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"Stärker als der Tod ist die Liebe"

Vor fünf Jahren wurde die Gymnasiastin Anneli-Marie Riße bei Meißen brutal entführt und ermordet. Die Täter hatten zuvor aber ein ganz anderes Ziel.

Von Ulf Mallek
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Die Grabanlage mit der Engel-Statue aus weißem italienischen Marmor auf dem Friedhof in Sora, Gemeinde Klipphausen. Hier fand Anneli ihre letzte Ruhe.
Die Grabanlage mit der Engel-Statue aus weißem italienischen Marmor auf dem Friedhof in Sora, Gemeinde Klipphausen. Hier fand Anneli ihre letzte Ruhe. © Claudia Hübschmann

Meißen. Das große Familiengrab der Rißes liegt im gleißenden Sonnenlicht. Es ist schon Mitte August. Der Schatten der alten Bäume auf dem Friedhof neben der Kirche in Sora reicht nicht bis zur Grabanlage. Hier sind die Nachkommen der alten Gutsbesitzerfamilie begraben. Und seit fünf Jahren auch Anneli-Marie. Sie wurde am 13. August 2015 von zwei Männern brutal entführt und einen Tag später auf einem Bauernhof im Nachbarort Lampersdorf grausam ermordet.

Auf der linken Seite der Grabanlage steht eine weiße lebensgroße Statue. Ein Engel aus italienischem Marmor. Die Plastik gestaltete der Meissen-Künstler und Meisterschüler Maximilian Hagstolz. Der lächelnde Engel ist Anneli, und er soll Trost spenden.

Den hat die Familie auch bitter nötig. Noch immer leidet sie unter der grausamen Tat von zwei Männern, die aus Geldgier gehandelt haben und dabei recht dilettantisch vorgingen. Sie wollten 1,2 Millionen Euro erpressen, die Vater Riße auch tatsächlich auftrieb und in Annelis Sporttasche übergeben wollte. Doch da war die damals 17-Jährige bereits tot.

Der Haupttäter wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, der zweite zu achteinhalb Jahren Haft.

Das Grab der Familie Riße, die mit 17 Jahren ermordete Anneli-Marie Riße gehört dazu.
Das Grab der Familie Riße, die mit 17 Jahren ermordete Anneli-Marie Riße gehört dazu. © Claudia Hübschmann
Mit einem leichten Lächeln. Der Künstler Maximilian Hagstolz  schuf die lebensgroße Statue für die Grabanlage.
Mit einem leichten Lächeln. Der Künstler Maximilian Hagstolz  schuf die lebensgroße Statue für die Grabanlage. © Claudia Hübschmann
Eine Krone. Annelis Leitspruch war, was jetzt Familien-Credo der Rißes ist: "Hinfallen, aufstehen, Krönchen rücken und weiter gehen."
Eine Krone. Annelis Leitspruch war, was jetzt Familien-Credo der Rißes ist: "Hinfallen, aufstehen, Krönchen rücken und weiter gehen." © Claudia Hübschmann

Beim Prozess gegen die Täter vor dem Dresdner Landgericht kam noch ein interessantes Detail zur Sprache. Bevor sie begannen, das Umfeld der Familie Riße auszukundschaften, waren sie in Wilsdruff unterwegs. Dort wohnte der Industrielle und Multi-Millionär Heinz-Jürgen Preiß-Daimler. Er starb mit 80 Jahren im Februar dieses Jahres an einem Krebsleiden. Er galt als großzügiger Spender, vor allem für die Dresdner Uni-Klinik, für die Forschung gegen die heimtückische Krankheit. 

Haupttäter Markus B. hatte bereits im Januar 2015, so schreibt der Autor Thomas Schade in seinem Buch „Der Tod des Mädchens Anneli“, mit dem Auskundschaften der Industrieellen-Villa begonnen. Sein späterer Mittäter Norbert K. und noch eine weitere Person wollten sich aber an einer Entführung nicht beteiligen. Ob sie sich Sorgen um den Gesundheitszustand Preiß-Daimlers machten oder generell noch nicht bereit für Entführungen waren, bleibt offen.

Neben dem Marmor-Engel auf dem Soraer Friedhof liegt noch ein kleines weißes Kreuz mit einer Inschrift: Wo ich gehe / wo ich stehe / bist Du / mein Engel / in der Nähe. Und noch etwas weiter vorn ist wieder ein Engel neben einem Stein mit der Inschrift: Stärker als der Tod ist die Liebe.

Vater Uwe Riße sagte einmal, dass er auf seinem täglichen Weg zur Arbeit von Robschütz nach Sora über eine Kuppe fährt. Dort schaut für einen kurzen Augenblick Annelis Statue über die Mauer. Riße grüßt sie aus dem Auto heraus. Mit dem Tod der Tochter kann und will die Familie nicht abschließen. Die Furcht vor dem eigenen Tod hat sie jedoch verloren.