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In Thiendorf wächst ein Riesen-Glashaus

In Sachsens größter Gärtnereisiedlung zieht der Pelargonien-Spezialist Elsner pac komplett um und gibt damit seinen Dresdner Traditionsstandort auf.

Von Manfred Müller
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Fast zwei Hektar unter Glas: Produktmanagerin Antonia Feindura im Rohbau des neuen Gewächshauses von Elsner pac Jungpflanzen.
Fast zwei Hektar unter Glas: Produktmanagerin Antonia Feindura im Rohbau des neuen Gewächshauses von Elsner pac Jungpflanzen. © Anne Hübschmann

Thiendorf. Mit Hygiene kennt man sich aus im Gartenbaubetrieb Elsner. An den Eingängen zu den Blumenhallen hängen Spender zum Hände desinfizieren, auf dem Boden liegen Matten, die die Keime am Schuhwerk abtöten. „Pflanzenviren sind zäh“, erklärt Produktmanagerin Antonia Feindura. „Sie breiten sich noch leichter aus als die beim Menschen und halten sich über Jahre oder gar Jahrzehnte.“ Nun ist noch eine Sicherheitsmaßnahme hinzugekommen: Wegen der Corona-Gefahr gilt im gesamten Betrieb ein Händeschüttel-Verbot.

Auf der anderen Straßenseite hingegen das Kontrastprogramm: Baumaschinen spritzen den Schlamm nur so durch die Gegend. Hier wächst ein fast zwei Hektar großer Glasbau in die Höhe und in die Breite. Elsner pac will seinen beengten Firmenstandort in Dresden-Tolkewitz aufgeben und bis zum Herbst komplett nach Thiendorf verlegen. „Das wird ein großer Schnitt“, sagt Antonia Feindura. Das Unternehmen habe voriges Jahr sein 130-jähriges Bestehen gefeiert und sei natürlich eng mit der Stadt verbunden. Aber das hat auch eine Kehrseite: Es gibt am Traditionsstandort keine Erweiterungsmöglichkeiten. Deshalb errichtete Elsner pac schon 2002 im Thiendorfer Gewerbegebiet einen modernen Hallenkomplex. Hier gab es jede Menge freie Flächen, und das noch mit ausgesprochen günstiger Verkehrsanbindung.

Die geschützte Bezeichnung „pac“ im Firmennamen des Gärtnereibetriebes steht seit den 1960er Jahren für Pelargonien, Anthurien und Chrysanthemen. Das Hauptsortiment bilden um die 160 verschiedene Pelargoniensorten, die in mehr als 50 Länder exportiert werden. Daneben produziert Elsner viele andere Balkon- und Beetpflanzen, aber auch Struktur-, Heil- und Aromapflanzen – insgesamt etwa 600 Sorten. Herzstück des Unternehmens ist das Gewebekulturlabor, in dem Pflanzen durch in vitro Vermehrung gewonnen werden. Mit Hilfe dieser Methode züchten die Fachleute quasi unter Hochsicherheitsbedingungen absolut gesunde und sortenechte Exemplare. Sie werden per Luftfracht zu Mutterpflanzenstandorten in Portugal, Israel und Kenia transportiert, wo sie unter günstigen klimatischen Bedingungen heranwachsen.

Moderne Gärtnerei hat generell nur noch wenig mit Buddeln in der Erde zu tun, dafür umso mehr mit ausgeklügelten technischen Systemen und Computerprogrammen. In Thiendorf werden die Jungpflanzen nahezu komplett auf Rolltischen herangezogen. Das Wasser kommt nicht mehr von oben, sondern flutet die Wurzeln; Sprühdüsen über dem Tisch sorgen für einen wohldosierten Pflanzenschutz. Auch Temperatur und Lüftung in den Gewächshäusern können am Rechner gesteuert werden. Darüber hinaus sind alle mit Energieschirmen ausgestattet, einige auch mit Assimilationslicht; die Elitemutterpflanzen werden mit Insektennetzen geschützt.

Das alles lässt sich in einem von Grund auf neu errichteten Gewächshauskomplex mit weniger Arbeitsaufwand und viel energieeffizienter umsetzen. Der Umzug von Züchtung, Labor, Verkaufsabteilung und Buchhaltung soll schrittweise erfolgen – zuletzt die Eliteproduktion, die in einem separaten Gebäude untergebracht ist. Insgesamt werden 46 Mitarbeiter aus Dresden nach Thiendorf wechseln. „Wir konnten nicht alle überzeugen mitzukommen“, sagt Antonia Feindura. „Manchen war die Anfahrt einfach zu lang.“ Deshalb sucht Elsner pac nach neuen Arbeitskräften aus der Region – sowohl für die Produktion als auch fürs Büro. Eigentlich will die Produktmanagerin jetzt noch die Blumen-Verpackungsmaschine zeigen, an der fast nichts mehr per Hand gemacht werden muss. Dann aber schaut sie auf die Schuhe, die beim Gang über die Baustelle ordentlich Lehmspritzer abbekommen haben. „Nein“, sagt sie. „Das lassen wir heute mal lieber.“

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