Was Corona mit Vätern und Kindern macht

Zweimal im Jahr fährt Enno Deege mit Vätern und ihren Kinder zum Klettern raus in die Königshainer Berge. Die gemeinsame Aktivität kann ihnen helfen, eine intensivere Vater-Kind-Beziehung zu erreichen. Anlässlich des Vatertages an diesem Donnerstag berichtet der 48-Jährige über seine Rolle als Vater und seine Erfahrungen mit anderen Vätern und deren Kindern – auch und gerade in der Corona-Zeit.
Herr Deege, gehen Sie am Vatertag mit Vätern und Kindern klettern?
Nein, das machen wir immer um Ostern herum und dann noch einmal im Herbst. Dieses Jahr musste es im April wegen Corona ausfallen, aber ich hoffe, dass es zumindest im Herbst wie geplant stattfindet.
Corona hat dieses Jahr sehr vieles auf den Kopf gestellt. Waren Sie in Kurzarbeit und haben sich viel intensiver um Ihre Kinder gekümmert?
In Kurzarbeit war ich nicht, aber weil das Jugendhaus Ca-Tee-Drale geschlossen war, konnte ich zum Teil von zu Hause aus arbeiten, vor allem an den Büroaufgaben. Meine Frau war beruflich die ganze Zeit voll eingebunden, auch mit Nachtschichten. So habe ich mich bei der Kinderbetreuung tatsächlich mehr eingebracht als sonst. Die Großen gehen in die 6. und 8. Klasse, der Kleine ist sechs und noch in der Kita.
War diese Zeit eine Herausforderung?
Wenn man nicht darauf achtet, verschieben sich die Uhrzeiten immer mehr nach hinten, man geht später schlafen und steht später auf. Da mussten wir gegensteuern mit festen Zeiten für Hausaufgaben, Kochen, Essen und Arbeiten auf dem Grundstück. Ich denke, so unangenehm wie Corona war, haben wir das Beste draus gemacht. Die naturwissenschaftlichen Fächer konnte ich meinen Kindern gut erklären, weil ich da im Stoff drin bin. Bei den Sprachen hingegen ist meine Frau besser, diesen Teil hat sie dann übernommen.
Wissen Sie die Arbeit Ihrer Frau jetzt mehr zu schätzen als vorher?
Ja, ich glaube schon. Ich habe ja jetzt vieles mit den Kindern gemacht, was ich sonst nicht tue. Das fing bei Zahnarzt-Besuchen an und ging bis zum Kaufen von Bekleidung. Die Größeren sind in einem Alter, wo sie beim Kauf selbst mitbestimmen wollen. Solche Diskussionen zu führen, ist nicht meine Stärke.
Glauben Sie, dass manches, was sich verändert hat, auch nach Corona Bestand haben wird?
Vielleicht werde ich auch künftig am Nachmittag mal für zwei Stunden die Arbeit unterbrechen, um für meine Kinder da zu sein – und dann aber bis 18 Uhr weiterarbeiten. Mit meinem Kollegen funktioniert das ganz gut. Mal sehen, ob meine Kinder das auch gut finden werden ...
Haben Sie den Eindruck, dass viele Väter die Corona-Zeit ganz ähnlich wahrgenommen haben?
Ja, auf jeden Fall. Ich tausche mich mit Vätern in meinem Freundeskreis aus. Die arbeiten in ganz unterschiedlichen Berufen, vom Siemens-Ingenieur bis zum Berufsmusiker am Theater. Sie erleben das genauso, begeben sich viel intensiver in die Väter-Kinder-Beziehung rein, weil sie mehr zu Hause sind und es ihre Zeit jetzt zulässt. Wir tauschen uns aus, was gut funktioniert und was wir besser machen können. Aber ich weiß von keinem, bei dem sich die Situation extrem anders darstellt.
Auch nicht bei den Kindern, die Sie beruflich in der Ca-Tee-Drale betreuen?
Bei denen ist es oft so, dass wir männlichen Sozialarbeiter ein Stück weit Orientierungshilfe sind, weil der eigene Vater nicht da ist. Die suchen oft eine männliche Vertrauensperson, mit der sie offen reden können. Aber ich würde es nicht Vaterfigur nennen. Wir nehmen eine gewisse Rolle ein, weil ein Vertrauensvorschuss da ist.
Noch mal zurück zum Klettern: Haben Sie mit den dortigen Vätern in der Corona-Zeit auch Kontakt?
Ja. Das sind Leute, die oftmals sehr fest im Berufsleben stecken. Sie nutzen dieses eine Wochenende, um sich intensiver mit ihren Kindern zu beschäftigen und sich mit anderen Vätern auszutauschen. Je nach Schulform – staatliche oder freie Schule, Oberschule oder Gymnasium – werden sie jetzt gut angeleitet oder auch nicht. Da steht jeder woanders. Aber der Montag diese Woche hat bei allen ein leichtes Durchatmen erzeugt, weil die Schule wieder anläuft.