SZ + Döbeln
Merken

Ein neues Museum für Leisnig

Gezeigt wird der Nachlass des Künstlers Heinz-Detlef Moosdorf. Einen Teil davon rettete einst Kurt Biedenkopf.

Von Heike Heisig
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Bei der Sonderausstellung in Dresden ist auch Heinz-Detlef Moosdorfs großformatiges Gemälde „Utopia“ zu sehen gewesen.
Bei der Sonderausstellung in Dresden ist auch Heinz-Detlef Moosdorfs großformatiges Gemälde „Utopia“ zu sehen gewesen. © Mirko Joerg Kellner

Dresden/Leisnig. Die Besucher der Dresdener Kunst-Messe „Neue Art“ haben schon einmal einen kleinen Vorgeschmack darauf bekommen, was Freunde von Malerei und Grafik künftig in Leisnig zu sehen bekommen.

Ausgestellt waren einige Malereien und Grafiken von Heinz-Detlef Moosdorf. Von Porträts über Szenen aus dem Stahlwerkeralltag in der DDR bis hin zu erotischen Motiven war alles dabei, was Moosdorf in seinem langen Künstlerleben verewigt hat.

Einen ähnlich kleinen Einblick sollen die Leisniger vom 5. bis 7. Juni in den Kellern des einstigen Hotels „Belvedere“ an der Poststraße bekommen. Die mehrere hunderte Quadratmeter großen Räume hat der Fotograf und Galerist Mirko Joerg Kellner von der Kommune gepachtet. Seine Tochter indes kaufte das Haus Muldenstraße 1. Das soll von einem Verein zu einem Moosdorf-Museum umgestaltet werden.

Um den Einheimischen den 2014 verstorbenen Maler und Grafiker vorzustellen und ihnen noch einmal einen Blick in das verbliebene „Belvedere“ zu ermöglichen, wird es im dort im Juni eine Atelierschau geben. „Danach wollen wir mit den ersten Umbauten starten“, kündigt Kellner an. Ihm schwebt vor, die Räume außer für Fotoshootings auch öffentlich für Kunst und Kultur zu nutzen. Dafür müssen aber mindestens Sanitäranlagen eingebaut werden.

Parallel dazu ist geplant, das Haus Muldenstraße so herzurichten, dass es von einem Verein als Moosdorf-Museum betrieben werden kann. Zu den Arbeiten ist Kellner über die Witwe des Künstlers gekommen. Sie habe ihm seine Werke für die geplante Präsentation zur Verfügung gestellt. Mirko Joerg Kellner kennt einen großen Teil davon, bestimmt aber nicht alle.


Promi-Fotograf Mirko Joerg Kellner (links), die Moosdorf-Witwe Ingrid und Jochen Reinicke, der Bürgermeister von Gröditz, vor einigen Arbeiten, die nach Leisnig kommen.
Promi-Fotograf Mirko Joerg Kellner (links), die Moosdorf-Witwe Ingrid und Jochen Reinicke, der Bürgermeister von Gröditz, vor einigen Arbeiten, die nach Leisnig kommen. © Mirko Joerg Kellner
Blanche Cantal Kellner hat 2019 das Haus Muldenstraße 1 in Leisnig gekauft. Dort soll das Moosdorf-Museum eingerichtet und Mitte 2021 eröffnet werden.
Blanche Cantal Kellner hat 2019 das Haus Muldenstraße 1 in Leisnig gekauft. Dort soll das Moosdorf-Museum eingerichtet und Mitte 2021 eröffnet werden. © Dietmar Thomas
In der Messe Dresden konnten Kunstinteressierte am vergangenen Wochenende einen kleinen Einblick in das Schaffen von Heinz-Detlef Moosdorf gewinnen.
In der Messe Dresden konnten Kunstinteressierte am vergangenen Wochenende einen kleinen Einblick in das Schaffen von Heinz-Detlef Moosdorf gewinnen. © Mirko Joerg Kellner
Auch wenn Heinz-Detlef Moosdorf für seine Malereien und Grafiken bekannt war, hat er ebenfalls Skulpturen angefertigt. Er hat hunderte Werke hinterlassen.
Auch wenn Heinz-Detlef Moosdorf für seine Malereien und Grafiken bekannt war, hat er ebenfalls Skulpturen angefertigt. Er hat hunderte Werke hinterlassen. © Mirko Joerg Kellner

Hunderte Malereien und Grafiken sind im Moment zum Beispiel im Rathaus und im Bauhof von Gröditz eingelagert. In Gröditz deshalb, weil Ingrid Moosdorf nach dem Tod ihres Mannes das Anwesen in Haida im Röderland aufgeben musste und nicht wusste wohin mit dem riesigen künstlerischen Nachlass. Einen Teil davon zu sichern und zu bewahren, sei für die Stadt Gröditz selbstverständlich gewesen, wie Katrin Müller, die Leiterin der Abteilung Sozialwesen, erklärt. Moosdorf habe als Mensch und Künstler zu Gröditz gehört. Noch heute seien die Kommune und die Einwohner mit der Familie verbunden.

Den Nachlass zu zeigen, könne Gröditz nicht leisten, gibt Katrin Müller zu. „Wir haben nicht einmal ein eigenes Museum. Deshalb sind wir glücklich, dass die Arbeiten Moosdorfs künftig in Leisnig für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollen.“

An der Muldenstraße werden aber noch mehr als die bekannten Werke zu sehen sein. Mirko Joerg Kellner spricht von bisher unveröffentlichten Akten, Aquarellen, Karikaturen, Briefen, Gedichten und Notizen – alles zusammen soll ein Bild von Moosdorf als wichtigen deutschen Maler und Grafiker aufzeigen. Der Galerist hat Moosdorf gekannt und gemocht. Er beschreibt ihn als vielseitigen Künstler, seine Arbeiten seien von hoher Qualität.

Weshalb er ihn gerade in Leisnig würdigen möchte, bringt der Kellner schnell auf den Punkt: „Moosdorf hat seinen letzten Urlaub hier verbracht und dabei geschwärmt: Die Mulde sei sein Fluss.“

Der Künstler war 1939 in Wurzen an der Mulde geboren worden. Nach seinem Studium an der Hochschule für Bildende Künste Dresden arbeitete er freischaffend. Meisterschülerschaften lehnte er mehrfach ab. 1969 erhielt er einen Werkvertrag vom Stahlwerk Gröditz. Sein Atelier dort musste er 1977 räumen. Der mehrfach prämierte Künstler war beim SED-Regime in Ungnade gefallen, weil er sich nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns mit einem Brief an den Staatsrat der DDR gewandt hatte. Mit einem mehrjährigen Arbeits- und Ausstellungsverbot bestraft, lebte Moosdorf danach zurückgezogen.

Ein Teil seiner Werke konnte auch durch den Einsatz des späteren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf gerettet werden. Als Aufsichtsrat des Gröditzer Stahlwerkes veranlasste er die Rettung von Moosdorf-Arbeiten aus einem baufälligen Haus in Diesbar-Seußlitz, das Moosdorf als Landhaus genutzt hatte.