zeit für die Pflege des von ihm finanzierten Hauses zu haben und ihm in seiner Firma zur Hand zu gehen, unentgeltlich. Dadurch verdient sie kaum noch etwas. Zwar wollte Frau W. den Ehevertrag anpassen. Doch Herr W. lehnte ab – und begann auch noch ein Verhältnis mit einer Anderen. Frau W. findet das unmoralisch und will den Vertrag anfechten. Doch geht denn das? Eine der Fragen, die die Familienanwälte Katrin Niederl und Andreas Suchy sowie Notar Joachim Püls im Telefonforum von Sächsische.de beantworteten.

Wann ist ein Ehevertrag unmoralisch?

Um das einschätzen zu können, muss man den Ehevertrag genau kennen. Es gibt dazu eine breite Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Generell sind durch die Ehe der Ehegattenunterhaltsanspruch und im weitesten Sinn auch der Versorgungsausgleich geregelt. Diese können durch den Ehevertrag ausgeschlossen werden, genauso wie Zugewinnausgleichsansprüche. 

Das wird aber dann problematisch, wenn einer der Partner extreme Nachteile auf sich genommen hat – zum Beispiel durch die Geburt eines gemeinsamen Kindes –, ohne ausreichende eigene Rentenansprüche erworben zu haben. 

Oder der Partner hat im Vertrag auf den Trennungsunterhalt verzichtet, nun aber gemeinsame Kinder zu betreuen. In solchen Fällen ist der Ehevertrag unmoralisch und wäre in seiner Gänze oder in Teilen nichtig. Ob auch der Ehevertrag der Eheleute W. sittenwidrig ist, sollte ein Anwalt prüfen.

Wir leben getrennt und wollen wechselseitig auf Unterhalt und Rentenanwartschaften verzichten. Ich habe gelesen, dass bei einer Scheidung die Rentenpunkte automatisch ausgeglichen werden. Wie können wir das verhindern?

Bei der Frage geht es um die Regelung des sogenannten Versorgungsausgleichs. Hier lässt der Gesetzgeber in bestimmten Grenzen Vereinbarungen in einem Ehevertrag oder einer Scheidungsfolgenvereinbarung vor einem Notar zu. Ein nachehelicher Unterhaltsverzicht ist sicher weitgehend unproblematisch, sofern nicht einer der Eheleute sozialhilfebedürftig wird oder kleinere Kinder zu betreuen sind. Auch bezüglich der Rentenanwartschaften ist ein Verzicht grundsätzlich möglich. 

Zuvor ist jedoch dringend zu empfehlen, sich bei Ihrem Rentenversicherungsträger die derzeitig erworbenen und mutmaßlich noch entstehenden Rentenanwartschaften berechnen zu lassen, um damit auszuschließen, dass im Nachgang einer der Eheleute unangemessen benachteiligt wird und im Rentenfall Sozialleistungen in Anspruch nehmen muss. Das wäre ein Vertrag zulasten Dritter und deswegen nicht zulässig.

Wir (66 und 62) wollen heiraten. Meine Partnerin hat ein Haus, ich habe Vermögen. Wir beide haben in etwa die gleiche Rente. Wir wollen uns gegenseitig absichern, aber unseren Kindern durch die Ehe nichts vorenthalten. Meine Partnerin soll einen Teil meines Vermögens erben, ich möchte lebenslanges Wohnrecht. Wie regeln wir das?

Die von Ihnen geschilderte Konstellation berührt sowohl erbrechtliche als auch familienrechtliche Ansprüche. Allein die Eintragung eines Wohnungsrechts im Grundbuch zu Lebzeiten würde Ihrem Anliegen nicht gerecht. Empfehlenswert wären ein Erbvertrag, der die Aufteilung des Vermögens auf Kinder und überlebenden Ehegatten und die Einräumung des Wohnungsrechts regelt, gegebenenfalls flankiert durch einen Ehevertrag.

Wenn man keine Scheidung wünscht, aber eine vollständige finanzielle Trennung, sollte man dann zum Notar oder zum Rechtsanwalt gehen?

Ein Rechtsanwalt vertritt einseitig die Interessen seines Mandanten. Der Notar ist nach dem Willen des Gesetzgebers ein unparteiischer Berater. Wenn Sie sich einig sind, können Sie direkt zum Notar gehen. Um formal und rechtswirksam zu sein, bedarf es aber eines notariellen Vertrages mit der Folge, dass Gütertrennung vereinbart wird. 

Dabei sollte gleichzeitig auch geregelt werden, ob mit der Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft etwaige Zugewinnausgleichsansprüche ausbezahlt werden müssen.

Am Lesertelefon waren Andreas Suchy, Katrin Niederl und Dr. Joachim Püls. 
Am Lesertelefon waren Andreas Suchy, Katrin Niederl und Dr. Joachim Püls.  ©  Christian Juppe

Wir leben getrennt und wollen mit einem Ehevertrag unseren gemeinsam erworbenen Besitz aufteilen (Eigentumswohnung, Verkehrswert 350.000 Euro und 20.000 Euro Vermögen). Mit welchen Kosten müssten wir rechnen?

In Ihrem Fall heißt der Ehevertrag Scheidungsfolgenvereinbarung, aber die Kosten bleiben aufgrund des Vermögens die Gleichen. Wenn wir Ihre Frage so verstehen, dass das bereits schuldenfreie Haus beiden Eheleuten gehört und auf einen der Partner übergehen soll, dann würden etwa 1.700 Euro Notarkosten auf Sie zukommen, zusätzlich Grundbuchkosten. 

Im Fall einer gütlichen Einigung ohne Scheidung ist die Hinzuziehung eines Anwalts nicht erforderlich, aber möglich. Soll ein Anwalt den Notarvertrag vorbereiten und die notarielle Beurkundung begleiten, wären Kosten von ungefähr 4.200 Euro einzuplanen. Sobald im Ehevertrag Punkte geregelt werden sollen, die über Haus und Vermögen hinaus gehen, etwa der Zugewinnausgleich, würden die Kosten steigen.

Soll das Haus verkauft werden, wären es ungefähr 2.100 Euro, die für den Kaufvertrag beim Notar zu leisten wären. Sie müssen sich noch über das restliche gemeinsame Vermögen in einer notariellen Urkunde auseinandersetzen, was bei 20.000 Euro aufzuteilendem Vermögen mit ca. 300 Euro zu veranschlagen wäre. Wollen Sie sich anwaltlich beraten lassen, sollten Sie eine Honorarvereinbarung treffen. Die Honorarsätze sind sehr unterschiedlich. Üblich ist ein Stundensatz von 150 bis 200 Euro.

Seit acht Jahren wohne ich im Eigenheim meiner Freundin, beteilige mich an den laufenden Kosten und arbeite viel an ihrem Haus und Grundstück. 15.000 Euro habe ich darin investiert, aber ich habe keine rechtliche Sicherheit. Was raten Sie?

In der Tat besteht Handlungsbedarf, um auch für einen eventuellen Fall der Trennung klare Verhältnisse zu schaffen. Im Fall der beabsichtigten Heirat könnte im Ehevertrag eine ausgewogene Regelung getroffen werden, die Fragen eines Zugewinns während der Ehezeit und auch Fragen von Vermögensverschiebungen von Ihnen an Ihre Frau regelt. Sollten Sie nicht heiraten, empfiehlt sich in jedem Fall ein notarieller Partnerschaftsvertrag.