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Eklat im Pflegeheim

Der Geschäftsführer hat überraschend den langjährigen Leiter eines Heims bei Zittau beurlaubt. Geht es um die Arbeitskräfte aus Albanien?

Von Jana Ulbrich
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Das Senioren- und Pflegeheim in Niederoderwitz steht schon seit DDR-Zeiten. Doppelzimmer mit Waschbecken sind hier immer noch Standard.
Das Senioren- und Pflegeheim in Niederoderwitz steht schon seit DDR-Zeiten. Doppelzimmer mit Waschbecken sind hier immer noch Standard. © Foto: Matthias Weber

Zwei junge, dunkelhaarige Männer in hauseigener Arbeitskleidung stehen am Fenster und lächeln freundlich. Sie scheinen gerade nichts zu tun zu haben. "Das sind unsere ausländischen Mitarbeiter", sagt Heinz Schumann. "Gute Leute." 

Für einen Vor-Ort-Termin ist Schumann nach Niederoderwitz gekommen. Die beiden Pflegeheime hier, das alte Seniorenheim, das er 1996 gekauft hat, und das neue Haus "Panoramablick", das er selbst entworfen und gebaut hat, gehören sozusagen ihm. 

Der Unternehmer aus den alten Bundesländern ist Investor und Geschäftsführer der "Alten- und Pflegeheim in Zerbst"-Gesellschaft, einem privaten Firmen-Konstrukt, das bundesweit mehrere Heime betreibt, darunter neben den beiden in Niederoderwitz auch das Haus "Sonne" in Zittau. Schumann scheint gut daran zu verdienen. "Ich beschwere mich nicht", sagt er lächelnd  auf die Frage, wie die Geschäfte mit der Pflege denn laufen.

Seine ausländischen Pflegekräfte kommen aus Albanien. In den Heimen in Zittau und Oderwitz beschäftigt er nach eigenen Angaben mittlerweile 20. Ein Herr Dhrami, selbst Albaner, ist der Mittelsmann. Nach Aussagen Schumanns befinden sich die albanischen Pflegekräfte derzeit im Anerkennungs-Verfahren. Sie hätten hervorragende Fachkenntnisse und Fähigkeiten. 

Der langjährige Leiter des alten Niederoderwitzer Heims, Bernd Zöllner, sieht das offenbar anders. Schon seit Längerem scheint es zwischen dem Heimleiter und dem Geschäftsführer zu brodeln - bis es vorige Woche zum Eklat gekommen ist: Heinz Schumann hat Bernd Zöllner und seine Frau, die ebenfalls in der Heimleitung arbeitet, stehenden Fußes beurlaubt. Sie hätten das Haus sofort verlassen müssen, heißt es.

Frau Zöllner hätte "Mobbing gegen die albanischen Mitarbeiter betrieben", Herr Zöllner hätte "gravierende organisatorische Mängel zu verantworten", begründet Schumann das Vorgehen. Das Ehepaar selbst will sich öffentlich nicht zu den Vorwürfen äußern und gegen die Beurlaubung arbeitsrechtlich vorgehen. "Fragen Sie die Heimaufsicht, die weiß Bescheid", sagt Bernd Zöllner nur.

Viele Missverständnisse

Die Heimaufsicht allerdings hält sich bedeckt: Nach einem Vor-Ort-Termin am Dienstag in Niederoderwitz, erklärt Pressesprecherin Monika Pittasch nur: Es habe bei der Prüfung "keine Anhaltspunkte gegeben, dass die Arbeitskräfte aus Albanien nicht qualifiziert und geeignet" seien. Eine Mitarbeiterin aus dem Heim sagt allerdings, die albanischen Kollegen würden nur bestimmte Arbeiten verrichten wollen und sich manchen zum Teil sogar verweigern.

Der Niederoderwitzer Hausarzt Gottfried Hanzl spricht von "großen Missverständlichkeiten". Seit dem Bestehen des Heims betreut er einen großen Teil der Bewohner. Die Probleme sind auch ihm nicht entgangen. Er nimmt die Albaner aber in Schutz: Sie seien aus seiner Sicht bisher nicht richtig eingesetzt worden, erklärt er. "Sie brauchen Anleitung und Deutsch-Schulungen." Er selbst habe sich jetzt bereit erklärt zu prüfen, inwieweit die albanischen Fachkräfte beispielsweise Spritzen oder Katheter legen können und es ihnen gegebenenfalls auch noch einmal zeigen. "Wir müssen ja auch dokumentieren, dass sie das können", sagt er.

Für Gottfried Hanzl ist das Heim auch ein Teil seines Lebenswerks. Und das, sagt er, muss ja irgendwie weitergehen. Der Hausarzt sieht die Probleme aber auch noch tiefer: Seit Jahren ist in das alte Heim nicht mehr viel investiert worden. Die meisten der 190 Bewohner sind hier immer noch wie zu DDR-Zeiten in kleinen Doppelzimmern untergebracht. Ein Waschbecken im Zimmer, Toiletten und Dusche jeweils nur eine für die mehr als 20 Bewohner auf einem langen Gang. Trotzdem sind die Zimmer alle belegt. Die Heimplätze werden dringend gebraucht. Und die in Niederoderwitz sind die preiswertesten in der ganzen Region.

Auch die Fluktuation der Fachkräfte macht Dr. Hanzl Sorgen. Er spricht von über 30 Mitarbeitern, die das Haus in den letzten fünf Jahren verlassen hätten. Geschäftsführer Heinz Schumann erklärt ausdrücklich, dass die albanischen Arbeitskräfte nicht der Grund für Spannungen im Haus seien. "Die Zusammenarbeit zwischen ihnen und den anderen Mitarbeitern im Heim ist sehr gut."

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