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Lehrermobbing an Görlitzer Schule

Das Augustum-Annen-Gymnasium geht juristisch gegen Schüler vor, die bei Instagram gegen Lehrer gehetzt haben.

Von Daniela Pfeiffer
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Der eine Teil vom Augustum-Annen-Gymnasium: das Haus Anne am Görlitzer Marienplatz. Ein weiteres Schulgebäude befindet sich am Klosterplatz.
Der eine Teil vom Augustum-Annen-Gymnasium: das Haus Anne am Görlitzer Marienplatz. Ein weiteres Schulgebäude befindet sich am Klosterplatz. © Nikolai Schmidt

Harmloser Schülerstreich oder handfester Skandal? Im Augustum-Annen-Gymnasium ist vor einigen Tagen eine Instagram-Seite bekannt geworden, auf der Schüler des Gymnasiums gegen Lehrer hetzen, zum Teil mit sehr beleidigenden Äußerungen, ja sogar Beschuldigungen. Einer wurde als pädophil bezeichnet.

Nachdem der Schulleitung das zu Ohren gekommen war, wurden die älteren Jahrgänge Klasse für Klasse zusammengerufen. Laut Aussage mehrerer Eltern stellte Schulleiter Frank Gröll hier ein Ultimatum: Bis 8. November sollten sich die Schuldigen melden und bei den jeweiligen Lehrern entschuldigen. Nehmen diese die Entschuldigung an, bleibt die Sache möglicherweise ohne Konsequenzen, wenn nicht – oder wenn sich keiner dazu bekennt – wird Anzeige erstattet.

Am 4. November erstellte die Schule einen Elternbrief, indem darüber informiert wird, dass sich bundesweit in den Netzwerken eine neue Form des Mobbings gegen Lehrer verbreite, von dem auch Lehrkräfte des Augustum-Annen-Gymnasiums betroffen seien – in unterschiedlicher Intensität. Einigen Kollegen seien „haltlose, unsittliche und strafbare Handlungen“ unterstellt worden. Die Autoren hätten ihre Identität verschleiert.

Auch an anderen Schulen Vorfälle

Laut dem Schreiben haben die Schule und einige Betroffene tatsächlich Strafantrag gestellt. Schulleiter Gröll schreibt weiter: „Neben der rechtlichen Ebene steht für uns vor allem die pädagogische Aufarbeitung der Ereignisse im Vordergrund. So hätte das Versammeln der älteren Klassen auf der Aufklärung über die Konsequenzen verleumderischer Äußerungen im Internet gedient. Die Klassenstufen 5 bis 7 wurden darüber im Unterricht belehrt.

Der SZ gegenüber wollen sich weder Schulleiter Gröll, noch Lehrer oder Vertreter des Elternrates zu der Sache äußern. Alle verweisen auf das Landesamt für Schule und Bildung. Dessen Pressesprecher Jens Drummer bestätigt die Vorfälle. Mittlerweile habe die Schulleitung die Administratorrechte für die betreffende Instagram-Seite, auf die bislang etwa 200 Nutzer geschaut hätten. Und auch Drummer betont nochmals: „Das, was dort stand, entbehrt jeder Grundlage.“ Weiterhin bestätigt er, dass Äußerungen über Lehrer im Netz auch an anderen Schulen bekannt sind. Es gebe sogar mehrere solcher Seiten im Netz. Unter anderem ist es die Seite „Schülerbeichten Sachsen“, die öffentlich zugänglich ist und auf der Lehrer und Schulen namentlich genannt werden.

Digitale Medien werden thematisiert

Dass das böse enden kann und eben kein harmloser Schülerstreich ist, weiß der Görlitzer Staatsanwalt Sebastian Matthieu. Erwachsene, also auch über 18-jährige Schüler, können dafür mit Geld- oder Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr bestraft werden. Unter 14-Jährige seien strafunmündig. Für Jugendliche gelten andere Gesetze: Hier könnte es sogenannte Sanktionen geben, so Matthieu. Es müsse unterschieden werden, ob es jugendtypische Handlungen sind, ob man auf Reifedefizite schließen könne.

Das alles muss nun geklärt werden, und auch, ob über die IP-Adressen zurückverfolgt werden kann, wer die Übeltäter sind. Die Schule will sich indes noch mehr mit dem Thema digitale Medien und deren Gefahren befassen. „Die Ereignisse zeigen die Bedeutung des Themas Medienbildung“, schreibt der Schulleiter im Elternbrief. Man wolle die Anstrengungen auf diesem Gebiet zusammen mit außerschulischen Partnern intensivieren und bittet auch die Eltern, noch mehr auf die Aktivitäten ihrer Kinder im Internet zu achten.

Schulamtssprecher Jens Drummer sagt, dass sächsische Schulen über digitale Medien und die Gefahren fächerübergreifend aufklären. Vor allem in Gemeinschaftskunde und Informatik. „Die Schüler sollen zudem eine gute Diskussionskultur lernen: wie argumentiert man, wie ist das mit Rede und Gegenrede.“ Mit fortschreitender Digitalisierung sei vieles in den Lehrplänen überarbeitet worden. Doch Schule könne eben nicht alles abdecken, Eltern müssten sich mit den Kindern beschäftigen und sich auch fragen: Was leben sie in digitaler Hinsicht ihren Kindern vor?

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