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Wie die Talsperre Klingenberg atmet

Nachwuchswissenschaftler aus Freiberg erforschen die Gase, die das Wasser schluckt oder abgibt. Bald soll dabei auch ein Roboter helfen.

Von Franz Herz
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Mit diesen Messanlagen sind (v.l.) Karsten Gustav, Eric Röder und Lisa Drechsler auf der Talsperre Klingenberg die letzten Monate unterwegs gewesen.
Mit diesen Messanlagen sind (v.l.) Karsten Gustav, Eric Röder und Lisa Drechsler auf der Talsperre Klingenberg die letzten Monate unterwegs gewesen. © Egbert Kamprath

Leise surrt der Elektromotor und schiebt das Boot an den Landesteg neben der Staumeisterei an der Talsperre Klingenberg. Lisa Drechsler, Karsten Gustav und Eric Röder kommen von einer Messrunde auf dem Gewässer zurück. Sie studieren an der TU Bergakademie Freiberg Geo-Ökologie und schreiben ihre Masterarbeiten im Rahmen des Forschungsprojekts „Robotergestütztes Binnengewässer-Monitoring“. Die drei sprechen nur kurz von „RoBiMo“. Für ihre Arbeiten sind sie seit April regelmäßig auf dem Wasser in Klingenberg, um hier ihre Messungen zu machen. Am Mittwoch dieser Woche war der letzte Messtag und einer der längsten. 24 Stunden lang sind sie regelmäßig rausgefahren, haben Wasserproben genommen und Daten gesammelt. „Alle zwei Stunden waren wir draußen. Nachts um 2 Uhr, nachts um 4 Uhr, da herrscht dann völlige Ruhe hier“, schildert Karsten Gustav diese Arbeit.

Roboter muss Wind und Wellen standhalten

Das große Projekt, an dem verschiedene Institute der Bergakademie beteiligt sind, hat zum Ziel, die Wasserqualität in Seen in verschiedenen Tiefen und ohne Zeitverlust zu erkunden, beispielsweise die Gase zu erforschen, die das Wasser der Seen in die Umwelt abgibt oder aus dieser aufnimmt. Dazu müssen diese regelmäßig gemessen werden. Weil das mit Aufwand verbunden ist, will die Bergakademie ein Roboterschiff entwickeln. Damit können die Messungen dann automatisch erfolgen.

Das kann man sich ähnlich vorstellen wie die bekannten Rasenmäherroboter. Sie liegen am Ufer, wo sie geladen werden. Zu bestimmten Zeiten starten sie und steuern auf der Wasseroberfläche festgelegte Messpunkte an. Dabei soll dann auch eine Kette ins Wasser hängen, an der in verschiedenen Tiefen Sensoren angebracht sind. Die messen auch die Wasserqualität unter der Oberfläche. Das ist aber etwas kniffliger als beim Rasenmäher. Der Schwimmroboter darf sich auch von Wind und Wellen nicht stören lassen. Wenn er dann am richtigen Ort ist, soll all das automatisch erfolgen, was die Studierenden jetzt von Hand machen.

Lisa Drechsler untersucht mit dem durchsichtigen Messzylinder, welche Gase die Talsperre abgibt, welche sie aufnimmt.
Lisa Drechsler untersucht mit dem durchsichtigen Messzylinder, welche Gase die Talsperre abgibt, welche sie aufnimmt. © Egbert Kamprath

Sie stülpen einen Messzylinder auf die Wasseroberfläche, damit keine Luft rein- oder rauskann. Dann misst ein Sensor beispielsweise jede Sekunde den Gehalt an Kohlendioxyd. So kann man erkennen, ob das Wasser das Treibhausgas ausstößt oder welches schluckt. Mit einer Spritze füllen sie Gasproben in kleine Röhrchen. „Die werden dann im Labor mit dem Chromatografen weiter analysiert“, erklärt Lisa Drechsler.

Gase aus dem Wasser sind deutlich messbar

Was sich der Laie kaum vorstellen kann: Die Unterschiede, welche Gase aus der Talsperre austreten oder von dieser geschluckt werden, sind deutlich messbar. Das hängt von vielen Faktoren ab, von der Temperatur, der Sonneneinstrahlung, dem Wind. All das beeinflusst die Mikrolebewesen im Wasser und deren Stoffwechsel, also auch welche Gase sie aufnehmen oder abgeben.

Die drei Nachwuchsforscher auf der Talsperre Klingenberg haben die Aufgabe zu erkunden, welche Erkenntnisse sich aus solchen Messungen gewinnen lassen. Professor Jörg Matschullat betreut sie dabei. Lisa Drechsler, die aus Hof in Bayern stammt, erforscht die Respiration, sozusagen die Atmung des Stausees. Eric Röder aus Aue macht Messungen am Grund der Talsperre Lehnmühle, der vom Wasser überschwemmt wurde und jetzt wieder trockengefallen ist. Und Karsten Gustav, der aus Neubrandenburg stammt, erforscht die Nährstoffkreisläufe in der Talsperre Klingenberg.

Unterstützt werden sie dabei von den Mitarbeitern der Landestalsperrenverwaltung (LTV). Die haben den Studierenden ausnahmsweise erlaubt, mit dem Boot auf die Talsperre zu fahren. Auf dem Trinkwasserreservoir für die Weißeritzregion und Dresden ist das sonst strikt verboten. Auch hat die LTV das Elektroboot und eine Garage zur Verfügung gestellt. Außerdem bekommen die Freiberger von ihr auch noch Messdaten, die sie in ihrer Arbeit mit auswerten können.

Nachdem die drei Studierenden am Mittwoch ihre letzte Messfahrt in Klingenberg unternommen hatten, beginnt jetzt für sie die theoretische Phase ihrer Arbeit. Sie gehen ins Labor, Proben untersuchen, und setzen sich dann an ihre Computer, um die Ergebnisse auszuwerten und aufzuschreiben. Das wird sie die nächsten Monate beschäftigen. Ende des Jahres müssen sie ihre Arbeiten abgeben. Dann gibt es neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Talsperren Klingenberg und Lehnmühle. 

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