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Autoverkauf läuft schleppend wieder an

Seit drei Wochen sind die Schauräume in Görlitzer und Nieskyer Autohäusern wieder offen. Doch die Kunden sind zurückhaltend.

Von Frank-Uwe Michel
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Marketingmitarbeiter Sören Schwarte vom Görlitzer Autohaus Büchner hofft wie viele seiner Kollegen auf mehr Kunden. Die Büchner-Gruppe versüßt jeden Bestandswagenkauf mit einem Hotelgutschein.
Marketingmitarbeiter Sören Schwarte vom Görlitzer Autohaus Büchner hofft wie viele seiner Kollegen auf mehr Kunden. Die Büchner-Gruppe versüßt jeden Bestandswagenkauf mit einem Hotelgutschein. © Nikolai Schmidt

Die Corona-Einschränkungen haben die Autohäuser in der Region fast lahmgelegt. Nur dringend notwendige Werkstattbesuche waren erlaubt. Fahrzeugverkäufe fanden kaum noch statt. Inzwischen dürfen Kunden ihre Traumautos wieder hautnah betrachten. Auch der Handel gewinnt an Fahrt, wenngleich die Geschwindigkeit noch langsam ist.

Ernüchtert zeigt sich Elke Pullwitt über den Neustart in den Autohäusern zwischen Niesky und Görlitz. Der Neustart sei nur mäßig gelungen, sagt die Geschäftsführerin der Innung des Kfz-Handwerks Oberlausitz, die 220 Unternehmen aus den Landkreisen Görlitz und Bautzen vertritt. "Die Leute sind zwar interessiert. Aber es wäre ja geradezu unlogisch, wenn sie als ersten Gang in der neugewonnenen Freizügigkeit den ins nächste Autohaus wählen würden." Den entscheidenden Grund für die Zurückhaltung sieht sie in der wirtschaftlichen Unsicherheit der Menschen. "Wer in Kurzarbeit ist, auf 40 Prozent seines Einkommens verzichten muss und nicht weiß, wie lange das noch so geht, der wird nicht unbedingt an ein neues Auto denken."

Lange Zeit waren die Schauräume der Autohäuser verwaist. Seit drei Wochen dürfen wieder Kunden empfangen werden. Nun geht es vor allem darum, die reichlich vorhandenen Bestandsfahrzeuge "an den Mann" zu bringen.
Lange Zeit waren die Schauräume der Autohäuser verwaist. Seit drei Wochen dürfen wieder Kunden empfangen werden. Nun geht es vor allem darum, die reichlich vorhandenen Bestandsfahrzeuge "an den Mann" zu bringen. ©  Archiv/Nikolai Schmidt

Kaufanreize helfen nicht den Autohäusern

Pullwitt glaubt, dass die Rückkehr zur Normalität für ihre Branche ein längerfristiger Prozess werden wird. Die jetzt zwischen der Bundesregierung, den Ministerpräsidenten und der Automobilindustrie diskutierten Kaufanreize sieht sie mit einem zwiespältigen Gefühl. "Das hilft den Herstellern, nicht den Handwerksbetrieben vor Ort. Wir hatten das 2009 mit der Abwrackprämie schon einmal. Damals wurden sowieso geplante Käufe einfach vorgezogen und das Absatzloch tat sich ein halbes Jahr später auf."

Guter Zeitpunkt, auf Elektro oder Hybrid umzusteigen?

Norbert Maesmans vom gleichnamigen Görlitzer Suzuki-Autohaus ist da etwas anderer Meinung. "Ein Kaufanreiz wäre für unsere Branche gut." Wichtig sei eine Prämie für Fahrzeuge aller Antriebsarten, nicht nur mit Elektro- oder Hybridantrieb. Für diese Modelle gebe es sowieso schon zusätzliche Unterstützungen. "Ich bin überzeugt, dass die Menschen auch endlich Klarheit darüber haben wollen, wo die Reise hingeht. Bin ich mit einem Diesel oder Benziner in den nächsten zehn oder 15 Jahren noch richtig aufgestellt? Wie lange braucht es, bis die E-Ladestruktur für Urlaubsfahrten in ganz Europa funktioniert?" Antworten auf diese Fragen spielen seiner Ansicht nach bei aktuellen Kaufentscheidungen mit hinein. In der aktuellen Situation natürlich auch die Perspektive des eigenen Arbeitsplatzes und der damit verbundenen persönlichen wirtschaftlichen Lage.

Krisenangebot nicht besonders nachgefragt

Eine kritische Position nimmt Sylvio Arndt aus Niesky ein. Er führt dort das Ford-Autohaus im Gewerbegebiet Süd. Selbst in der mehrwöchigen Flaute hat der Geschäftsmann einige Fahrzeuge verkauft - allerdings nicht per Kundenkontakt vis-a-vis im Ausstellungsraum, sondern übers Internet. "Wer in unserer Region erfolgreich sein will, für den ist das gar nicht anders möglich", ist er überzeugt. So hat er immerhin noch rund ein Drittel des sonst üblichen Verkaufsvolumens realisiert. Sein per Facebook verbreitetes Krisen-Angebot blieb allerdings ohne den gewünschten Erfolg: Fahrzeugkauf mit Rückkaufgarantie. "Das ist für Interessenten bestimmt, die nicht genau wissen, was ihnen die Zukunft bringt. Mit einem zuvor definierten Abschlag nehmen wir das Fahrzeug nach vier Monaten zurück."

Bei einem möglichen staatlichen Kaufanreiz ist Sylvio Arndts Meinung zweigeteilt. "Sicher, für die Branche selbst wäre es gut, auch wenn zusätzliches Geld Kaufentscheidungen wahrscheinlich nur vorziehen würde." Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht hält der Nieskyer Unternehmer Prämien für Neuwagen aber für falsch. "Dann legen sich die Leute jetzt eben ein neues Auto zu und sagen andere, eigentlich geplante, Käufe ab." Dies könne zum Beispiel die Möbelbranche treffen. Küchen- und Wohnzimmereinrichtungen seien ähnlich preisintensiv und für viele Menschen zeitgleich mit einem Autokauf nicht zu stemmen.

Auch in den Werkstätten ist nicht viel los

"Noch nicht auf dem Niveau wie vor der Corona-Krise" sieht Dirk Friedrich den Fahrzeugverkauf in den Autohäusern der Büchner-Gruppe. Für den Moment sei man aber durchaus zufrieden, meint der Geschäftsführer. Gründe für die momentan noch vorherrschende Zurückhaltung der Kunden sieht er in der allgemeinen Verunsicherung, in der für die Schauräume angeordneten Maskenpflicht, aber auch in der Kurzarbeit der Menschen. Nicht nur die Verkaufszahlen sind in der Büchner-Gruppe in den vergangenen Wochen in den Keller gerauscht, spürbar war die spezielle Situation auch in den Werkstätten. "Im Karosserie- und Lackbereich hatten wir ebenfalls starke Rückgänge. Ganz einfach, weil weniger Verkehr auf den Straßen gewesen ist."

1.000 Autos suchen Käufer

Unabhängig von der noch nicht klaren staatlichen Förderung geht die Büchner-Gruppe beim Neuwagenverkauf eigene Wege. "Wir haben rund 1.000 Fahrzeuge in unserem Bestand. Den wollen wir natürlich reduzieren." Deshalb habe man Vereinbarungen mit 16 Hotels aus der Region getroffen - auch um diese zu unterstützen. "Jeder Autokäufer bekommt einen Hotelgutschein für 250 Euro obendrauf", so Friedrich. Der hohe Fahrzeugbestand ist bei den Kfz-Betrieben ein generelles Problem. Denn: Nach Angaben der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) entstehen dem Handel pro Tag und Auto 28 Euro Kosten.

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