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Mehr Infektionen beim Sex

Geschlechtskrankheiten nehmen zu – auch in Sachsen. Woran man sie erkennt und wie man sie behandelt. Ein Überblick.

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Unverkrampft Spaß haben: Niemand denkt beim Sex gerne an Krankheiten.
Unverkrampft Spaß haben: Niemand denkt beim Sex gerne an Krankheiten. © Christophe Gateau/dpa

Von Claudia Bignion

Über Sex zu sprechen, fällt vielen schwer – und über sexuell übertragbare Krankheiten redet man schon gar nicht. Wer gibt schon gerne zu, dass er sich angesteckt hat? Doch das Schweigen kann böse enden, denn die Krankheitserreger sind nicht harmlos. Die wichtigste Regel lautet: Kondome schützen – in den meisten Fällen. Darüber hinaus sollten die wichtigsten Risiken und Anzeichen für sexuell übertragbare Krankheiten bekannt sein.

Chlamydien

Die weltweit häufigste sexuell übertragbare Infektion wird durch Chlamydien verursacht. Wenn die Bakterien im Genitalbereich genügend Zeit zur Vermehrung hatten, kommt es zu weißlichem Ausfluss aus den Geschlechtsorganen und zu äußerst schmerzhaftem Dauerjucken, oft kombiniert mit Schmerzen beim Urinieren. In Sachsen wurden im vergangenen Jahr 4.100 Fälle registriert, 200 mehr als 2018, berichtet die Landesuntersuchungsanstalt. Denn die Erkrankung ist meldepflichtig. In den ersten drei Wochen dieses Jahres waren es bereits 212 Fälle. „Bei jungen Frauen ist das Risiko für eine Chlamydien-Infektion besonders hoch“, sagt Viviane Bremer aus der Abteilung für Infektionsepidemiologie des Robert-Koch-Instituts (RKI). Unbehandelt könne die Infektion sogar zur Unfruchtbarkeit führen, wenn sich die Eileiter entzünden und verkleben.

Meistens wird eine Chlamydien-Infektion mit Antibiotika behandelt. Betroffene sollten zum Arzt gehen und Sexualkontakte vermeiden, bis die Symptome verschwunden sind. Wichtig ist jedoch: Der Partner, bei dem man sich möglicherweise angesteckt hat, sollte sich unbedingt mit behandeln lassen. Ansonsten droht der Ping-Pong-Effekt, also eine Rückinfektion beim ersten Sex nach der Behandlung.

Humane Papillomviren (HPV)

„Junge Frauen haben außerdem ein hohes Risiko, sich mit Humanen Papillomviren (HPV) zu infizieren“, sagt Viviane Bremer. Diese Warzenviren-Infektion ist die Hauptursache für Gebärmutterhalskrebs, heilt aber in den meisten Fällen von alleine aus. Nur in seltenen Fällen kann sich Krebs entwickeln – tückischerweise oft Jahre oder gar Jahrzehnte nach der Infektion. Deutlich senken lässt sich das Risiko durch die HPV-Impfung. Diese empfiehlt die Ständige Impfkommission inzwischen nicht mehr nur für Mädchen zwischen 9 und 14 Jahren, sondern auch für Jungen im gleichen Alter. In Deutschland gibt es keine Meldepflicht für HPV-Infektionen. Studien von 2010 und 2011 zeigen laut RKI, dass jedes Jahr etwa 6.250 Frauen und 1.600 Männer an HPV-bedingten Krebsleiden erkranken.

Herpes im Genitalbereich

Herpes-Viren werden meist beim Oralverkehr durch ein aufgeplatztes Lippenbläschen übertragen. Eine Heilung gibt es bisher nicht, auch wenn es erste ermutigende Teilerfolge in der Forschung gibt. Herpes-Viren sind nicht meldepflichtig. Wie weit diese Erkrankung verbreitet ist, weiß man nicht.

Syphillis und Tripper

Sie gehören zu den ältesten bekannten Geschlechtskrankheiten und werden durch Bakterien ausgelöst. In Sachsen gab es im vergangenen Jahr 811 Tripperfälle, fast 200 mehr als 2018. Syphillis kam 241-mal vor, ein Anstieg um 41 Fälle im Vergleich zum Vorjahr.

Syphilis, auch Lues genannt, ist besonders heimtückisch, weil die anfänglichen Genitalgeschwüre nach etwa vier Wochen abheilen, der Patient aber keineswegs gesund ist. Der durch Gonokokken ausgelöste Tripper (Gonorrhoe) zeigt sich beim Mann durch eine Entzündung der Harnröhre mit Juckreiz und eitrigem Ausfluss. Bei Frauen entzündet sich der Gebärmutterhals, was Unfruchtbarkeit zur Folge haben kann. Generell kommen bei solchen Infektionen Antibiotika zum Einsatz. Beide Erkrankungen sind meldepflichtig.

Aids

Auch bei der HIV-Infektion ist in naher Zukunft nicht an eine Heilung zu denken, Ziel ist vielmehr die weltweite Bekämpfung der Aids-Erkrankungen. „Die 90-90-90-Strategie besagt, dass bis zu diesem Jahr 90 Prozent aller Menschen mit HIV ihren Status kennen sollen, mindestens 90 Prozent davon Zugang zu Medikamenten haben sollen und mindestens 90 Prozent davon erfolgreich behandelt werden“, erklärt Prof. Jürgen Rockstroh, Leiter der Ambulanz für Infektiologie und Immunologie des Universitätsklinikums in Bonn. Laut Deutscher Aidshilfe lebten in Deutschland Ende 2018 rund 87.900 HIV-positive Menschen. 71.400 nahmen Medikamente dagegen. Ungefähr 2.400 Menschen infizierten sich im Jahr 2018 neu. Die Zahl der Neuinfektionen geht seit 2015 kontinuierlich zurück. „Erfolgreich behandelt“ heißt in diesem Fall aber nicht, komplett virusfrei zu sein, sondern eine möglichst geringe HIV-Last im Blut zu haben. 

Wichtig ist das vor allem für Risikopatienten: „Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), sind eine stark von HIV und anderen sexuell übertragenen Infektionen betroffene Bevölkerungsgruppe“, sagt Viviane Bremer. Vor allem für solche Patienten gibt es die HIV-Vorsorge PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe), die neuerdings zumindest teilweise Kassenleistung ist. „Seit dem 1. September 2019 übernehmen Krankenkassen die Kosten für vorbeugende Arzneimittel und die dazu gehörenden Untersuchungen“, sagt Armin Schafberger, Arzt und Medizinreferent der Deutschen Aidshilfe. „Diese Prophylaxe steht für Menschen zur Verfügung, die ein hohes Risiko haben, sich mit HIV zu infizieren.“ Im Zweifel nehmen die Betroffenen dann eine Tablette am Tag. (dpa/rnw)

Antworten auf Fragen rund um das Thema Sex und Krankheiten finden sich auf www.Liebesleben.de, einem Portal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.