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Schwerer Start in Corona-Zeiten

Ein Schwabe will sich in Riesa den Traum vom eigenen Hotel verwirklichen. Doch dann kam das Virus.

Von Jörg Richter
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Marcus Steinecker hat viel vor mit seinem Hotel Eulenspiegel. Momentan baut er davor ein Kinderkarussell auf.
Marcus Steinecker hat viel vor mit seinem Hotel Eulenspiegel. Momentan baut er davor ein Kinderkarussell auf. © Sebastian Schultz

Riesa. Viele Hoteliers haben in der ersten Phase von Corona darüber geklagt, keine Gäste zu haben. Als sie zwischen März und Mai dazu verdammt waren, wegen der befürchteten Pandemie ihre Häuser zu schließen, hatten viele Betreiber schlaflose Nächte aus Sorge, diese Krise wirtschaftlich nicht zu überstehen. Aber immerhin haben sie fertige Häuser und stehen nicht am Anfang - so wie Marcus Steinäcker.

Der gebürtige Schwabe hat im vergangenen Herbst das alte Riesaer Bahnhofshotel "Saxonia" übernommen. Ein Jahr lang stand es leer. Mehrere Pächter hatten zuvor versucht, das traditionsreiche Hotel zu betreiben - und scheiterten. Auch ohne Corona.

Steinäcker war guten Mutes. Er eröffnete Anfang November das Hotel unter dem neuen Namen "Eulenspiegel". So hieß schon die Pension, die er zuvor mit seiner Lebensgefährtin Renata Olakova in Görlitz betrieb. Der gelernte Bäcker, der nach eigenem Bekunden in der Gastronomie großgeworden sei, wollte seinen Traum vom eigenen Hotel verwirklichen und stieß im Internet auf das Verkaufsangebot für das "Saxonia".   

Einige Zimmer sind renoviert. Ab 49 Euro kann man hier übernachten. Allerdings ohne Frühstück.
Einige Zimmer sind renoviert. Ab 49 Euro kann man hier übernachten. Allerdings ohne Frühstück. © Sebastian Schultz

Er ließ sich darauf ein und war Feuer und Flamme. Nicht zuletzt, weil Riesa eine große Veranstaltungshalle hat. Die Sachsenarena, so war sein Plan, sichere ihm als Hotelier ein gewisses Grundeinkommen, auf dem sich aufbauen lässt. "Wenn dort große Konzerte sind, hat man das Haus ein- bis zweimal im Monat voll", war er sich sicher. 

Und in den ersten Monaten schien er mit seiner Prognose recht zu haben. Zu den internationalen Tanzwochen waren die Zimmer, die er bis dahin renoviert hatte, ausgebucht. "Wir sind eigentlich sehr gut gestartet", erinnert er sich. So konnte es gern weitergehen. Doch dann folgten der Januar und der Februar, die auch für erfahrene Hoteliers eher schlechte Monate sind. - Und danach kam Corona. Die Gäste blieben aus. 

Veranstaltungen in der Sachsenarena wurden abgesagt. Für den Hallentournee-Auftakt von Roland Kaiser hatten bereits einige Schlagerfans per booking.com Zimmer im Hotel Eulenspiegel gebucht. Sie stornierten, als bekannt wurde, dass das Konzert verschoben wird. Da ahnte Steinäcker, dass auf ihn, seine Renata und die drei Kinder eine schwere Zeit zukommt. 

Marcus Steinecker begrüßt die Gäste im Foyer seines Hotels.
Marcus Steinecker begrüßt die Gäste im Foyer seines Hotels. © Sebastian Schultz

"So lange die Sachsenarena nicht läuft, ist es für uns ein Überlebenskampf", sagt der 42-Jährige. Die 9.000 Euro Soforthilfe, die er vom Freistaat Sachsen erhielt, hätten daran nur wenig geändert. Auch wenn mittlerweile die Hotels wieder Gäste empfangen dürfen, die Besucher der großen Veranstaltungshalle bleiben aber weg. Und gerade auf sie hatte er gesetzt.

Von den 35 Zimmern seien etwa 20 frisch renoviert. Steinäcker vermietet sie vorwiegend an Monteure und gelegentlich an Lokführer vom benachbarten Bahnhof. "Sie nehmen unser Angebot dankbar an und halten das Hotel am Leben", sagt er. Aber viel scheint nicht dabei reinzukommen. Steinäcker: "Man muss erst verdienen, um weitermachen zu können."  

Die Renovierungsarbeiten sind ins Stocken geraten. Das erste Obergeschoss ist zur Hälfte fertig, das zweite noch eine Baustelle. Handwerker sieht man keine. Ein Maler würde aber die Wände streichen. Hinter jeder Tür, auf der er mit Klebeband ein Kreuz hinterlassen hat, ist er fertig. Steinäcker benötigt dringend einen Elektriker. Aber er findet keinen. Alle, die er angesprochen hat, seien ausgebucht. 

Was hat Baron von Münchhausen auf dem Dach vorm Haupteingang zu suchen?
Was hat Baron von Münchhausen auf dem Dach vorm Haupteingang zu suchen? © Sebastian Schultz

Draußen vorm Hotel steht ein halbfertiges Tassen-Karussell. Steinäcker hat es angeschafft, um auch eine Attraktion für Familien mit Kindern zu bieten. Seit ein paar Tagen lebt auch ein Mini-Pony in einer zum Stall umfunktionierten Garage. Der Familienvater hat es für seine Tochter Vivien gekauft. Aber auch kleine und große Hotelgäste dürfen es streicheln.

Eine gelbe Licht-Werbesäule, die mal vor einem Opel-Autohaus stand, liegt ebenfalls auf dem Hotel-Vorplatz. Statt des Opel-Symbols soll mal ein Bild von Till Eulenspiegel die Gäste anlocken. Doch noch fehlt ein Fundament. 

Zudem verwirrt eine Kanone mit Baron Münchhausen auf dem Dach neben dem Hoteleingang etwas. Es soll auf die ehemalige Saxonia-Gaststätte hinweisen. Steinäcker will sie nach dem berühmten Lügenbaron benennen. Aber auch das ist noch Zukunftsmusik. 

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