Kontraste machen ein gutes Bild aus, die Ausgewogenheit zwischen Hell und Dunkel. Kontraste machen auch diese Fotosammlung von Daniel Biskup so einzigartig: Die frühen Neunzigerjahre in Ostdeutschland waren eine Zeit, in der sich Hell und Dunkel oft scharf und direkt nebeneinander abzeichneten – Aufbau und Verfall, Glück und Groll, Bunt und Grau, Jubel und Protest, Party und Tristesse.
Wer die Kontraste von heute verstehen will, kann aus diesen Fotos mehr lernen als aus manchen historischen oder soziologischen Abhandlungen. „Die Situation, die wir jetzt in Ostdeutschland durch Pegida, AfD oder die Unzufriedenheit vieler Ostdeutscher mit ihrer Entwicklung vorfinden, weil sie sich vom Westen missverstanden und nicht genug gewürdigt fühlen, brachte mich auf die Idee, nach den Ursachen zu fragen. Warum ist das so?“, sagt Daniel Biskup. Deshalb hat er nun, zum 30. Jahrestag des Mauerfalls, in seinem Archiv gekramt. Mehr als 400 bisher unveröffentlichte Fotografien aus den Jahren 1990 bis 1995 hat er für eine Ausstellung und einen Bildband zusammengetragen.
Die Kamera hatte er damals immer dabei. Viele Fotos entstanden nebenbei, ohne Auftraggeber, aus rein geschichtlich-fotografischem Interesse. „Sie können nur mit dem Wissen fotografieren, dass alltägliche Dinge in der langfristigen Betrachtung viel interessanter werden, weil sie irgendwann vergehen werden“, sagt Biskup.
In der Gesamtschau bietet sich ein Panoptikum der Nachwendezeit. Die Mutter, die ihren Kinderwagen in eine DDR-Fahne einwickelt. Die Mädchen, die mit „Wir-sind-das-Volk“-Shirts gegen die Schließung das Kaliwerks in Bischofferode protestieren. Die schicken Damen am Dresdner Taschenbergpalais. Die Jacken. Die Autos. Die Frisuren!
Ausstellung: Das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig zeigt noch bis 2. Februar 2020 Daniel Biskups Fotos unter dem Titel „Test The West“.