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Warum Ami-Schlitten so faszinierend sind

Noch bis Sonntag sind auf der US-Car-Convention in Dresden außergewöhnliche Fahrzeuge zu sehen. Auf sächsische.de erzählen fünf Besitzer ihre Geschichten. 

Von Kay Haufe
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Autos ohne Ende: Das Ostragehege ist am Wochenende fest in den Händen der US-Car-Fans.
Autos ohne Ende: Das Ostragehege ist am Wochenende fest in den Händen der US-Car-Fans. © Sven Ellger

Es röhrt und blubbert im Ostragehege: Der spezielle Sound der V8-Motoren weist den Weg zur US-Car-Convention. Rund 2000 Fahrzeuge US-amerikanischer Bauart stehen seit Freitag in der Flutrinne. Darunter der klassische Pink Cadillac mit weißen Heckflossen, betagte Corvette Stingrays, aber auch moderne Pick Ups oder Sportwegen. 

Wer es speziell mag, findet möglicherweise im Oldsmobile Leichenwagen seinen Favoriten, andere stehen auf ausgemusterte Polizeiwagen, deren Fahrer mitunter sogar die echte Cop-Uniform tragen. Am Sonnabend können Besucher noch bis 24 Uhr mit den Teilnehmern über ihre Autos ins Gespräch kommen, oder einfach nur schicke Autos bewundern. Am Sonntag ist von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet zehn Euro pro Tag oder 15 für das gesamte Wochenende. 

Am Sonntag starten rund 300 Fahrzeuge ihre Rundfahrt durch die Stadt vom Messering, über die Hamburger Straße zur Flügelwegbrücke. Weiter geht es dann zum Carolaplatz, Albertplatz und die Königsbrücker Straße zur Waldschlößchenbrücke. Anschließend führt die Route über Fetscherstraße, Stübelallee und Ammonstraße zur Schlachthofstraße und zurück zum Messering.

Fünf Besitzer erzählen, wie sie zu ihren außergewöhnlichen Autos gekommen sind:

Die schwarz-lila Seltenheit

Das ist der Pontiac von Gerald Wolter. 
Das ist der Pontiac von Gerald Wolter.  © Sven Ellger

Das erste amerikanische Auto musste für Gerald Wolter ein Mustang sein, ohne Wenn und Aber. Doch auf Ami-Car-Treffen hat der Thüringer schnell gemerkt, dass moderne Autos bei weiten nicht so viel hermachen wie ein Oldtimer. „Ich wollte unbedingt einen haben. Logisch, dass ich zuerst an einen alten Mustang dachte“, sagt der 53-Jährige. Doch die Suche gestaltete sich nicht einfach. Zu kaputt, zu teuer, zu schlecht aufgemotzt. Und da kam ihm das Angebot eines Pontiac Firebird Baujahr 68 gerade recht. Wolter hat das Fahrzeug im Internet gesehen, ein Bayer verkaufte es für 30.000 Euro. „Es ist eine Seltenheit auf dem Oldtimermarkt“, sagt Wolter.

Inzwischen hat er nochmal 10.000 Euro in diverse Teile investiert. „Das ist eben mein Spleen“, sagt er. Gefahren wird der Pontiac mit 350 PS und dem V8-Motor nur zu besonderen Anlässen. Als er gestern auf einem Hänger nach Dresden gebracht wurde, hat es geregnet. Und Gerald Wolter am Boden zerstört. Denn Regenwasser ist Gift für die zum Teil porösen Dichtungen. In Dresden sind er und seine Frau Sabine zum ersten Mal bei der US-Car-Convention. „Die Stimmung ist super, Teilnehmer wie Gäste total entspannt“, sagt er.

Das himmelblaue Cabrio

345 PS hat dieser Oldsmobile 98. 
345 PS hat dieser Oldsmobile 98.  © Sven Ellger

In dieser Familie wird das Ami-Car-Gen schon an die dritte Generation weitergegeben. Auch wenn Tochter Victoria von Susanne und Roberto Gruner erst ein halbes Jahr alt ist: Ihr Babysitz findet im Sechssitzer zwischen Fahrer- und Beifahrer Platz. Schon der Onkel von Roberto und Susannes Vater waren von den V8-Motoren begeistert, auch wenn das zu DDR-Zeiten oft nur gedanklich möglich war. Inzwischen hat das Ehepaar aus Graupa schon mehrere Fahrzeuge US-amerikanischer Bauart in den Garagen. Dabei aber ausschließlich Solche, die 1959 hergestellt wurden. 

„Die Heckflossen sind einfach die Schönsten“, sagt Susanne. Selbst aus Hawaii hat Roberto ein Fahrzeug nach Deutschland geholt und hier dann selbst aufgebaut, wie die meisten seiner Autos. Vorher wird im Internet geschaut und Kontakt aufgenommen. „Teilweise haben die Autos sogar Gutachten, aber die taugen nicht besonders viel“, sagt der Graupaer. Mit dem himmelblauen Oldsmobile 98 Convertible fährt die Familie aber höchstens mal zum Eisessen. Schließlich kommt man mit dem 5,80 Meter langen Cabrio nicht um jede schmale Straßenecke. Mit dem 6,6 Liter Motor und 345 PS lässt es sich jedoch perfekt cruisen, sagt Roberto Gruner und zeigt stolz, dass schon 1959 Fensterheber und Sitze elektrisch verstellbar waren.

Der Pussycat-Van

André Wirthwein mit seinem Chevrolet G20
André Wirthwein mit seinem Chevrolet G20 © Sven Ellger

Es ist eine lange, aber liebevolle Geschichte mit dem Leo-Bus und André Wirthwein. Als der Meininger das Auto 1993 bei einem Berliner Händler hörte, stand gleich fest: Den musste er haben. „Der Motorklang des Chevrolet Vans G20 war unglaublich“, erinnert er sich. So tauschte er seinen Pontiac Fiero gegen den Bus, merkte aber erst zuhause, dass daran viel kaputt war. „Es hat einige Jahre gedauert, bis ich ihn wieder aufgebaut hatte. Zwischendurch stand er auch mal zwei Jahr, ohne dass ich ihn überhaupt gefahren bin“, sagt Wirthwein. Je nach zeitlicher und finanzieller Lage ging die Arbeit weiter. 2007, als der braune Lack sehr schlecht wurde, kam ihm die Idee, das Auto mit dem damals schwer in Mode befindlichen Leoparden-Muster zu folieren. Stück für Stück kam die Inneneinrichtung mit Leodecken und Plüschsitzen dazu. „Wenn schon Kitsch, dann richtig“, sagt Wirthwein. Sein Projekt 2020 ist der kleine Wohnwagen, der ebenfalls den echten Leopardenlook erhalten soll. Zwei bis dreimal pro Jahr ist er mit dem Van, der 1985 erstmals in Florida zugelassen wurde, auf Treffen unterwegs.

Der schicke Oldtimer-Pick up

Mit diesem Ford Pick F 100 ist Siegfried Laurisch nach Dresde gecruist. 
Mit diesem Ford Pick F 100 ist Siegfried Laurisch nach Dresde gecruist.  © Sven Ellger

Dieses Rot zieht alle Blicke auf sich - das Auto sowieso. 64 Jahre hat der Ford Pick F 100 auf dem Buckel, doch das sieht man ihm nicht an. Auf Vordermann gebracht wurde das Auto im vorigen Jahr in den USA. Im Internet hat ihn Siegfried Laurisch gesehen, war begeistert und ließ das Fahrzeug aus der tiefsten Provinz im Staat Washington nach Deutschland bringen. „Der ist absolut alltagstauglich“, sagt er und ist mit dem Ford auch oft unterwegs. Nicht nur zu US-Car-Treffen. Neben dem Ford hat Laurisch noch andere amerikanische Fahrzeuge. „Dieser Sound der Motoren, das Cruisen, das ist einfach unbeschreiblich. Dazu die Rockabilly-Szene - perfekt. Das ist mein Ding.“

Zur Hochzeit einen weißen Cadillac

Franziska Heine relaxt in ihrem Caddy Fleetwood Eldorado
Franziska Heine relaxt in ihrem Caddy Fleetwood Eldorado © Sven Ellger

In einem Traum von Weiß sitzt Franziska Heine. Der Cadillac Fleetwood Eldorado hat 8,2 Liter Hubraum, acht Zylinder und 160 PS. In ihm kommt niemand auf die Idee zu rasen. „Mein Mann hat ihn mir vor zwei Jahren zur Hochzeit geschenkt, nachdem er ihn ein Jahr lang aufgebaut hat“, sagt die Löbauerin. Gefunden hat ihn ihr Mann Marco, der amerikanische Autos liebt und regelmäßig nach ihnen sucht, in Litauen. Überhaupt seien osteuropäische Länder Fundgruben für solche Fahrzeuge, weiß er. Mehrere hat dort gekauft und aufgebaut. Aber ausschließlich Cadillacs, was anders kommt ihm nicht ins Haus, sagt Franziska Heine lachend. Doch jetzt hat sie ihn überzeugt: Ein Ford Thunderbird musste es sein. „Endlich mal was Sportliches.“ Der wartet nun darauf, dass Marco Heine ihn wieder in Bestform bringt.