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Schmerzhaftes Warten auf die Reha

Ronny Hasler kennen die Görlitzer vom Sicherheitsdienst K 9 am Berzdorfer See. Doch jetzt ging es für ihn um Leben und Tod.

Von Susanne Sodan
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Im August vorigen Jahres zeigt Ronny Hasler noch die jüngsten Vandalismusschäden am Berzdorfer See. Kurz darauf ging es ihm nicht mehr gut.
Im August vorigen Jahres zeigt Ronny Hasler noch die jüngsten Vandalismusschäden am Berzdorfer See. Kurz darauf ging es ihm nicht mehr gut. © Nikolai Schmidt

Ronny Hasler kann die Koffer packen. Es geht zur Reha nach Burg. Dafür hat er über zwei Monate lang gekämpft. Obwohl er, wie er sagt, dafür eigentlich keine Kraft hatte. „Fünf Meter laufen, zehn Meter laufen, dann haben mir so die Knie geschlackert.“ Im November ist Hasler ein dreifacher Bypass gelegt worden. In der Reha-Genehmigung, die er nun erhalten hat, steht: Zwei Wochen nach Krankenhausaufenthalt ist die Anschlussbehandlung anzutreten. Bei Hasler dauerte das deutlich länger.

"Und dann ging der Behördenwahnsinn los"

Angefangen hat alles vorigen Sommer. Plötzlich, erzählt er, schwollen seine Knöchel an, er bekam Probleme mit dem Atmen. Am 14. November wurde er am Herzzentrum Dresden operiert.

Ronny Hasler kennt man in Görlitz vom Sicherheitsdienst K9, der bis Ende vorigen Jahres für Ordnung am Berzdorfer See sorgte. Für Hasler gibt es im Moment Wichtigeres. Auch wenn die Sache letztlich gut ausging, will er doch von den vergangenen drei Monaten erzählen. Wo nun das Problem lag, weiß er bis heute nicht. „Ich will auch keinem was unterstellen. Aber für mich ist das eigentlich ein unverzeihlicher Umgang mit Patienten.“ Bereits im Krankenhaus, schildert er, wurde ein Reha-Antrag an die für ihn zuständige Rentenkasse Berlin-Brandenburg gestellt, am 15. November.

In der Warteschleife bei der Rentenkasse

Nach der OP in Dresden wurde er nach Hause - er wohnt in Brandenburg - entlassen. Für ein paar Tage, wie er annahm. Aber die Zeit verging. „Es ist ja kein Spaß, sondern es geht um eine Weiterbehandlung“, erklärt Hasler. Medikamente müssen eingestellt, OP-Wunden betreut werden. Mit der Reha seien auch wichtige Untersuchungen zur Nachsorge verbunden.

Immer wieder habe er bei der Service-Nummer der Rentenkasse Berlin-Brandenburg angerufen, „nur Anrufbeantworter oder Warteschleife“. Einmal sei er durchgekommen. Mit der Mitarbeiterin am Telefon habe er ausgemacht, dass sie dem zuständigen Sachbearbeiter eine Mail schreibt. Auch er selbst habe eine Mail geschrieben. „Wenigstens einen Sachstand hätte ich gerne gewusst, aber nichts.“

Letztlich wandte er sich mit einer Beschwerde an die brandenburgische Sozialministerin, schildert seinen Fall in recht harten Worten. Er schreibe, „in der Hoffnung, so größeren Schaden an meiner Gesundheit und derer vieler weiterer Herz-Patienten abzuwenden.“ Denn, wie ihm bereits in Dresden angedeutet worden sei, soll er nicht der einzige Brandenburger Patient sein, bei dem es mit einer direkten Anschlussreha nicht klappt, wie geplant.

Warum es zu Jahresbeginn eng werden kann

Die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg erfülle ihre Aufgabe verantwortungsvoll, hält Pressesprecher Denis McGee dagegen. „Unser Anspruch ist es, dass eine Anschlussheilbehandlung sich spätestens zwei Wochen nach der Entlassung an eine stationäre Krankenhausbehandlung anschließt“. Leider sei nicht ausgeschlossen, diesem Anspruch immer gerecht zu werden. Längere Bearbeitungszeiten könnten von Fall zu Fall unterschiedliche Gründe haben. „Die in der Anfrage kolportierte Laufzeit von zweieinhalb Monaten kann jedoch nicht als Standard bestätigt werden.“

Besonders zu Jahresbeginn haben viele Rehaeinrichtungen Kapazitätsengpässe, erklärt McGee eine Schwierigkeit. „Das hat unter anderem den Grund, dass Operationen und Rehabilitationen auch auf Wunsch der Patienten häufig auf die Zeit nach Weihnachten gelegt werden.“ Daher sei es nicht immer möglich, in zwei Wochen einen Platz in einer passenden Rehaeinrichtung zu finden. Zum anderen: Ende des Jahres gab es eine Umstrukturierung in den Reha-Referaten, erklärt er. Die soll eigentlich zu einer Verbesserung der Bearbeitungslaufzeiten führen, aber „insbesondere die Einführung der elektronischen Akte habe zum Ende des Jahres 2019 einen erheblichen Einfluss auf die Bearbeitungsroutine mit sich gebracht.“

Beschwerde per Post statt Mail

Am 5. Februar hat Ronny Hasler letztlich den Reha-Bescheid im Briefkasten, ausgestellt am 29. Januar. Edzard Bertram zeigt sich über Haslers Fall wenig verwundert. Er leitete früher die Unfallchirurgie des Klinikums Görlitz und ist seit zwei Jahren Ombudsmann der Kreisärztekammer in Görlitz. Dass es besonders häufig mit der Rentenkasse Berlin-Brandenburg Probleme gibt, kann er aus seiner Erfahrung nicht bestätigen. „Aber solche Schwierigkeiten kommen schon vor“, sagt er. „In der Regel hängt das an der jeweiligen örtlichen Krankenkasse.“ Eine Beschwerde beim Sozialministerium, „das ist schon recht hochgegriffen“, sagt er. „Der normale Weg ist, sich mit seiner Anfrage oder Beschwerde direkt an die jeweilige Kasse zu wenden.“ Am besten über den Postweg, „dann hat man einen Schriftverkehr in der Hand. Eine Mail ist schnell mal vergessen.“

Monatelange Wartezeiten für Facharzt

Große Schwierigkeiten sieht er in der Region gerade mit Wartezeiten, wenn es um einen Facharzttermin geht. „Das hängt sehr stark von der Dringlichkeit ab“, erzählt Bertram. „Versuchen Sie mal, ohne besondere Dringlichkeit, jetzt einen Termin bei einem Orthopäden zu bekommen.“ Nun gibt es das Facharzttermingesetz, über das zeitnahe Termine vergeben werden sollen. „Dann ist es aber gut möglich, dass der Facharzt nicht Ihrer ist, sondern einer im weiteren Umkreis.“ Auch diese Erfahrung hat Ronny Hasler gemacht, als ihn sein Hausarzt während der Wartezeit für eine Untersuchung an einen Facharzt überwies. „Ich habe einen Termin im Juni bekommen“, erzählt er. „Ich meinte: Wenn ich noch lebe, komm ich vorbei.“ Welchen konkreten Einfluss Behandlungsverzögerungen auf den bestehenden Gesundheitszustand haben – soweit er weiß, gibt es dazu keine Untersuchung, sagt Bertram. Müsste es aber geben, findet er.

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