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Macht das Hotel Saxonia wieder auf?

Mit einer Fotomontage werden im Internet Übernachtungen angeboten. Dahinter steckt mehr als ein Scherz.

Von Christoph Scharf
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Hier wohnt derzeit niemand, das ist dem Hotel Saxonia anzusehen. Gleichzeitig wird das Haus  aber schon beim Buchungsportal booking.com angeboten. Dort heißt es „Hotel Eulenspiegel“ – in das sich das Haus aber nur per Fotomontage verwandelt hat.
Hier wohnt derzeit niemand, das ist dem Hotel Saxonia anzusehen. Gleichzeitig wird das Haus aber schon beim Buchungsportal booking.com angeboten. Dort heißt es „Hotel Eulenspiegel“ – in das sich das Haus aber nur per Fotomontage verwandelt hat. © Andreas Weihs

Riesa. Hat Riesa unversehens ein neues Hotel bekommen? Wer auf Online-Portalen wie booking.com oder bedandbreakfast.eu schaut, bekommt den Eindruck: Da wirbt ein „Hotel Eulenspiegel“ für Übernachtungen in Riesa. Ein einfaches Einzelzimmer ohne Frühstück soll 49 Euro kosten, ein Doppelzimmer 59 Euro, ein Familienzimmer samt Ehebett und Doppelstockbett 69 Euro. Riesaer erkennen beim Blick auf das Foto auf den ersten Blick: Beim Gebäude handelt es sich um das frühere Hotel Saxonia am Bahnhof, auch wenn das Haus in den Internet-Annoncen den Titel „Hotel Eulenspiegel“ auf der Fassade trägt.

Ist das nun ein echtes Angebot – oder eine Eulenspiegelei? Beim Besuch vor Ort drängt sich der Verdacht auf, dass es sich beim neuen Angebot um einen Schelmenstreich handelt: Auf dem Hof wächst das Unkraut zwischen den Pflastersteinen schon mehr als knöchelhoch. Ein Blick durch die Fenster zeigt: Der Empfangstresen ist mit Bettdecken abgedeckt. Und auf der Fassade steht nach wie vor Saxonia – der Name „Eulenspiegel“ wurde auf den Online-Bildern offenbar per Fotomontage eingefügt. Dennoch handelt es sich hierbei um kein Fake-Angebot, versichert auf Nachfrage eine Münchener Agentur, die die Pressearbeit für booking.com übernimmt. Aber wer steckt dahinter?

Ein Anruf bei Paul Kugler bringt Aufklärung: Der Unternehmer aus Moers hatte das Saxonia 2005 gekauft und nach mehreren Pächterwechseln zuletzt ans Landratsamt als Asylunterkunft vermietet. Nach dem Auszug der Asylbewerber und dem Auslaufen des Mietvertrags hatte Kugler das Objekt für 600 000 Euro zum Verkauf anbieten lassen, unter anderem bei Ebay-Kleinanzeigen. Dort sind die Verkaufsinserate für das Saxonia mittlerweile verschwunden. „Ich habe einen Nutzer gefunden“, sagt Paul Kugler gut gelaunt. Der Mann betreibe bislang noch anderswo eine Pension, wo er aber nur eingemietet sei. Bis zur Eröffnung in Riesa dauere es jedoch noch etwas. „Derzeit ist der Zustand ja noch alles andere als akzeptabel, da muss erst noch investiert werden“, sagt Kugler, der selbst derzeit in Griechenland weilt.

Chef will selbst einziehen

Und tatsächlich fällt auf: In den nächsten Wochen lässt sich noch kein Zimmer über die Online-Plattformen im Hotel Saxonia/Eulenspiegel buchen. Erst, wenn man einen Reisezeitraum ab November angibt, werden freie Zimmer und Preise angezeigt. „Unser Ziel ist es, zum 1. November neu aufzumachen“, sagt der künftige Hotelchef, den die SZ in seiner derzeitigen Pension in Ostsachsen erreicht. Bis dahin sollen die Zimmer in Ordnung gebracht sein, die Teppichböden ausgewechselt, die Küche wieder nutzbar werden. Mit allen 42 Zimmern werde man aber nicht auf einen Schlag auf den Markt gehen: „Wir schauen, wie viel im Vorfeld gebucht wird, und richten für den Start entsprechend viele Zimmer vor.“ Dann könne man Stück für Stück wachsen. Ein paar der 2 000 Quadratmeter werde der künftige Hotelbetreiber aber für sich nutzen. „Wir wollen selbst einziehen.“

Und was ist mit der großen Hotelküche, die der Landkreis für die Nutzung als Asylheim demontiert und durch Reihen von gewöhnlichen Haushaltsherden für Asylbewerber ersetzt hatte? Einen Restaurantbetrieb wird es nicht geben, sagt der künftige Hotelbetreiber. Das Haus wirbt mit „kontinentalem Frühstück“, kostenlosen Parkplätzen, kostenlosem WLAN, der Möglichkeit, Haustiere mitzubringen. Man verstehe Tschechisch und Deutsch. Einchecken sei ab 12 Uhr möglich.

Und wie heißt das Hotel dann? Wirklich Eulenspiegel? „Ja, so wollen wir das Haus nennen“, sagt der künftige Hotelchef.