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Erntebrot erneut in Insolvenz

Zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren zieht die Großbäckerei die Reißleine. Aber der Betrieb läuft weiter.

Von Cathrin Reichelt
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Für die Großbäckerei Erntebrot ist am 10. Juli vor dem Amtsgericht Chemnitz ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. 2016 war das Unternehmen bereits in ähnlichen Schwierigkeiten.
Für die Großbäckerei Erntebrot ist am 10. Juli vor dem Amtsgericht Chemnitz ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. 2016 war das Unternehmen bereits in ähnlichen Schwierigkeiten. © Dietmar Thomas

Döbeln. Schon wieder ist die Bäckerei Erntebrot in Schwierigkeiten. Zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren hat das Döbelner Traditionsunternehmen beim Amtsgericht Chemnitz Insolvenz angemeldet.

Das hat den Plauener Rechtsanwalt Thomas Beck zum Insolvenzverwalter bestellt. Während einer Betriebsversammlung erklärte er den Mitarbeitern am Freitagmorgen die Situation.

Anfang 2016 hat das Unternehmen schon einmal die Reißleine gezogen. Damals sah die Geschäftsführung in der Insolvenz die Chance für ein gerichtliches Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung. Das Unternehmen erarbeitete zahlreiche finanz-, betriebs- und leistungswirtschaftliche Maßnahmen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden. Die Sanierung mithilfe eines Insolvenzplanes wurde im Januar 2017 von der Gläubigerversammlung einstimmig gebilligt.

„Leider konnten einige Regelungen dieses Insolvenzplans nicht vollständig erfüllt werden. Das lag vor allem daran, dass es trotz zahlreicher Gespräche nicht gelungen ist, eine der Umsatzgröße entsprechende Liquidität zu sichern“, erklärt Erntebrot-Geschäftsführer Alexander Großmann. 

Der Geschäftsbericht für den 7. März bis 31. Dezember 2017 weist eine Bilanzsumme von 2,477 Millionen Euro aus. Dem standen Verbindlichkeiten in Höhe von 2,05 Millionen Euro gegenüber. Der Gewinn betrug in diesem sogenannten Rumpfwirtschaftsjahr nach der Insolvenz knapp 223 000 Euro. 

Erschwerend seien die angespannte wirtschaftliche Lage der Bäckereibranche sowie konjunkturelle Schwankungen hinzugekommen. Ein erneuter Insolvenzantrag am 8. Juli sei unausweichlich gewesen.

Der Geschäftsbetrieb mit den insgesamt 182 Mitarbeitern werde aber ohne Einschränkungen fortgeführt. Neben diesen wurden auch die Geschäftspartner und Lieferanten informiert. „Besonders gefreut hat uns die außerordentlich positive Reaktion der Mitarbeiter. Alle haben signalisiert, dass sie voll und ganz hinter der Erntebrot GmbH stehen“, sagt Insolvenzverwalter Thomas Beck. 

„Wir arbeiten mit Hochdruck an einer dauerhaften Lösung zum Erhalt des traditionsreichen Bäckereiunternehmens.“ Positiv sei, dass es nach dem letzten Sanierungsverfahren gelungen sei, neue Großkunden zu gewinnen. Darauf wolle die Firma aufbauen.

Erntebrot deckt alle Leistungen der Backwarenindustrie ab, vom Zutateneinkauf über die Produktion bis zum Vertrieb in den eigenen Filialen. Die Bäckerei betreibt derzeit 36 Filialen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg. Vor der Insolvenz 2016 waren es 74 Verkaufsstellen.

Das mittelständische Unternehmen habe zahlreiche Großkunden in den Bereichen Discount, Lebensmitteleinzelhandel und soziale Einrichtungen. Außerdem beliefere die Bäckerei kleinere Kunden über das Catering oder im Direktvertrieb über die Internetseite. Erntebrot verfüge über einen etablierten, überschaubaren Kreis von Lieferanten. Mit den meisten bestünden langjährige Geschäftsbeziehung.

Wie in vielen Bäckereien sei die wirtschaftliche Lage seit vielen Jahren angespannt. Grund sei der starke Konkurrenzdruck innerhalb der Branche aufgrund der ständig steigenden Zahl an Backstationen in Discountern. Daraus resultiere ein harter Preiskampf.

Erntebrot habe sich stets um eine Sanierung bemüht. Aber 2015 verschärfte sich die Situation, vor allem durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. Ende Februar 2016 musste die Firma aufgrund akuter wirtschaftlicher Schwierigkeiten schließlich Insolvenz anmelden. 

Im Zuge des damaligen Verfahrens wurden umfassende Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet. Neben der Reduzierung des Filialbestandes sank damals auch die Zahl der Mitarbeiter von 340 auf 220.

Geschlossen wurden vor allem weit entfernte und dadurch unrentable Filialen in Berlin und Thüringen. Dadurch konnten die Touren der Lieferfahrzeuge optimiert und die Kosten für die Logistik gesenkt werden. Die meisten Mitarbeiter, die Erntebrot verlassen mussten, hätten eine neue Anstellung gefunden. Einige bei denjenigen, die die Geschäfte in Berlin und Brandenburg übernommen hatten.

Die Geschäftsführer Elke Lehmann und Alexander Großmann legten damals ein Konzept vor, das von den Gläubigern akzeptiert wurde. Nach einem reichlichen Jahr konnte das Insolvenzverfahren wieder abgeschlossen werden.

Das Unternehmen

Die Geschichte von Erntebrot reicht bis in die 1920er-Jahre zurück.

1990 gründete der Konsumgenossenschaftsverband Leipzig die „Erntebrotverwaltungs-GmbH“.

Die Umfirmierung in die jetzige Erntebrot GmbH erfolgte im Jahr 2000. Seit 1993 ist das Unternehmen in Familienhand.

Seit 2013 werden die Geschäfte von Alexander Großmann und von Elke Lehmann geführt.