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Für Olympia zurück nach Deutschland

Leonie Kullmann studiert seit 2017 in den USA. Zuletzt schwamm die Dresdnerin jedoch hinterher. Um nicht wieder ein Ziel zu verpassen, hat sie ihren Plan geändert.

Von Daniel Klein
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In diesen Tagen ist Leonie Kullmann auf Heimatbesuch in Dresden bei ihren Eltern. Das Training fällt auch da nicht aus. Regelmäßig geht sie in die Halle am Freiberger Platz.
In diesen Tagen ist Leonie Kullmann auf Heimatbesuch in Dresden bei ihren Eltern. Das Training fällt auch da nicht aus. Regelmäßig geht sie in die Halle am Freiberger Platz. © Dirk Zschiedrich

Als der Deutsche Schwimmverband kürzlich das 29-köpfige Team für die Weltmeisterschaften Ende Juli im südkoreanischen Gwangju bekanntgab, fehlte in der Liste der Name Leonie Kullmann. Die Dresdnerin war bei den Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro aufgefallen, weil sie mit 16 Jahren die jüngste deutsche Schwimmerin war und die Zweitjüngste in der gesamten Olympiamannschaft. Mit der Freistilstaffel kam sie auf Platz zwölf.

Bis heute blieb das jedoch ihr größter Erfolg. Die WM 2017 und die EM 2018 verpasste sie – und nun auch den dritten Jahreshöhepunkt in Folge. „Das ist schon ärgerlich, ich versuche, das nicht zu nah an mich rankommen zu lassen“, erklärt sie. Im nächsten Sommer sind wieder Olympische Spiele. Die will die inzwischen 19-Jährige auf keinen Fall vor dem Fernseher verfolgen. Deshalb unterbricht sie ihr Studium in den USA und kehrt für zwölf Monate nach Berlin zurück, wo sie bereits bis zu ihrem Umzug nach Tuscaloosa im Bundesstaat Alabama im September 2017 trainiert hatte. In der Hauptstadt will sie sich in Form bringen, um die Qualifikation für Olympia 2020 in Tokio zu schaffen.

An der University of Alabama ist das nicht so einfach, wie sie nach knapp zwei Jahren feststellen musste. „Die Uni ist ganz schön stressig. Ich sitze nicht selten bis 22.30 Uhr am Schreibtisch“, erzählt die Studentin für Ingenieurwesen im Bereich Infrastrukturplanung, Architektur und Umwelt. „Fehltage lassen sich nur schwer wieder aufholen.“

Die fallen an, wenn sie zu Wettkämpfen reist. In den USA wird fast überall in Yard-Becken geschwommen. Um die geforderten Normzeiten zu unterbieten, muss sie jedoch in 50-Meter-Bahnen antreten. Da ist die Auswahl in Übersee nicht so üppig. Zudem muss der Weltverband Fina die Rennen als Qualifikationsmöglichkeit einstufen. Für die WM-Teilnahme setzte Kullmann deshalb alles auf eine Karte, startete Mitte April in Virginia und verpasste die Normzeit deutlich. „Es lief leider nicht so wie geplant“, fasst sie ihren Auftritt über 200 Meter Freistil zusammen.

Eine Erklärung für ein verpasstes Ziel zu finden, ist im Spitzensport immer schwierig. Sie hat zumindest einen Ansatz. „Von den neun Wassereinheiten pro Woche sind wir nur zwei- oder dreimal auf der Langbahn. Den Rest trainieren wir im 25-Yard-Becken.“ Das sind umgerechnet 22,86 Meter. „Es macht schon einen Unterschied aus, ob ich über 200 Meter siebenmal wende oder nur dreimal. Das sind zwei verschiedene Renntaktiken.“

Hinzu kommt, dass im Schwimmkomplex der Universität demnächst der 50-Yard-Pool umgebaut wird und damit gesperrt ist – keine idealen Voraussetzungen also für eine gezielte Olympiavorbereitung. Auch deshalb schaute sie sich nach Alternativen um. Mit Hannes Vitense, der seit Januar mit dem Magdeburger Bernd Berkhahn eine Bundestrainer-Doppelspitze bildet, tauscht sie sich einmal pro Woche aus. „Ich habe lange mit ihm telefoniert, weil es auch darum ging, ob ich zu ihm nach Neckarsulm gehe, wo mit Annika Bruhn die derzeit beste Freistil-Schwimmerin auf meiner Strecke trainiert. Aber er meinte, es wäre besser, wenn ich für das eine Jahr in mein gewohntes Umfeld zurückkehre.“

In Berlin wird sie Mitte Juli in ein Zimmer im Sportinternat ziehen, wo sie auch früher schon gewohnt hat. Außerdem hat sie sich bei den Paralympics-Schwimmern und bei ihrem Verein SG Neukölln für ein Freiwilliges Soziales Jahr beworben. Das soll reichen als Ablenkung. Sonst gilt die ganze Konzentration dem Ziel Olympia. „Ich freue mich schon sehr. Es wird ja kein kompletter Neustart für mich.“

Nach zwölf Monaten soll es wieder zurück in die USA gehen. Zwei Jahre bräuchte sie dann noch bis zu ihrem Bachelor-Abschluss. Das ist das große Ziel außerhalb des Beckens. Dort liegt sie im Plan – und ihr Notenschnitt bei 1,5.

So ganz ist aber auch diese Saison noch nicht vorbei. Bei den deutschen Meisterschaften Anfang August möchte sie sich für die Universiade in Neapel qualifizieren. Das ist zwar kein richtiger Ersatz für die verpasste WM, wäre aber ein kleiner Trost.