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Die Sorgen nach dem packenden Kampf

Die Dresdner Handballer holen gegen Essen überraschend einen Punkt. Es war aber sogar mehr drin - und das Ergebnis wird getrübt.

Von Alexander Hiller
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Nils Gugisch jubelt über einen Treffer, hadert am Ende aber auch mit dem einen Punkt.
Nils Gugisch jubelt über einen Treffer, hadert am Ende aber auch mit dem einen Punkt. © ronaldbonss.com

Dresden. Der HC Elbflorenz hat den Spitzenreiter der 2. Handball-Bundesliga gestürzt. Zumindest seinen Teil dazu beigetragen. Denn die Profis vom TuSEM Essen reisten als ungeschlagener Tabellenführer in Dresden an. Ihre Rückkehr treten die Athleten des Traditionsvereins ebenfalls ungeschlagen an – allerdings auf Platz zwei.

Denn in einem hoch emotionalen Duell knöpften die gastgebenden Dresdner am Sonntagabend vor 1 378 Zuschauern in der heimischen Ballsportarena den Gästen beim 33:33 (19:18) wenigstens einen Zähler ab. Möglicherweise hat sich der HC Elbflorenz den aufopferungsvoll erkämpften Punkt auch sehr teuer erkauft. Phillip Jungemann (19./Fußverletzung) und Michal Kasal (39./dick bandagiertes rechtes Knie) schieden während der Partie aus und konnten nicht mehr eingesetzt werden. Auch Jonas Thümmler beendete den fünften Spieltag angeschlagen.

Man musste sich nach der Partie jedoch keine Mühe dabei geben, zu unterscheiden, wer über den einen Punkt glücklicher war. Den Ausgleich fünf Sekunden vor Schluss feierten die Essener wie einen Sieg. „Vor dem Spiel hätten wir den Punkt unterschrieben“, sagt Linksaußen Julius Dierberg, der alle fünf Strafwürfe für die Dresdner verwandelte. „Nach dem Spielverlauf hätten wir uns auch zwei Punkte verdient gehabt“, betont der 27-Jährige. Denn seine Mannschaft strotzte gegen den bisher besten Angriff der Liga nur so vor Leidenschaft, Elan und Kampfesmut. Schon nach den ersten zwölf Spielminuten hatten die Hausherren vier Zwei-Minuten-Zeitstrafen kassiert. „Wir haben eine super Leistung gezeigt gegen ein Spitzenteam. Wir nehmen den Zähler als Big Point mit. Die sind schon abgezockt. Es ist ein gewonnener Punkt“, sagte Dierberg.

Das werden an diesem Abend nicht viele seiner Kollegen ähnlich bewertet haben. Denn die Dresdner lieferten zwar ein insgesamt gutes Spiel ab, brachten sich letztlich aber durch eigene Fehler um den vollständigen Lohn – zwei Punkte, statt den einen. 90 Sekunden vor dem Seitenwechsel lagen die Sachsen mit drei Toren vorn (19:16), gingen aber nur mit einem Treffer Vorsprung in die Kabine. Und auch in der sogenannten Crunch-Time, der Schlussphase, hatte der HC Elbflorenz beim 32:29 (57.) viele Vorteile in der eigenen Hand.

Dresdner mit Kampfesmut: Arseniy Buschmann (r.) setzt sich durch und kommt zum Wurf.
Dresdner mit Kampfesmut: Arseniy Buschmann (r.) setzt sich durch und kommt zum Wurf. © ronaldbonss.com

"Leider ein verschenkter Punkt"

Doch auch Vize-Kapitän Sebastian Greß, mit sieben Toren bester Werfer der Dresdner, verlor in den Schlussminuten ein wenig den Überblick, passte einen Ball, zwar hart bedrängt, genau in die Hände des Gegners. Der diese Einladung dankend annahm. „Zum Schluss haben wir falsche Entscheidungen getroffen. Ich denke, da war ich auch ganz vorn mit dabei“, erklärte der 25-Jährige im Anschluss selbstkritisch. „Die Chancen, die sie uns gegeben haben, konnten wir nicht ausreichend nutzen. Aber ich denke, es ist nicht selbstverständlich, gegen Essen einen Punkt zu holen, nach dem Spielverlauf ist es natürlich schade“, analysierte der HC-Regisseur.

„Es ist leider ein verschenkter Punkt“, konstatierte Linksaußen Nils Gugisch, mit sechs Toren einer der auffälligsten Akteure auf dem Parkett.

Auch Gäste-Trainer Jaron Siewert bestätigte den Dresdnern eine taktisch glänzende Vorstellung, bei der nur das i-Tüpfelchen fehlte. „Das war eine sehr, sehr starke Leistung von Dresden im Angriff. So druckvoll und mit Tiefenwirkung habe ich sie zuletzt nicht gesehen. Hinten raus haben wir Glück. Beim 29:32 war das Spiel fast gelaufen. Aber man muss uns zugestehen, dass wir die Bälle kurz vor Schluss gut genutzt haben“, erklärte der TuSEM-Trainer.

Sein Gegenüber wird sich vermutlich in den kommenden Tagen auch über den einen Punkt freuen. Wenn die medizinische Abteilung des HC Elbflorenz dieses Resultat mit entsprechenden Untersuchungsergebnissen abrundet. „Es ärgert mich, dass wir nur mit einem Punkt aus dem Spiel rausgehen“, sagte Rico Göde. „Aber wir müssen gucken, wie wir personell aus dem Spiel raus kommen“, erklärte der 37-Jährige. Fallen auch Jungemann und Kasal, eventuell noch Thümmler längerfristig aus, würde sich die Personallage beim Tabellen-13. dramatisch zuspitzen.

„Vielleicht haben wir heute zwei Leute verloren“, sagte Göde. Eine Diagnose gibt es in den drei betreffenden Fällen noch nicht. Die Spieler werden Anfang der Woche untersucht. Aber mit Nils Kretschmer (Innenmeniskusriss und Schulter-OP) und Marc Pechstein fallen bereits zwei Leistungsträger längerfristig aus, Kretschmer sogar bis Ende des Jahres. „Wir hoffen, dass wir die Beiden bereits am nächsten Wochenende wieder an Bord haben“, sagte Julius Dierberg zu den jetzt noch Verletzten.