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"Mister Feuerwehr" sagt tschüss

Der Horkaer Peter Eichler war Kreisbrandmeister seit einer gefühlten Ewigkeit. Nun ist Schluss mit dem "Leben auf Abruf". Aber auch Zeit für Neues.

Von Frank-Uwe Michel
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Peter Eichler nimmt Abschied von seinem Berufsleben. Zertifikate, Urkunden und Auszeichnungen des früheren Kreisbrandmeisters füllen einen ganzen Hefter.
Peter Eichler nimmt Abschied von seinem Berufsleben. Zertifikate, Urkunden und Auszeichnungen des früheren Kreisbrandmeisters füllen einen ganzen Hefter. © André Schulze

Ob Waldbrand, Unfall oder das Tauziehen um bessere Ausrüstung - mehr als 40 Jahre war der Horkaer Peter Eichler eine prägende Figur im Brand- und Katastrophenschutz entlang der Neiße. Seinen Job als Kreisbrandmeister hat er nun an den Nagel gehängt - mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Über das einschneidendste Erlebnis seiner Laufbahn muss der 65-Jährige nicht lange nachdenken. "Das war 2013, als im Autobahn-Tunnel der Lkw brannte. Ein paar Stunden später rutschte noch ein Pkw unter einen Sattelschlepper. Derart schlimme Ereignisse habe ich in so kurzer Zeit sonst nicht mitgemacht." Dabei waren Katastrophen nichts Ungewöhnliches in Eichlers Berufsleben, für das er sich ganz bewusst entschieden hat. "Schon als Jugendlicher war ich in der Schule bei den Brandschutzhelfern. Die Technik, aber auch die Kameradschaft untereinander - das hat mich begeistert." 1970 trat er in seinem Heimatort in die Freiwillige Feuerwehr ein - und ist dort immer noch Mitglied, jetzt in der Alters- und Ehrenabteilung.

Ausgebildet an der noch heute für die Qualifizierung der Berufsfeuerwehren zuständigen Schule in Nardt bei Hoyerswerda absolvierte Eichler danach ein Studium zum Ingenieur für Brandschutz. Anschließend kümmerte er sich als Instrukteur um die Feuerwehren rund um Niesky. "Das war eine gute Zeit, damals habe ich unheimlich viele Leute kennengelernt. Immer aber sind die Horkaer mein fester Bezugspunkt geblieben. Es war wichtig, nicht die Verbindung zur Praxis zu verlieren."

Neue Strukturen und Technik nach der Wende

Mit der neuen Zeit endete auch Eichlers Anstellung als Brandschutzexperte bei der Volkspolizei. Doch sein Name war bei den Verantwortlichen in der Region schon eine bekannte Größe. So wurde Eichler im Dezember 1993 vom damaligen Nieskyer Landrat Hartmut Biele als Kreisbrandmeister eingesetzt. "Wir mussten uns um alles kümmern. Neue Strukturen aufbauen, neue Technik anschaffen, auch die Ausbildung der Feuerwehrleute änderte sich", erinnert sich Eichler.

Zugleich erkannte er gravierende Unterschiede: "Das Material aus DDR-Zeiten war natürlich total veraltet. Aber mit dem Personal hatten wir keine Probleme." Tagesbereitschaften - heute nur noch schwer zu besetzen - ergaben sich vor der Wende fast von selbst. "Die Leute waren meist in der Landwirtschaft oder in den Betrieben der Umgebung angestellt." Das sei mittlerweile anders. Deshalb gibt Eichler den Kommunen einen Rat: "Sie sollten in ihren Verwaltungen den Dienst bei der Feuerwehr wieder stärker verankern." Und so ganz automatisch für die bessere Besetzung der Einsatzfahrzeuge sorgen.

Peter Eichler bei einem Einsatz in den 1990er-Jahren. Ging es im Landkreis Görlitz um Feuer oder andere Katastrophen, war der Horkaer zur Stelle. Als anerkannter Experte sprach er zuweilen auch unangenehme Wahrheiten aus.
Peter Eichler bei einem Einsatz in den 1990er-Jahren. Ging es im Landkreis Görlitz um Feuer oder andere Katastrophen, war der Horkaer zur Stelle. Als anerkannter Experte sprach er zuweilen auch unangenehme Wahrheiten aus. © Repro/André Schulze

Kurz nach der Jahrtausendwende musste der Horkaer erleben, dass man sich mit fachlicher Expertise durchaus auch "die Zunge verbrennen" kann. "Ich hatte mich zum Sicherheitskonzept des Autobahntunnels geäußert und im Fernsehen entsprechende Forderungen aufgemacht." Seinen Posten als Kreisbrandmeister war er kurz darauf los, wurde stattdessen elf Jahre lang zum Feuerwehrverband des Kreises geschickt. Nachtragend ist Eichler allerdings nicht, "denn alle Punkte, die ich angesprochen habe, wurden im Laufe der Jahre umgesetzt." Dazu zählte die Videotechnik im Tunnel genauso wie der Bau neuer Gerätehäuser in Kodersdorf und Nieder Seifersdorf.

Im April 2011 begann Peter Eichlers zweite Periode als Kreisbrandmeister - zuständig nun für den gesamten Landkreis Görlitz. Für den Raum Niesky war er zugleich Inspekteur und Ansprechpartner für 42 Freiwillige Feuerwehren. Stolz macht ihn, was er nun seinen Nachfolgern hinterlässt. "Nachdem jetzt mit dem Bau des gemeinsamen Gebäudes für Särichen und Mückenhain begonnen wird, haben wir in Förstgen nur noch ein Gerätehaus, das neu errichtet werden muss. In Steinbach und Steinölsa reicht der momentane Zustand aus." Alle anderen Objekte seien entweder neu entstanden oder saniert. Auch der Fahrzeugbestand sei nahezu komplett erneuert worden.

E-Mobilität ist bei Bränden nicht beherrschbar

Kritisch sieht Peter Eichler manche der Zukunftsaufgaben der Feuerwehr. Vor allem die Elektromobilität macht ihm große Sorgen. "Diese Antriebsart ist für uns Feuerwehren momentan nicht beherrschbar." Wenn ein E-Auto in einer Kellergarage Feuer fange, dann sei das der absolute Super-Gau. Denn mit herkömmlichen Methoden lässt sich ein Akku-Brand nicht bekämpfen. Nur ein Löschcontainer hilft weiter. Doch darüber verfügen die Feuerwehren im Landkreis nicht.

Seit Anfang Juni genießt der 65-Jährige nun seinen Ruhestand. "Es ist Zeit zu gehen, wenn es am schönsten ist" hat er seinen Kollegen in einer Abschiedsmail geschrieben. Damit ist das jahrzehntelange "Leben auf Abruf" nun vorbei. "Die Feuerwehr war lange Zeit meine zweite Familie." Mit der richtigen, aber auch mit Haus und Garten habe er aber auch in Zukunft genug zu tun.

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