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Wieso ein Vater gegen das Innenministerium klagt

Ein Dresdner findet es ungerecht, dass seine Tochter derzeit nicht trainieren darf – und stellt einen Eilantrag beim Gericht.

Von Daniel Klein
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Ball und Schläger haben derzeit Pausse - zumindest für Spieler unterhalb der Nationalmannschaften.
Ball und Schläger haben derzeit Pausse - zumindest für Spieler unterhalb der Nationalmannschaften. © SZ

Dresden. Der ältere Bruder und der Vater müssen derzeit als Trainingspartner aushelfen – so gut es eben geht. Tischtennis ohne Gegenüber geht nun mal nicht. Also ist Nadja Koller* bei der Auswahl der Gegner auf die eigene Familie angewiesen und auf die Platte im eigenen Heim – alles andere, das Training in ihrem Dresdner Verein etwa, untersagen die Corona-Verordnungen. Und das seit Wochen.

Der private Ersatz ist jedoch kein gleichwertiger, das bekommt Vater Torsten* immer wieder zu hören. „Sie beschwert sich, dass ich zu schlecht sei, und ihr das so nichts bringt“, erzählt der 51-Jährige mit einer Mischung aus Schmunzeln und Resignation. Dabei ist Nadja erst zwölf. In ihrer Altersklasse zählt sie aber zu den Besten, sammelte Titel als Landes- und Mitteldeutsche Meisterin. Mit ihren Erfolgen qualifizierte sich die Dresdnerin für die deutschen Jugendmeisterschaften, die eigentlich Mitte März in der Nähe von Saarbrücken stattfinden sollten. Einen Ersatztermin gibt es noch nicht.

Dennoch möchte die ehrgeizige Schülerin des Sportgymnasiums bestens auf den Jahreshöhepunkt vorbereitet sein. Mit dem Bruder und dem Vater als Sparringspartner geht das nicht. Zwar erlaubt der Freistaat mit einer am 19. März erlassenen Sonderregelung seinen Spitzensportlern trotz des allgemeinen Verbotes das Training, doch der Kreis ist beschränkt auf „Bundeskaderathletinnen und -athleten bzw. Athletinnen und Athleten mit vergleichbaren Kadereinstufungen (z.B. bei Mannschaftssportarten aus den Bundesligen) aus dem Bereich der Sommersportarten“, wie es in der Verordnung heißt.

Nadja Koller ist Landeskader – das reicht nicht. „Ungerecht“, findet das der Inhaber einer Baufirma. Mit einem Eilantrag wollte er die „diskriminierende und damit rechtswidrige“ Regelung, wie er es in dem Schreiben an das Dresdner Verwaltungsgericht formulierte, ändern. Erfolg hatte er mit seiner Eingabe jedoch nicht. „Dass ich verlieren würde, war mir schon klar“, erklärt Koller. „Ich wollte aber mal auf die Benachteiligung aufmerksam machen, es geht ja nicht nur um meine Tochter.“ Ihm geht es um die Sache.

Ablehnung wegen formaler Fehler

Das Gericht begründete die Ablehnung vor allem mit formalen Fehlern. So hätte Nadjas Verein zunächst eine Ausnahmegenehmigung beim Sächsischen Innenministerium beantragen müssen. Erst wenn diese abgelehnt worden wäre, hätte man dagegen juristisch vorgehen können. Solch ein Antrag wurde aber nie gestellt. „Ich habe beim Ministerium angerufen. Dort sagte man mir, dass der keine Chance hätte. Es ginge wirklich nur um die ganz großen Ausnahmen wie die Olympiakader“, erinnert sich Koller an das Gespräch.

Abfinden kann er sich mit der Antwort jedoch nicht. „Natürlich können jetzt nicht alle Kinder ganz normal in ihren Vereinen trainieren, irgendwo muss man eine Grenze ziehen“, erklärt er. „Aber warum gilt die Sonderregelung nicht auch für die Landeskader oder für die Kinder und Jugendlichen an den Sportschulen?“, fragt er. „Dynamo ist Schlusslicht in der 2. Fußball-Bundesliga – die dürfen trainieren.“

Koller fürchtet, dass seine Tochter chancenlos ist, wenn die deutschen Meisterschaften doch noch nachgeholt werden. In anderen Bundesländern zählen die besten Spielerinnen in diesem Alter bereits zum Bundeskader, manche gehören der Jugend-Nationalmannschaft an, vermutet er. „Wenn sie trainieren dürfen, die Talente aus Sachsen aber nicht, ist das einfach ungerecht. Und vom Abschneiden bei diesem Wettkampf hängt ja auch ab, wie viel Förderung die Landesverbände bekommen.“ 

Koller kann noch andere Argumente aufzählen, etwa, dass beim Tischtennis der geforderte Mindestabstand allein durch die Breite der Platte eingehalten wird. Auf weitere juristische Schritte verzichtet er dennoch, er setzt vielmehr auf die Zeit. „Nach den Sommerferien geht die neue Saison los. Dann wird Nadja bei den Damen in der Sachsenliga spielen.“ Spätestens dann, hofft er, wird seine Tochter nicht mehr auf ihn als Spielpartner angewiesen sein.

*Namen geändert