Nichts kündet mehr davon, was das Gebäude in der Paul-Mühsam-Straße früher einmal war. Es stehen nur noch der Keller und ein Stahlskelett.
Mitarbeiter der Firma Umweltservice Bautzen haben das Gebäude abgerissen. Eine Herausforderung war dabei die Entsorgung von Asbest. Dieser Stoff ist beim Bau des Gebäudes verwendet worden. Er kann Krebs auslösen, wenn Bestandteile von Asbest eingeatmet werden. Deshalb haben die Mitarbeiter mit Unterdruck und in Schutzausrüstung gearbeitet.
Das Gebäude beziehungsweise das, was davon noch übrig ist, wird verkauft. Über den Käufer will Alfons Dienel jetzt noch nichts sagen, weil der Kaufvertrag noch nicht unterschrieben ist. Dienel ist der Chef von der Kraftverkehrsgesellschaft "Dreiländereck" (KVG) und war vom Konzern Transdev beauftragt worden, den Verkauf des Gebäudes vorzubereiten. Dem Konzern gehören sowohl die KVG als auch die Niederschlesische Verkehrsgesellschaft (NVG) an, der das Grundstück in Weinhübel gehört.
Was genau der Käufer mit dem Stahlskelett vorhat, weiß Alfons Dienel nicht so genau. Nur das und der Keller bleiben stehen. "Er will es offensichtlich für ein neues Gebäude nutzen", sagt er.
SZ-Leser berichtet über Historie des Gebäudes
Das Gebäude in der Paul-Mühsam-Straße 1 ist etwa 1975 bezogen worden. Die SZ hatte beim Beginn des Abrisses schon einmal berichtet. Jetzt hat sich ein ehemaliger Mitarbeiter des Görlitzer Kraftverkehrs gemeldet und auf einen Fehler hingewiesen. Seinen Namen möchte der Mann aber nicht in der Öffentlichkeit bekannt geben.
Er berichtet, dass das Gebäude nicht wie von Alfons Dienel vermutet, als Kindergarten errichtet wurde. Dieser Eindruck sei vielleicht entstanden, weil das Gebäude in Raumzellenbauweise gebaut worden ist. Diese Zellen kamen unter anderem aus Dauban bei Niesky und aus Sörnewitz, erzählt der Mann.
Raumzellenbauweise war in der DDR üblich für Kindergärten. "Der Kindergarten in der Arndtstraße in Görlitz ist ein Beispiel dafür", sagt der SZ-Leser. Ähnlich wie heute bei der Containerbauweise, wurden die Raumzellen industriell gefertigt. "Alles, was drin sein musste - Fenster, Türen, Lichtschalter - , war es auch, sogar die Fußböden", berichtet der Mann. Die Raumzellen für das Görlitzer Verwaltungsgebäude kamen aus Sörnewitz, erinnert sich der Mann, der heute im Ruhestand in Görlitz lebt.
Er arbeitete seit 1966 in dem Betrieb. Das Gebäude in der Paul-Mühsam-Straße war schon immer Verwaltungsgebäude. In dem monolithisch errichteten Kellergeschoss gab es eine kleine Werkstatt sowie Wasch- und Duschräume für die Mitarbeiter und Sozialräume. Außerdem gab es in dem Gebäude im Erdgeschoss einen Speisesaal, wo das Mittagessen ausgegeben wurde. Auch die Einsatzabteilung für den innerstädtischen Busverkehr war im Erdgeschoss. In den oberen Etagen waren Verwaltungsräume für mehrere Betriebsbereiche zu finden, darunter für die Straßenbahn, die Spedition sowie den regionalen Busbetrieb.