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Ursu macht eine Kampfansage

Der CDU-Kandidat prescht nach seinem 2. Platz am Sonntag vor. Den AfD-Oberbürgermeister in Görlitz will er unbedingt verhindern.

Von Sebastian Beutler & Daniela Pfeiffer
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Wird er der neue Görlitzer Oberbürgermeister? Octavian Ursu will es zumindest versuchen – am 16. Juni im zweiten Wahlgang zur Görlitzer OB-Wahl.
Wird er der neue Görlitzer Oberbürgermeister? Octavian Ursu will es zumindest versuchen – am 16. Juni im zweiten Wahlgang zur Görlitzer OB-Wahl. © Nikolai Schmidt

Es ist das zweite Mal, dass Octavian Ursu keine Zeit verlieren möchte. Bereits im Spätsommer 2018 kam er als erster von später vier OB-Kandidaten aus der Deckung, verkündete, antreten zu wollen, obwohl intern andere Absprachen getroffen worden waren.

Nach einem mühsamen Start für Ursu am Sonntagabend – er schien nach den ersten ausgezählten Wahllokalen weit abgeschlagen – konnte er am Ende des Tages dann doch 8.077 Stimmen auf sich vereinen. Das sind 30,3 Prozent und Platz zwei hinter dem von Anfang an souverän führenden AfD-Kandidaten Sebastian Wippel. Dieser musste gemäß der Redewendung „Abgerechnet wird zum Schluss“ dann doch noch ein paar Prozente lassen. Von zwischenzeitlich geäußerten „Mitte 40“ blieben letztlich 36,4 Prozent.

Bereits am Montagvormittag gab Ursu eine Mitteilung heraus, wonach er am 16. Juni wieder antritt. Damit ist der Kampf um den zweiten Wahlgang schon früher entbrannt, als erwartet. Jedenfalls waren die übrigen OB-Kandidaten doch etwas überrascht von dieser frühen Verkündung. „Er hätte sich vielleicht noch einen Tag Zeit lassen können, aber es ist seine Entscheidung“, sagte die Kandidatin der Linken, Jana Lübeck, die mit 5,5 Prozent am Sonntag keine große Rolle spielte. 

Dennoch ermutige sie der für sie persönlich „erschreckende“ Wahlsieg der AfD dazu, „dass wir hier noch viel zu tun haben. Zum erwarteten Rückzug ihrer Kandidatur für den zweiten Wahlgang wollte sie sich am Montag noch nicht äußern. Zunächst sollte das am Montagabend innerparteilich besprochen werden. Ansonsten geht für Jana Lübeck ab Dienstag alles wieder seinen gewohnten Gang, sie fährt ab Dienstag wieder zur Arbeit nach Zittau, wo am Mittwoch das Spectaculum ansteht, das sie mit auf die Beine stellt. „Das Leben geht weiter“, sagt sie.

© Gernot Grunwald

Das tut es auch für die anderen Kandidaten, nur eben anders. Ursu und die CDU kamen am Montagvormittag zusammen, um die Ergebnisse des Super-Wahlsonntags im Landkreis zu analysieren. „Natürlich steht die OB-Wahl im Vordergrund, aber Stadtrat und Kreistag sind genauso wichtig. Wir überlegen jetzt, welche nächsten Schritte wir gehen.“ Ob er zwei oder drei Kandidaten am 16. Juni vor sich sehe, könne er nicht sagen. Das entscheide nicht er.

Aber in den nächsten Tagen würden beide Lager – Ursus und das der knapp hinter ihm Drittplatzierten, Franziska Schubert - zu Gesprächen zusammenkommen. Hinter beiden stünden immerhin breite Mehrheiten im Stadtrat. Solange bleiben zumindest Wippel und Ursu weiter voll im Wahlkampfmodus. Mit einer klaren Ansage Ursus: „Ein AfD-Bürgermeister würde unserer Stadt massiv schaden.“ Ursus Entscheidung fiel ohne Absprache mit der Drittplatzierten des ersten Wahlgangs, Franziska Schubert.

Die bündnisgrüne Landtagsabgeordnete, die von einem Bündnis aus Parteien und Wählervereinigungen getragen worden war, erhielt 27,9 Prozent der Stimmen. Ob sie auch am 16. Juni antritt oder zugunsten Ursus zurückzieht und auf eine Kandidatur verzichtet, ist zur Stunde nicht bekannt. Sie muss es gegenüber der Wahlkommission bis Freitag, 18 Uhr, erklärt haben. Am Montag jedenfalls war sie für die SZ nicht zu sprechen. Ihre Wahlkampfleiterin Annett Jagiela bat um Verständnis, dass „Frau Schubert heute keinerlei Statements abgeben und Fragen beantworten wird.“ Demnach bleibt es auch für die Herren Wippel und Ursu spannend, ob sie in einen Zweikampf gehen oder noch weibliche Konkurrenz hinzukommt.

So oder so: Der bislang aussichtsreichste Kandidat auf den OB-Posten, Sebastian Wippel, rüstet sich schon mal für Runde zwei. Dass Ursu noch mal antritt, habe er erwartet. Ebenso geht er davon aus, dass Franziska Schubert zurückziehen wird. „Wenn es nach dem Mehrheitswillen der Görlitzer geht, müsste es eigentlich Wippel gegen Schubert heißen“, sagt Sebastian Wippel aber auch. Und meint damit, dass die AfD und die Bündnisse, für die Schubert angetreten ist, im neuen Stadtrat jeweils mehr Sitze haben als die CDU.

Wippel reagiert noch verhalten

Über seine eigene Mehrheit und die der AfD freut er sich natürlich am Tag eins nach der Wahl. „Ich musste mich erst mal neu sortieren und mich fragen: Ist das alles echt?“, sagte er am Montag zur SZ. Neben vielen Mails und bundesweiten Interviewanfragen plane er das weitere Vorgehen. „Zuerst werden wir uns mit den neuen AfD-Stadträten zusammensetzen. Und dann befinden wir uns ja weiter im Wahlkampf.“ Er hoffe nicht, dass sein oder seine Mitbewerber Görlitz zum „braunen Nest“ ernennen werden und weitere Angst schüren. Eine Prognose zum Ausgang des zweiten Wahlgangs möchte Wippel nicht abgeben. Zu unsicher ist ihm das alles noch.

Und das obwohl die AfD auch im Görlitzer Stadtrat mit rund 30 Prozent stärkste Fraktion wurde und in dieser Rolle die CDU ablöste. Neben der AfD gewannen auch die Bündnisgrünen und die Freie Liste „Motor Görlitz“ Stimmen beziehungsweise Sitze hinzu oder ganz neu, weil sie wie Motor Görlitz erstmals antraten. Sitze verloren die CDU, die Bürger für Görlitz, die Linkspartei, die SPD, die FDP, Zur Sache und die NPD sowie die Piraten, die nicht wieder antraten. 

Ursu zu dem Ergebnis: „Am Ergebnis der Stadtratswahl gibt es für die CDU nichts zu beschönigen. Wir hätten uns ein besseres Ergebnis gewünscht. Nun werden wir für eine breite bürgerliche Mehrheit im Stadtrat werben. Der Oberbürgermeister kann nur mit einer verlässlichen Mehrheit im Stadtrat die Entwicklung der Stadt vorantreiben. Wir wollen nicht, dass die AfD die Gestaltungsmehrheit in unserer Stadt bekommt.“ 

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