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Kleine Sensation in Dresdens Barockviertel

Eine Ausgrabung an der Theresienstraße  bringt ungeahnte Festungsmauern zum Vorschein. 

Von Marvin Graewert
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Ausgrabungsleiterin Beata Happel präsentiert die Funde der Ausgrabung, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen.
Ausgrabungsleiterin Beata Happel präsentiert die Funde der Ausgrabung, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen. © Marion Doering

Eigentlich ist alles schon entdeckt und ausgehoben. Doch auf der Ausgrabungsstätte mitten im Barockviertel wird noch kräftig gegraben. Schippe um Schippe wird kontrolliert, ob nicht doch etwas übersehen wurde. Denn am vorletzten Grabungstag hoffen noch alle Archäologen auf den ganz großen Fund.

Dabei gab es bei der Ausgrabung des größten Stücks unterirdischer Festungsanlagen auf Neustädter Elbseite bereits eine kleine Sensation: „Vor der Ausgrabung sind wir davon ausgegangen, hier nur Teile der alten Dresdner Festungsanlage zu finden. Wir haben aber wirklich nicht damit gerechnet, dass wir hier auch Teile der neuen Festigungsanlage finden würden“, sagte Ausgrabungsleiterin Beata Happel stolz. Der Fund ist noch ganz frisch: Erst vor einer Woche wurde das Mauerwerk entdeckt, das die ganze Bastion um ein Drittel vergrößerte. Der Umbau fand Mitte des 18. Jahrhunderts statt und sollte die ganze Festungsanlage gewaltiger wirken lassen. Reisende sollten von dem gewaltigen Mauerwerk, mit einer Tiefe von bis zu fünf Metern, beeindruckt werden. Ein 40 Meter großer, zusammenhängender Teil davon wurde bei dieser Ausgrabung an der Theresienstraße freigelegt.

Bauwerke aus anderen Epochen sind hingegen nicht zum Vorschein gekommen. Womöglich wurde im 19. Jahrhundert, beim Bau von Häusern mit tiefen Kellern, keine Rücksicht auf mittelalterliche Bauwerke genommen. Beispielhaft dafür steht mitten auf der Ausgrabungsstätte der riesige Schornstein einer ehemaligen Klavierfabrik, der einfach auf die Ecke der Festung gebaut wurde und den Abschnitt dadurch beschädigte. Alle anderen Funde wie Keramikscherben, Kochgefäße und Steintrinkgefäße, die bis ins zwölfte Jahrhundert zurückreichen, stehen leider in überhaupt keinem Zusammenhang zu den Festungsanlagen. Die Scherben kamen nur deshalb zum Vorschein, weil im Rahmen der Entrüstung der Stadt, die Festungsanlage zugeschüttet worden war. Die historischen Scherben müssen sich in diesem Bauschutt befunden haben.

Die Keramikscherben, ausgehöhlte Koch- und Steintrinkgefäße, stehen in keinem Zusammenhang zur Ausgrabung. Wie sie hier gelandet sind, hat eine andere Erklärung. 
Die Keramikscherben, ausgehöhlte Koch- und Steintrinkgefäße, stehen in keinem Zusammenhang zur Ausgrabung. Wie sie hier gelandet sind, hat eine andere Erklärung.  © Marion Doering

In Dresden ist das Interesse an solchen Ausgrabungen riesig. Deshalb gehört es mittlerweile fast zur täglichen Arbeit der Ausgrabungsleiterin, interessierten Fußgängern am Bauzaun zu erklären, was hier so gefunden wurde. Wer sich davon selbst noch ein Bild machen will, der muss schnell sein, denn bereits in drei Wochen beginnen auf dem Areal die Bauarbeiten für fünf neue Einzelhäuser.

„Für uns ist es natürlich immer besser, wenn auf den Grundstücken nichts gefunden wird“, erklärt Ingenieur Bert Wilde, der die Projekte für die Dresdner CG Gruppe geplant hat. „Aber Ausgrabungen wie diese gehören für uns im Dresdener Innenstadtgebiet bereits zum Status quo.“ In diesem Fall würden die gefundenen Festungsanlagen den Bau der geplanten Wohnhäuser auch nicht beeinträchtigen – vor allem die unterirdische zweistöckige Tiefgarage kann wie geplant umgesetzt werden.

So sollen die Neubauten bereits Anfang des Jahres 2022 fertiggestellt sein. Mit der Sanierung des angrenzenden Altbaus wurde bereits begonnen – die 51 Wohnungen sollen schon im Frühling 2021 bezugsfertig sein. Verkauft sind zumindest schon mal alle Wohnungen und das zu einem stolzen Preis von 5 200 Euro pro Quadratmeter. Das Preisniveau sei nicht nur der guten Lage geschuldet, sondern auch der Tatsache, dass das Gebäude unter Denkmalschutz steht.