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Flutschutz für Dresden bald fertig

Schon zehn Jahre lang arbeiten Wasserbauer an der Weißeritz. Jetzt sind sie fast am Ziel. 

Von Peter Hilbert
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Reinhard Scholz (l.) hat den Weißeritz-Ausbau fast geschafft. Möglich war das aber nur, weil Wasserbauer wie Stefan Hegewald ordentlich mitgezogen haben. Scholz verabschiedet sich jetzt in den Ruhestand. Der Flussbau wird unter seinem Nachfolger Christoph
Reinhard Scholz (l.) hat den Weißeritz-Ausbau fast geschafft. Möglich war das aber nur, weil Wasserbauer wie Stefan Hegewald ordentlich mitgezogen haben. Scholz verabschiedet sich jetzt in den Ruhestand. Der Flussbau wird unter seinem Nachfolger Christoph © Marion Doering

Die Weißeritz ist Dresdens gefährlichster Fluss. Das wurde vielen Dresdnern spätestens im August 2002 klar, als ihre Fluten binnen kurzer Zeit die Innenstadt überschwemmten und große Schäden anrichteten. Reinhard Scholz ist es mit seinem Team gelungen, in den vergangenen zehn Jahren das Flussbett der Weißeritz soweit auszubauen, dass es eine 500-jährliche Flut wie 2002 ableiten kann. Damals kamen 400 Kubikmeter Wasser je Sekunde die Weißeritz hinabgeschossen. Die letzten Arbeiten am Weißeritzknick sollen bis zum nächsten Jahr abgeschlossen werden, erklärt der 66-jährige Projektleiter der Landestalsperrenverwaltung (LTV).

Damit sind die Wasserbauer schneller als ursprünglich geplant. Scholz hatte noch über ein Jahr drangehängt, damit dieser Baustand erreicht wird. „Das Ende ist jetzt in Sichtweite“, sagt der Dresdner Wasserbauingenieur. Da könne er guten Gewissens in den Ruhestand gehen und die Projektleitung an seinen Nachfolger Christoph Rauch übergeben. Der 33-jährige LTV-Fachmann kümmert sich schon seit 2016 um den Ausbau der Roten und Vereinigten Weißeritz flussaufwärts von Dresden. Jetzt übernimmt er auch die Abschnitte in der Landeshauptstadt.

Seit 2017 wird der gefährliche, einst rechtwinklige Weißeritzknick zwischen den Brücken Kesselsdorfer und Löbtauer Straße entschärft. Dort verlässt der Fluss sein altes Bett in Richtung Cotta. Ende des 19. Jahrhunderts war er verlegt worden. Die Weißeritz schlägt jetzt nur noch eine leichte Kurve. Die rechte, etwa einen Meter höhere Ufermauer steht. Nur eine kleine Gewässerzufahrt ist noch offen. Derzeit arbeiten die Wasserbauer daran, die 90 Meter lange Mittelmauer fertigzustellen. Ende dieses Jahres soll die rechte Seite, in der die Weißeritz im Normalfall fließt, ausgebaut sein. Dann wird bis Mitte kommenden Jahres die linke Hälfte flutsicher gestaltet, in die die Weißeritz über die Mittelmauer nur bei höherem Wasserstand überläuft.

Bis Jahresende wird zudem noch das nahegelegene Stück zwischen der Brücke Oederaner Straße und dem Kino in der Fabrik flutsicher gestaltet. Somit ist der komplette Dresdner Weißeritz-Ausbau in einem Jahr abgeschlossen.

Eins steht für Projektleiter Scholz fest: Das war nur zu schaffen, weil die Wasserbauer mit Herzblut bei der Sache waren. Bestes Beispiel dafür sei Baumaschinist Stefan Hegewald, der seit dem Ausbaustart 2009 mit dabei ist. Der 33-jährige Familienvater aus dem Erzgebirgsdorf Cämmerswalde bei Seiffen hatte schon 2009 beim Ausbau der Weißeritzmündung mitgearbeitet. Meistens sitzt er auf dem großen Bagger. „Schon damals hat er sich zum Ausbauspezi entwickelt und schnell erkannt, wo er die großen Brocken, die im Wege waren, am besten in die neue Ufermauer einbauen kann“, lobt ihn Scholz.

„Die Arbeit auf der großen Technik macht mir Spaß“, sagt Hegewald. Er fährt jedoch nicht nur Bagger, sondern auch Raupen oder Radlader. Und wenn es sein muss, nimmt er auch die Schaufel in die Hand oder hilft beim Bau der Stahlbewehrung für die Ufermauer.

Das ist kein einfacher Job für den gelernten Maurer. Morgens eine Stunde Arbeitsweg nach Dresden, abends zurück zur Familie. Mitunter musste nachts gearbeitet werden. So beim Bau des neuen Friedrichstädter Pegelhauses, um das Emerich-Ambros-Ufer nicht tagsüber sperren zu müssen. Um Termine zu schaffen, ging es manchmal auch zwölf Stunden am Stück zur Sache. „Einmal bin ich sogar hiergeblieben und habe auf der Luftmatratze im Baucontainer übernachtet“, erinnert er sich.

Stefan Hegewald und seine Kollegen haben bei minus 20 Grad im Winter gearbeitet. „Da war alles zugefroren.“ Aber auch bei knapp 40 Grad in Hitzesommern wurde das Flussbett weiter ausgebaut. Und das, obwohl auch so manche Gefahr lauerte. So entdeckte der Baumaschinist unweit der Hamburger Straße drei alte Weltkriegsgranaten in der Weißeritz.

„Bei den Arbeiten unter Brücken war es mit dem Bagger immer besonder schwer, da es dort sehr eng ist“, berichtet er. Der Baggerarm muss lang ausgefahren werden, um nicht an die Brückenplatte zu stoßen. „Da musste ich immer hochgucken.“ Selbst nach Wochen habe ihm das Genick mitunter noch weh getan. „Da waren wir immer wieder froh, wenn wir raus waren“, sagt Hegewald. Schäden an den acht Weißeritzbrücken habe es jedoch nicht gegeben, versichert Projektleiter Scholz.

Klappen konnte das alles nur so gut, weil nicht nur der Baubetrieb, sondern auch die Stadt ordentlich mitgezogen hat, erklärt er. Rund 36 Millionen Euro werden für den Weißeritzausbau in Dresden investiert. Um den hohen Flutschutz für das Super-Hochwasser zu erreichen, habe die Stadt rund zwölf Millionen beigesteuert.