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Preußenkönig besucht das Traumschloss

Zum zehnten Mal luden die Barockfreunde zum Winterball. Steffen Leu hat keinen verpasst. Diesmal gibt’s eine Überraschung.

Von Kathrin Krüger
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81 Teilnehmer aus ganz Deutschland waren Gäste beim Winterball auf Schloss Schönfeld. Die „Les amis de la dance baroque“ machten den Ball zu einem Erlebnis.
81 Teilnehmer aus ganz Deutschland waren Gäste beim Winterball auf Schloss Schönfeld. Die „Les amis de la dance baroque“ machten den Ball zu einem Erlebnis. © Anne Hübschmann

Schönfeld. Es ist das schönste Event im ganzen Jahr“, schwärmen die Hochwohlgeborenen und tanzen bis nach Mitternacht. Man hat sich aufwendig in Schale geworfen – sprich historisch im Stil des 18. Jahrhunderts gewandet. Das Wort Kostüm will hier keiner hören – man ist doch nicht beim Fasching! Im Schloss Schönfeld sind die Edlen aus ganz Deutschland auf Zeitreise, zurück in die Jahre des Barock mit ausladenden Kleidern und üppigen Perücken, mit Handtäschchen und Fächer. Sie haben alle einen Titel und oft auch ein verbürgtes Vorbild, das sie darstellen. „Auf so einem Ball bewegt man sich anders, man unterhält sich anders, ja, man ist irgendwie ein anderer Mensch“, bringt es ein Teilnehmer auf den Punkt.

Zum zehnten Mal veranstalten die Barockfreunde um das Meißner Ehepaar Ilona und Bernd Angermann von der Tanzgruppe „Les amis de la dance baroque“ einen Winterball. Auf Schloss Schönfeld ist es der Siebente. Zum Jubiläum haben sich die Angermanns, die heute als Organisatoren schlicht in Bedienstetenkleidung auftreten, einiges einfallen lassen. Sie haben den Alten Fritz wieder eingeladen. Der Preußenkönig hat alle zehn Winterbälle mitgemacht und ist mit Schönfelds Bürgermeister befreundet. „Das Schloss ist wunderschön, aber es muss noch einiges getan werden“, sagt Friedrich II. verständnisvoll und überreicht dem Schlossbesitzer feierlich eine Urkunde und ein Kuvert mit 400 Talern. Gemeint sind natürlich 400 Euro.

Bürgermeister Weigel mit dem Geschenk und Anja Scholz (l.) und Mandy Hirrich.
Bürgermeister Weigel mit dem Geschenk und Anja Scholz (l.) und Mandy Hirrich. © Anne Hübschmann

Die hat Steffen Leu, der Darsteller des Alten Fritz, aus eigener Tasche bezahlt. Der kleine 60-Jährige wohnt in Freie Scholle bei Trebbin und ist immer wieder amüsiert, dass Bürgermeister Weigel auf der hiesigen Straße Freie Scholle residiert. Leu arbeitet in der Logistikbranche und gibt den Preußenkönig seit zwei Jahren.

 „Ich habe schon vor über 20 Jahren mit der napoleonischen Zeit angefangen, meine Vorgänger waren tatsächlich alle beim Militär“, sagt der Geschichtsfan. Beim jährlichen Winterball trifft er Freunde und sogar die eigene Verwandtschaft: seine Schwester Petra mit Schwager Georg. Die kommen aus Franken, spielen aber den Markgraf von Brandenburg-Anspach und Friedericke Louise Prinzessin in Preußen.

Diese Maske gehört zu einer Kolumbine.
Diese Maske gehört zu einer Kolumbine. © Anne Hübschmann

Unter den 81 Teilnehmern, die 78 Euro für den hochherrschaftlichen Ball zahlten, ist auch eine Leipziger Familie: Vater, Mutter, Tochter, Onkel und Tante. Die Tochter heißt Maria Preußner und trägt das auffallende Outfit einer Kolumbine – der weibliche Harlekin. „So tanzt es sich leichter als Mann“, sagt die junge Frau mit der Maske. Es gibt Mangel an Herren! Tatsächlich ist ihr Unterbau eher schmal als so breit wie bei ihrer Mutter.

Die stellt sich als Sigrid von Preußen vor und hat als Rentnerin den ganzen Prunk selbst geschneidert. „Der Schönfelder Ball hat ein unheimliches Flair, er ist abwechslungsreich und mit viel Liebe gestaltet“, loben die Leipziger. Es gibt sogar eine eigene Ballzeitung und ein herrschaftliches Wichteln. Getanzt werden Gassentänze und beim Essen wird an den wundervoll gestalteten Tischen bedient. Das sei nicht immer so, loben die Gäste, das mache Schönfeld zu einem tollen „Gesamtpaket“.

Ins etwas versteckte Séparée muss sich aufmachen, wer den Überraschungsgast des Abends erleben will: Historienschriftstellerin Sabine Ebert. Bernd Angermann hat sie einfach auf Facebook eingeladen, und von Dresden aus ist es ja nicht weit. Ebert erzählt ihren Zuhörern von ihrem neuesten Roman „Herz aus Stein“ aus der Barbarossa-Reihe „Schwert und Krone“.

Da geht es zwar ums 12. Jahrhundert, und Sabine Ebert selbst trägt ein Kleid aus dem Empire, also der Zeit um 1815. Doch das geht bei ihr in Ordnung. Auch tanzen möchte die bekannte Autorin. Vor fünf Jahren gründete sie in Leipzig eine eigene historische Tanzgruppe, als authentischer Showact für ihre Romanpräsentation. „Es war unausweichlich, dass ich auch mit der Barockszene in Kontakt komme“, sagt Ebert und zeigt sich begeistert und überrascht von der Holzvertäfelung und dem Stil des Schlosses, ebenso wie von der prachtvollen Ausgestaltung des Abends.

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