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Wie Partec von der Krise betroffen ist

Die Neubauten in der Görlitzer Südstadt werden später fertig. Die Auftragslage der Firma aber ist besser denn je.

Von Ingo Kramer
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Die zwei Neubauten von Sysmex Partec wachsen in der Görlitzer Südstadt zwischen Arndtstraße und Fichtestraße. Im Hintergrund ist das große Hauptgebäude der Firma an der Arndtstraße zu sehen – und hinten links der Turm der Kreuzkirche.
Die zwei Neubauten von Sysmex Partec wachsen in der Görlitzer Südstadt zwischen Arndtstraße und Fichtestraße. Im Hintergrund ist das große Hauptgebäude der Firma an der Arndtstraße zu sehen – und hinten links der Turm der Kreuzkirche. © André Schulze

Beim Richtfest im Januar waren noch alle optimistisch. Selbst Ministerpräsident Michael Kretschmer war zum Diagnostikunternehmen Sysmex Partec auf die Arndtstraße in der Görlitzer Südstadt gekommen, um eine Ansprache zu halten, an den zwei neuen Flachbauten hinter dem Partec-Hauptgebäude. Geschäftsführer Michael Esther freute sich, dass der Bau dank des milden Winters bis dahin im Zeitplan lag. „Ich hoffe, dass das auch so bleibt“, sagte er damals. Ende März sollten die Leichtbau-Gebäude fertig sein, ab 1. April sollten sie nach und nach bezogen werden.

Die Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Allerdings konnte Michael Esther damals auch noch nicht ahnen, mit welcher Wucht die Corona-Krise auf die ganze Welt hereinbrechen würde. Heute sagt er: „Wir haben aufgrund der Krise sechs Wochen Verzug.“ Fehlendes Baumaterial sei allerdings nicht das Problem. „Stattdessen leiden unsere Auftragnehmer darunter, dass ihre Arbeitskräfte aus Polen und Tschechien momentan nicht über die Grenze kommen.“ Somit sind aktuell nur die deutschen Kollegen da. „Jetzt müssen wir schauen, wie sich die Lage weiterentwickelt“, sagt der Geschäftsführer.

Neubauten sind miteinander verbunden

Die Neubauten stehen mittlerweile. Sie sind miteinander verbunden. Beide zusammen haben 1.200 bis 1.400 Quadratmeter Nutzfläche. Jetzt läuft der Innenausbau – allerdings langsamer als geplant. Auch ein paar Innenwände müssen noch gezogen werden. In Schwierigkeiten kommt Partec durch den Bauverzug nicht. „Ich hätte es gern bis Ende März geschafft“, sagt Michael Esther. Sechs Wochen würden sich aber überbrücken lassen: „Da müssen wir eben noch etwas länger in den beengten Räumen klarkommen.“ Teile der Produktion sollen vom alten Standort am Flugplatz in die Neubauten umziehen. Darüber hinaus holt das Unternehmen auch den weltweiten Versand nach Görlitz – in eines der neuen Gebäude. Bisher war er zum Teil in Hamburg angesiedelt, zum Teil in Japan. Künftig werden beide Teile in Görlitz sein.

Partec steht auch deshalb nicht unter Druck, weil ein Verkauf der Gebäude am Flugplatz aktuell nicht geplant ist. Die Firma muss dort also nicht dringend ausziehen. Bisher ist noch nicht entschieden, ob die Gebäude überhaupt verkauft werden.

Polnische Kollegen müssen zu Hause bleiben

Und es gibt noch eine gute Nachricht: Die Arbeit von Partec ist durch die Corona-Krise kaum betroffen. „Wir haben so viel zu tun, wie nie zuvor“, sagt Michael Esther. Einziges Problem: Die vier Mitarbeiter aus Polen und Tschechien, die normalerweise am Görlitzer Standort tätig sind, können ebenfalls nicht auf Arbeit kommen. Bei den beiden Büromitarbeitern sei das kein Problem: „Sie arbeiten vom Homeoffice in Polen aus.“ Die zwei Kollegen aus der Produktion hingegen fehlen. Aber da es nur zwei Mitarbeiter sind, sei es zu verschmerzen.

Die deutschen Bürokollegen sind ebenfalls im Homeoffice. In der Produktion sind die Räume groß genug, sodass sich dort niemand zu nahe kommt. Ein Gedränge gab es dort ohnehin noch nie, auch nicht vor der Corona-Zeit. Anfangs hatte Michael Esther Sorgen, dass es zu Logistik-Problemen kommen könnte, weil ausländische Fahrer fehlen. Das sei aber nicht der Fall. „Mein ganz persönlicher Dank gilt all unseren Kollegen, die mit großem Verantwortungsbewusstsein und Engagement die außergewöhnliche Krisensituation meistern und das Unternehmen am Laufen halten“, sagt Michael Esther.

Partec arbeitet nicht an Corona-Tests

Doch profitiert Sysmex Partec als Diagnostikunternehmen in irgendeiner Form von der Corona-Krise? Entwickelt oder produziert die Firma in Görlitz beispielsweise Corona-Tests? Immerhin macht der Euroimmun-Gründer und Görlitzer Kaufhaus-Investor Winfried Stöcker derzeit einen Corona-Selbsttest und injiziert sich Corona-Antigene. „Nein, wir nicht“, sagt Michael Esther. Das Mutterunternehmen Sysmex produziert in Japan einen Schnelltest, der Bestandteile des Virus’ nachweist. „Mit uns hier in Deutschland hat das aber nichts zu tun, wir arbeiten gar nicht an Corona-Themen“, erklärt der Geschäftsführer.

Sysmex Partec hat sich einen Namen gemacht mit diagnostischen Lösungen für Infektionskrankheiten in Entwicklungsländern, etwa HIV, Malaria und Tuberkulose, darüber hinaus auch mit Anwendungen und Verkäufen in der Biotechnologie. Inzwischen hat sich die Firma noch ein drittes Standbein aufgebaut: die klinische Durchflusszytometrie. Hier geht es um medizinische Diagnostik in Industrieländern, etwa für Blutkrebsdiagnostik und Stammzelltransplantationen. Gut 150 Leute arbeiten derzeit in Görlitz für Sysmex Partec, außerdem sechs in Leipzig und 26 in Münster.

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