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Darum war die Post plötzlich weg

Warum sich die Kunden in Niesky jetzt an einen neuen Standort gewöhnen müssen und im Stadtzentrum trotzdem noch ein Rest an Service bleibt.

Von Frank-Uwe Michel
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Anne-Marie Kirst (li.) und Emely Weiser (re).
bieten den Postservice jetzt in ihrem Blumenladen Vier Jahreszeiten an.
Anne-Marie Kirst (li.) und Emely Weiser (re). bieten den Postservice jetzt in ihrem Blumenladen Vier Jahreszeiten an. © André Schulze

Wer am Dienstag an gewohnter Stelle in der Ödernitzer Straße 7 ein Paket abgeben oder Briefe auf die Reise schicken wollte, hatte schlechte Karten. Ein kleiner Zettel an der Tür von Petra Barthas Schreibwarenladen ließ die Kunden wissen, dass Postdienstleistungen hier nicht mehr zu bekommen sind. Der neue Anlaufpunkt befinde sich im Gewerbegebiet Süd.

Die Geschäftsfrau, die mit ihrem Geschäft seit vielen Jahren Servicepartner der Deutschen Post war, konnte sich über mangelnden Zulauf nicht beklagen. Vor allem in der Vorweihnachtszeit bildeten sich regelmäßig lange Schlangen. Die Nieskyer wollten ihre Lieben mit kleinen Aufmerksamkeiten bedenken und gaben deshalb fleißig Päckchen und  Pakete ab. Gleiches Szenario in den ersten Wochen der Corona-Krise.

Als das Online-Shopping verstärkt in Mode kam, nahm auch der Paketversand erheblich zu. Trotzdem macht Petra Bartha Schluss. Oder ist gerade dies der Grund? In Weißwasser betreibt die Unternehmerin einen ähnlichen Laden. Beide mit der notwendigen Intensität gleichzeitig zu führen, fühlte sie sich offenbar dauerhaft nicht in der Lage. Persönliche Gründe seien ausschlaggebend für die Schließung gewesen, ließ sie die SZ wissen.

Überraschend wurde die Post in der Ödernitzer Straße in Niesky geschlossen.
Überraschend wurde die Post in der Ödernitzer Straße in Niesky geschlossen. © André Schulze

Nachmieter wäre zur Übernahme bereit gewesen

Ramona Brückner weiß schon seit mehreren Wochen über die sich abzeichnenden Veränderungen in der Ödernitzer Straße Bescheid. Immerhin gehört die Immobilie der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft. Und die ist bestrebt, ihre Ladeneinheiten zu vermieten. "Als wir von Frau Bartha erfuhren, dass sie nicht weitermachen will, haben wir uns natürlich um einen Nachmieter bemüht, der das Postgeschäft mit übernehmen würde", berichtet die Prokuristin.

Diesen habe man auch gefunden und Verhandlungen "fast bis zum Vertragsabschluss" geführt. Schließlich aber habe sich die Post anders entschieden und das Blumengeschäft "4 Jahreszeiten Floristik" im Gewerbegebiet Süd zum Servicepartner gemacht. "Für das Unternehmen mag es gut sein. Wir haben uns aber darüber geärgert. Nicht nur wegen unseres Aufwands, sondern weil der Weg für ältere, nicht mehr mobile Menschen, nun viel beschwerlicher wird."

Stadt als Vermittler zwischen Post und Blumenladen

Zustande gekommen ist der Kontakt zwischen Post und Blumenladen offenbar durch die Stadt. Das jedenfalls erzählt Anne-Marie Kirst, die zusammen mit Melanie Weiser Geschäftsführerin in den "4 Jahreszeiten" ist. "Die Stadt hat gefragt, ob wir uns das vorstellen könnten. Nach kurzem Überlegen haben wir Ja gesagt."

Laut Barbara Giesel, die den Fachbereich Technische Dienste leitet, habe man im Rathaus über den drohenden Wegfall des Postservices Bescheid gewusst und versucht, darauf zu reagieren. Giesel gewinnt der Verlagerung an den Stadtrand durchaus auch etwas Positives ab. "Wir sind froh, dass sich jemand gefunden hat. Denn es hätte ja auch die Gefahr bestanden, dass sich die Post ganz und gar aus Niesky zurückzieht."

Der neue Standort: Der Postservice ist nun im Blumenladen Vier Jahreszeiten im Gewerbegebiet Süd an der Kollmer Straße zu finden.
Der neue Standort: Der Postservice ist nun im Blumenladen Vier Jahreszeiten im Gewerbegebiet Süd an der Kollmer Straße zu finden. © André Schulze

Alternative wäre posteigene Interimsfiliale gewesen

Dieses Szenario wäre nicht eingetreten, stellt Mattias Persson klar. Er ist Sprecher der Post und zuständig für Sachsen. Städte mit 10.000 Einwohnern - also etwa von der Nieskyer Größe - müssten mindestens eine Postfiliale haben. Dies lege die Postdienstleistungsverordnung fest. Demnach hätte sich der Konzern gar nicht aus der Stadt zurückziehen können. Schwer wäre es allerdings geworden, hätte sich kein neuer Partner gefunden. "In solchen Fällen betreiben wir eine Interimsfiliale - mit eigenen Räumlichkeiten, für eine bestimmte Zeit, mit eingeschränkten Öffnungszeiten und Post-Personal", erklärt der Sprecher.

Doch soweit ist es in Niesky nicht gekommen. Ab sofort können die Kunden in den "4 Jahreszeiten" alle Dienstleistungen der Deutschen Post und des Paketdienstleisters DHL  in Anspruch nehmen. Mattias Persson macht die hohe Verantwortung der Mitarbeiter deutlich: "Unser Portfolio ist ja nicht trivial. Der Service umfasst zum Beispiel auch den Zugriff auf das digitale Postsystem. Da kann man nachschauen, in welche Länder Paketversand in diesen schwierigen Zeiten überhaupt möglich ist."

Post-Service teilweise auch künftig im Stadtzentrum

Übrigens gibt es für Postkunden auch im Stadtzentrum weiterhin zwei Anlaufpunkte: Silvia Schattes Lottoannahmestelle am Zinzendorfplatz und Euronics Röhle in der Rothenburger Straße. In beiden Läden werden Briefmarken verkauft und Pakete in den üblichen Standardgrößen angenommen. Außerdem kann man Retoure-Sendungen auf die Rückreise schicken. Auch für das Gewerbeobjekt Ödernitzer Straße 7 zeichnet sich eine positive Zukunft ab. GWG-Prokuristin Ramona Brückner: "Dort wird es eine Nachnutzung geben, allerdings nicht als Laden." Was genau entsteht, könne sie noch nicht sagen.

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