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Warum wir Trinkwasser trinken sollten

Die Geschmacks- und Geruchsprobleme in Görlitz sind gelöst. Jetzt empfehlen selbst Heilpraktiker den Genuss von Leitungswasser.

Von Ingo Kramer
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Heike Schmidt, Laborleiterin der Stadtwerke Görlitz, analysiert im Umweltlabor der Stadtwerke in Weinhübel die Trinkwasserproben.
Heike Schmidt, Laborleiterin der Stadtwerke Görlitz, analysiert im Umweltlabor der Stadtwerke in Weinhübel die Trinkwasserproben. © Marek Kruszewski

Woran das Görlitzer Trinkwasser Ende September/Anfang Oktober gelitten hat, ist noch immer unklar. „Leider gibt es noch keine neuen Ergebnisse für die kürzlich aufgetretenen Geruchs- und Geschmacksprobleme“, sagt Belinda Brüchner, Sprecherin der Stadtwerke Görlitz AG.

Aufgrund der sehr aufwendigen, umfangreichen Analytik, inklusive Einbindung externer spezialisierter Labore, dauere die Ursachenermittlung noch an.

Doch die gute Nachricht ist: Die Probleme sind flächendeckend behoben. „Wir gehen davon aus, dass die Lage vollständig stabilisiert werden konnte“, erklärt Belinda Brüchner. Der letzte, punktuelle Hinweis von Kunden sei am 10. Oktober eingegangen. „Zudem sind alle Wasserproben, die wir täglich nehmen, unauffällig in Bezug auf Geruchs- und Geschmacksprobleme“, sagt sie. Schon während die Probleme auftraten, hatten die Stadtwerke versichert, dass das Trinkwasser jederzeit gesundheitlich unbedenklich war und ist.

Andererseits geistern Berichte um die Welt, dass Medikamentenrückstände im Leitungswasser vielerorts ein immer größeres Problem seien. Bleibt also die Frage: Kann man das Görlitzer Leitungswasser bedenkenlos trinken? „Ja, unbedingt!“, sagt Belinda Brüchner. Trinkwasser sei in Deutschland das mit am besten kontrollierte Lebensmittel. Es unterliege strengen analytischen Verfahren. Die Sicherstellung der Trinkwasserqualität sei auch eine der wichtigsten Aufgaben der Görlitzer Stadtwerke. Deshalb bestehe ein engmaschiges Netz an umfangreichen, regelmäßigen Kontrollen und Überprüfungen auf Einhaltung der vorgeschriebenen Richtwerte.

Aktuelle Wasserproben und Analysen bestätigten, dass Medikamentenrückstände derzeit im Raum Görlitz noch keine Qualitätsbeeinträchtigung darstellen, sagt die Sprecherin. Trotzdem bewege das Thema Medikamentenrückstände, Spurenstoffe & Co. auch ihr Unternehmen: „Das wird künftig eine immer größere Rolle spielen.“ Ballungsgebiete würden bereits mit erhöhten Werten kämpfen. Auch die Görlitzer Stadtwerke müssten sich für die Zukunft wappnen und Maßnahmen ergreifen, um dem entgegenzuwirken. „Unsere Experten beschäftigen sich mit diesem Thema intensiv, um zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden“, sagt Belinda Brüchner: „Zurzeit werden weitere Aufbereitungsschritte untersucht und geplant.“ Aber generell gelte: Man müsse an der Quelle der Verschmutzung ansetzen. Was gar nicht erst in den Wasserkreislauf gelangt, müsse auch nicht in aufwendigen Verfahren aus dem Wasser gefiltert werden.

Mit ihrer Meinung stehen die Stadtwerke nicht allein. Selbst Heilpraktiker raten dazu, Görlitzer Leitungswasser zu trinken. Andreas Niedrig vom Demianiplatz zum Beispiel: „Trinkwasser zählt in Deutschland als Lebensmittel, insofern kann man dazu raten, es zu trinken.“ Er selbst macht das auch oft. Manchmal trinkt Niedrig auch Quellwasser. Es stammt aus natürlichen unterirdischen und schadstoffgeschützten Reservoiren und wird direkt am Ort der Quelle abgefüllt – ohne Pumpen. „Das ist die beste Wasserqualität der Welt“, sagt Niedrig. Was viele nicht wüssten: „Tafelwasser ist abgefülltes Leitungswasser.“

Auch die Heilpraktikerin Corry Costrau aus der Goethestraße trinkt Leitungswasser. Es sei dafür geeignet: „Die Stadtwerke müssen sich ja an Normen halten.“ Hinzu kommen aus ihrer Sicht weitere Vorteile. So sei es viel preiswerter als gekauftes Mineralwasser – und gesünder als Wasser aus Plasteflaschen. Die enthalten nämlich Weichmacher und geben diesen ab. „Der Weichmacher ist dann im menschlichen Körper nachweisbar.“ Ein weiteres Problem: Wasserflaschen müssen produziert und später recycelt werden. Das entfällt beim Leitungswasser. „Insofern ist es auch umweltfreundlicher“, sagt Corry Costrau.

Die Stadtwerke haben mal die Umweltbilanz bei der Herstellung von Trinkwasser und Mineralwasser verglichen, den sogenannten CO2-Fußabdruck. Ergebnis: Für einen Liter Trinkwasser werden 0,37 Gramm CO2 verbraucht, für einen Liter Mineralwasser 210,35 Gramm. Das kommt vor allem dadurch zustande, dass das Trinkwasser direkt aus dem Hahn kommt, ohne Flaschen und ohne Autos, die es liefern.

Auch die Stiftung Warentest rät zu Leitungs- statt Mineralwasser. Ein aktueller Bericht der Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass sich in stillem Mineralwasser häufig kritische Stoffe nachweisen lassen. In der Hälfte von 32 untersuchten Produkten stießen die Tester auf Krankheitserreger, Spuren aus der Landwirtschaft und Industrie oder andere problematische Stoffe. Leitungswasser hingegen sei günstig, unverpackt und streng kontrolliert.

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