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Kritik an Flixbus nach tödlichem Unfall

In dem bei Leipzig umgekippten Fernbus gab es eine Tote und 72 Verletzte. Die Gewerkschaft Verdi weiß von mehr Unglücken.

Von Georg Moeritz
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Die Unglücksstelle auf der A9 bei Leipzig.
Die Unglücksstelle auf der A9 bei Leipzig. © dpa/Jan Woitas

Leipzig. War es Sekundenschlaf? Nach dem schweren Busunfall auf der Autobahn 9 bei Bad Dürrenberg verteilte die Polizei am Montag Anhörungsformulare an die Passagiere und untersuchte den grünen Reisebus. Darin war am Sonntagnachmittag eine Frau ums Leben gekommen. Neun Reisende wurden schwer verletzt, weitere 63 leicht. 

Die Autobahnpolizei war am Sonntagabend nach ersten Ermittlungen davon ausgegangen, dass ein Sekundenschlaf des Fahrers zu dem Unglück geführt hatte. Am Montag sagte eine Polizeisprecherin in Halle, für einen solchen Verdacht sei es zu früh. Der 59-jährige Fahrer konnte zunächst nicht befragt werden, weil er auch schwer verletzt wurde. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi allerdings hält es nach einer Reihe von Busunfällen für nötig, den Fahrern die Arbeit zu erleichtern.

Der Bus war auf dem Weg von Berlin nach München. Im Saalekreis hinter Leipzig kam er von der mittleren Fahrspur nach rechts ab und kippte an einer Böschung um. Eine Leitplanke bohrte sich durch die Windschutzscheibe. Das Unternehmen Flixbus bestätigte, dass der Bus in seinem Auftrag unterwegs war. Flixbus nutzt Subunternehmen, beantwortete aber nicht die Frage der SZ, welche Busfirma in diesem Fall beauftragt war.

Im vorigen August war ein Flixbus auf der A 19 bei Linstow nahe Rostock von der Fahrbahn abgekommen und in den Graben gekippt. Nach damaligen Berichten wurden 16 Menschen verletzt, der Bus fuhr für die Dresdner Niederlassung des Unternehmens Umbrella Coach & Buses mit Zentrale in Prag. Die Firma ist laut ihrer Internetseite einer der Hauptpartner von Flixbus „für Westeuropa und Tschechien“. 

Umbrella in Dresden verneinte eine Beteiligung an dem Unfall bei Leipzig und verwies zu allen anderen Fragen an Flixbus. Dort teilte ein Sprecher mit, die Ermittlungen gegen den Fahrer im vorigen Jahr seien „wegen geringer Schuld“ eingestellt worden. Er habe wegen gesundheitlicher Probleme kurz die Kontrolle verloren. Die Untersuchungen zu dem neuen Unfall dauerten noch an.

© dpa/Jan Woitas
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Verdi-Verkehrsexperte Klaus Schroeter sagte auf SZ-Nachfrage zunächst, Busse seien sichere Verkehrsmittel. Der Unfall bei Leipzig habe 75 Menschen getroffen, in einem ICE säßen oft Hunderte. Doch Schroeter forderte, die Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer zu verbessern und stärker zu kontrollieren. Lange Arbeitszeiten könnten zu Sekundenschlaf führen. 

Die Fahrer hätten zwar nach EU-Vorschriften das Recht auf mindestens elf Stunden Pause, aber dreimal pro Woche dürfe die auf neun Stunden verkürzt werden. Für die Busfirmen sei es wichtig, dass der Bus vom Wendepunkt bald zurückfahre. Außerdem müssten die Fahrer noch putzen. Schroeter forderte Flixbus auf, „mehr als eine Vermittlungsgarantie“ zu geben und die Qualität zu prüfen. Wegen der Lohnkosten würden zunehmend Firmen aus Südosteuropa beauftragt.

Flixbus sprach den Fahrgästen und Busfahrern Mitgefühl aus. Der Firmensprecher schrieb der SZ, das Unternehmen kontrolliere die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten der beauftragen Busfirmen „regelmäßig durch die Auswertung digitaler Fahrerdaten und der Ergänzungen“. Fernbusse seien mit modernsten Sicherheitssystemen ausgestattet, wie Spurhalte- und Aufmerksamkeitsassistent. Ob auch der Unfallbus diese Technik nutzte, konnte der Flixbus-Sprecher nicht sagen. (mit dpa)

"Angehörige betroffener Fahrgäste können sich für individuelle Auskünfte an die gebührenfreie Telefonnummer 00800 30013730 wenden", teilt Flixbus mit.