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Kreischa will die Schule der Zukunft bauen

Moderne Grundschule, unterirdische Sporthalle, neuer Fußballplatz - die Gemeinde hat große Pläne. Doch es gibt ein gewaltiges Problem.

Von Annett Heyse
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Ein Blick vom Innenhof auf den Grundschulneubau - so soll Kreischas Campus in Zukunft aussehen.
Ein Blick vom Innenhof auf den Grundschulneubau - so soll Kreischas Campus in Zukunft aussehen. © wittfoht architekten bda

Das beschauliche Kreischa ist bisher nicht durch gewagte Visionen aufgefallen. Die größte Neuerung war Anfang der Neunzigerjahre der Bau der Bavaria-Klink durch einen privaten Investor. Ansonsten geht es hier eher um das behutsame Bewahren und Erhalten der Infrastruktur - auch deshalb, weil die Gemeinde finanziell keine großen Sprünge machen kann. Doch nun gibt es Pläne für die Erweiterung der Schule - Pläne, die für Kreischa geradezu eine neue Dimension bedeuten. Was haben die Kreischaer vor? 

Die Ausgangslage: Zu wenig Platz im alten Schulhaus

Kreischa mit all seinen 14 Ortsteilen hat derzeit ein zentrales Schulgebäude. Der Betonplattenbau vom Typ Dresden wurde 1973 in Betrieb genommen. Doch das Haus reicht nicht mehr aus. 600 Grund- und Oberschüler lernen dort, Tendenz steigend. Die Grundschule ist inzwischen dreizügig, die Oberschule stabil zweizügig. Das war mal anders: Bis 2013 stand der Erhalt der Oberschule auf der Kippe, weil in manchen Jahrgängen mit Mühe und Not nur noch eine Klasse gebildet werden konnte - wenn überhaupt. Alles vorbei. "Wir stoßen schon mit Beginn des nächsten Schuljahres über die Grenzen hinaus und brauchen aufgrund des Raummangels eine Interimslösung", sagt Bürgermeister Frank Schöning (FBK). Im Laufe der nächsten Monate soll eine Containerlösung her. Perspektivisch muss aber der Standort insgesamt erweitert werden. Denn mit stark fallenden Geburtenzahlen oder dem Abwandern junger Familien rechnet in Kreischa keiner mehr - im Gegenteil. 

Der Wettbewerb: Stuttgarter Architekten siegen

Die Gemeinde ließ 2017 in einer Studie untersuchen, wo man eine neue Grundschule bauen könnte. Am Ende mangelte es an dafür passenden Grundstücksgrößen. Schnell war klar: Eine Erweiterung des derzeitigen Schulgeländes ist die beste Lösung. Doch wie sollte die Aussehen? Der Gemeinderat lobte einen Architektenwettbewerb aus, bei dem zwölf Entwürfe eingereicht wurden. Anfang Juni tagte die Jury und erklärte den Entwurf des Stuttgarter Büros Wittfoht Architekten zum Sieger. 

Das Konzept: In die Landschaft eingepasste Gebäude

Maßgabe für alle Wettbewerbsbeiträge war das Motto "Schule in der Landschaft". Man wollte in Kreischa unbedingt vermeiden, einen großen Klotz am Dorfrand zu bauen, der alles überragt. Die Stuttgarter Architekten schlagen deshalb folgendes vor: Anstelle der alten Turnhalle soll ein Grundschulneubau entstehen, der abgestuft in den Hang hineingebaut wird. Er soll zudem wie ein "L" angelegt werden, also zwei Flügel haben, die im rechten Winkel zueinander angeordnet sind. Die Grundschule wird drei Etagen haben sowie eine Mensa - auch für die Oberschüler nutzbar - mit eigener Küche. Durch die Abstufung des Gebäudes entstehen große Dachterrassen, die für den Schul- und Hortbereich als grüne Außen- und Spielflächen gestaltet werden sollen.

Vorn rechts befindet sich das alte Schulgebäude, welches erweitert wird. Rechts dahinter entsteht anstelle der alten Turnhalle der Grundschulneubau. Links davon, jenseits der Hermsdorfer Straße, kommen die Sportanlagen hin.
Vorn rechts befindet sich das alte Schulgebäude, welches erweitert wird. Rechts dahinter entsteht anstelle der alten Turnhalle der Grundschulneubau. Links davon, jenseits der Hermsdorfer Straße, kommen die Sportanlagen hin. © Egbert Kamprath

Das Gebäudeinnere: Freiräume auf den Fluren

Auch mit dem Raumkonzept wollen die Kreischaer neue Wege gehen. "Wir wollen keine langen Flure, von denen die Klassenzimmer rechts und links abgehen", sagt Schöning. Vielmehr soll eine Mischung entstehen. Das klassische Klassenzimmer wird es nach wie vor geben, aber daneben in den Fluren und auf den Dachflächen auch sogenannte Freizonen, um neue Lernformen anzubieten. So können Klassen oder Jahrgangsstufen beispielsweise geteilt oder neu gemischt werden, um in kleineren Gruppen separat unterrichtet zu werden - die einen im Klassenraum, die anderen in den flexiblen Zonen. Unter Fachleuten sind solche Strukturen als Clustersystem oder Münchner Lernhaussystem bekannt. Es geht den Kreischaern also nicht nur um ein zukunftsträchtiges und nachhaltig errichtetes Gebäude, sondern auch um einen modernen Unterricht mit neuen Methoden. Schöning: "Wir wollen eine Schule für die nächsten drei Generationen bauen und dafür ein Objekt schaffen, dass auch Unterrichtsformen zulässt, an die wir heute noch gar nicht denken."  

Die Oberschule: Altbau wird erweitert

In den vergangenen Jahren teilsaniert, wird nun auch die Oberschule erweitert. Dabei wird der Grundriss mit den derzeit drei Treppenhäusern aufgelöst, es gibt in Zukunft nur noch zwei Treppenhäuser, die den vorderen mit dem hinteren Gebäudeteil verbinden. Dadurch wird Platz geschaffen, den man nutzen möchte, um die Wände zum Innenhof zu versetzen. Damit schafft man neue Klassenzimmer. Auch die beiden verbliebenen äußeren Treppenhäuser werden erweitert. So entstehen breitere Flure, die wie in der Grundschule als Freizonen für Lerngruppen genutzt werden können.

Die alte Plattenbauschule ist seit 47 Jahren in Betrieb und viel zu klein geworden. Wenn der Grundschulneubau steht, wird auch sie völlig umgestaltet und erweitert.
Die alte Plattenbauschule ist seit 47 Jahren in Betrieb und viel zu klein geworden. Wenn der Grundschulneubau steht, wird auch sie völlig umgestaltet und erweitert. © Andreas Weihs

Die Sportanlagen: Unterirdische Turnhalle und zwei neue Plätze

Bevor der Bau der Grundschule beginnt, muss zunächst eine neue Sporthalle - auch für den Vereins- und Breitensport - errichtet werden. Sie soll jenseits der Hermsdorfer Straße auf einer Fläche entstehen, die derzeit als Acker genutzt wird. Weil auch sie in der Landschaft verschwinden soll, wird sie unter dem Erdbodenniveau gebaut. Auf das Dach kommt dann ein Kleinfeld. Um Schulgelände und Sportanlagen miteinander zu verbinden, soll ein unterirdischer Gang angelegt werden, der die Hermsdorfer Straße unterquert. Neben der Turnhalle entsteht noch ein Großspielfeld. Es soll perspektivisch den Sportplatz an der Lungkwitzer Straße ersetzen. 

Die alte Turnhalle kommt weg und an ihrer Stelle entsteht der Grundschulneubau. Zudem errichtet die Gemeinde an der Hermsdorfer Straße eine neue Sportstätte mit Halle und zwei Spielfeldern.
Die alte Turnhalle kommt weg und an ihrer Stelle entsteht der Grundschulneubau. Zudem errichtet die Gemeinde an der Hermsdorfer Straße eine neue Sportstätte mit Halle und zwei Spielfeldern. © Andreas Weihs

Die Finanzierung: Kreischa wird sich Geld borgen müssen 

So schön das Vorhaben im Modell aussieht, es gibt ein gewaltiges Problem: Das Projekt wird richtig teuer. Zwar gibt es noch keine seriöse Kostenschätzung, dafür sind die Pläne noch jung, aber der Bürgermeister geht von mindestens 20 Millionen Euro Kosten aus. Das kann Kreischa nicht aus den Rücklagen und den laufenden Haushaltsplänen stemmen. "Es wird jetzt unser Job sein, das Geld zu besorgen", sagt Schöning. Er will jeden Fördertopf anzapfen, den es gibt. Und Kreischa wird sich Geld bei den Banken leihen müssen.

Der Zeitplan: Projekt für ein Jahrzehnt 

Immerhin: Das Geld wird Kreischa nicht auf einmal brauchen. Es geht um ein Vorhaben, das inklusive Planung, Schaffung des Baurechts und denn dem Bau in Abschnitten sich locker zehn Jahre hinziehen wird. "Wenn wir 2030 mit allem fertig sind, sind wir schnell gewesen", sagt Schöning. Mit dem Architektenwettbewerb ist zunächst die Basis da. Als nächstes soll der Bebauungsplan erarbeitet werden, er könnte in gut einem Jahr fertig sein. Parallel wird das Stuttgarter Büro die Pläne konkretisieren und einen verbindlichen Entwurf daraus machen. Die Zeit drängt. Schöning: "In drei bis vier Jahren können wir unsere Schüler nicht mehr unterbringen."