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Warum soll Heberth Alvarado abgeschoben werden, Herr Schuster?

Vor Schülern in Sebnitz deutet Sachsens Innenminister eine Lösung für den Fall eines Venezolaners an. Und er erklärt sein Nein zum Cannabisgesetz.

Von Dirk Schulze
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Innenminister Armin Schuster (Mitte) am Goethe-Gymnasum Sebnitz. Jana Okdeh (l.) und Charleene Kurtze stellten die Fragen der Schüler.
Innenminister Armin Schuster (Mitte) am Goethe-Gymnasum Sebnitz. Jana Okdeh (l.) und Charleene Kurtze stellten die Fragen der Schüler. © Mike Jäger

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) hat sich persönlich zum Fall des von einer Abschiebung bedrohten Venezolaners Heberth Alvarado geäußert. Dieser lebt in Weißwasser, arbeitet in einer Fleischerei und wird dort laut Aussage des Unternehmens gebraucht. Schusters Innenministerium hatte einen Antrag der Härtefallkommission auf Bleiberecht vor wenigen Tagen abgelehnt.

Es handele sich dabei nicht um einen Härtefall, erklärte Schuster bei einer Fragerunde mit Schülern in Sebnitz. Ein Härtefall läge dann vor, wenn die zuvor damit beschäftigen Ausländerbehörden und Gerichte die Besonderheiten des Einzelfalls nicht ausreichend berücksichtigt hätten. Dies sei nicht erkennbar.

Bei der aktuellen Diskussion handele es sich vielmehr um einen Versuch der Linkspartei, ihn als "herzlosen Innenminister" darzustellen - verbunden mit der Aufforderung das Recht zu biegen. Das werde er nicht tun, erklärte Armin Schuster.

Der seit 2022 in Weißwasser lebende Venezolaner hatte im August 2023 einen Abschiebungsbescheid erhalten. Das Verwaltungsgericht Dresden lehnte seinen Eilantrag dagegen ab. Die sächsische Härtefallkommission hatte ein Bleiberecht empfohlen. Die Linken-Abgeordnete Juliane Nagel machte den Fall öffentlich.

Die Ablehnung als Härtefall bedeute jedoch nicht, dass der Betroffene sofort abgeschoben werde, erklärte der Innenminister. In Sachsen würden mit Priorität die Ausländer abgeschoben, die straffällig geworden seien und deren Identität unklar sei. Dies sei bei Alvarado nicht der Fall.

Schuster deutete zudem eine Möglichkeit an, wie sich die Situation lösen ließe. In seinem derzeitigen Job bei einer Fleischerei sei der Venezolaner nicht als Fachkraft anerkannt. Würde er eine Ausbildung absolvieren, könne sich dies ändern.

Warum Sachsens Innenminister die Cannabis-Legalisierung ablehnt

Der sächsische Innenminister war am Montag zu einer Fragerunde ans Sebnitzer Goethe-Gymnasium gekommen. Die Schüler hatten vorher Fragen gesammelt, mit denen Schülersprecherin Charleene Kurtze (11. Klasse) und Jana Okdeh (12. Klasse) ihn dann knapp anderthalb Stunden konfrontierten.

Ein anderes aktuelles Thema, zu dem Armin Schuster sich in Sebnitz erklären musste, war sein Nein zum Cannabisgesetz der Bundesregierung. Er hatte kürzlich angekündigt, notfalls dagegen zu klagen. Was wollen Sie damit bezwecken?, wollten die Schüler wissen.

Er sei dreißig Jahre Polizist gewesen, erklärte Armin Schuster, da habe er genug durch Drogensucht verursachtes Leid gesehen. Deshalb sei er persönlich gegen eine Legalisierung von Cannabis. Als Innenminister sehe er zudem keine Chance, dieses "Bürokratiemonster", wie er das Gesetz bezeichnete, wirksam zu kontrollieren.

In einem Mehrpersonenhaushalt könne die Polizei die erlaubten 50 Gramm beziehungsweise drei Pflanzen pro Person kaum zweifelsfrei zuordnen. Zudem fehle es an Grenzwerten für den Straßenverkehr. Die Unfallzahlen würden steigen, prophezeite der Innenminister, außerdem reichten die Plätze in der Suchtberatung nicht.

Dass mit den vorgesehenen Cannabis Social Clubs dann Vereine die Droge verkaufen sollen, halte er für den Witz schlechthin. Sachsens Innenminister schoss gegen den Bundesgesundheitsminister: "Der Lauterbach hat ja zugegeben, dass er das Zeug schon genommen hat. Man merkt's", sagte Schuster.

Sein Ziel sei es, das Cannabisgesetz noch zu verhindern, mindestens aber die Einführung bis zum 1. September zu verzögern. Laut Beschluss des Bundestages soll es am 1. April in Kraft treten. Sachsens Innenminister will, dass alle 16 Länder im Bundesrat über das Gesetz abstimmen, da die Länder zuerst von den Auswirkungen betroffen seien. Die Bundesregierung hält das Gesetz für nicht zustimmungspflichtig.

Zunächst könnten die Bundesländer den Vermittlungsausschuss anrufen. Dafür haben die CDU-geführten Länder keine Mehrheit. Laut Schuster zeichne sich aber Unterstützung auch aus anderen Ländern ab.

Schusters Sicht auf Europawahl und AfD

Der eigentliche Anlass für den Ministerbesuch war aber ein EU-Projekttag am 4. März. Das Goethe-Gymnasium Sebnitz führt den Titel Europaschule. Innenminister Schuster warb für die europäische Idee. "Seit es die Europäische Union gibt, ist Frieden garantiert", sagt Schuster, der von der deutsch-französischen Grenze stammt. Zudem sei Deutschland mit seinen Exporten der größte wirtschaftliche Profiteur der EU.

Mit Blick auf die anstehende Europawahl am 9. Juni wollten die Sebnitzer Schüler wissen, ob Sachsens Innenminister rechtsextreme Parteien für eine Gefahr für die Zukunft der EU halte. Im Gegensatz zu Landtagswahl dürfen bei der Europawahl auch 16-Jährige schon wählen. Eine geringe Wahlbeteiligung stärke die extremen Kräfte, sagte Schuster. Die Weimarer Republik sei daran gescheitert, dass die Mitte der Bevölkerung zu lange tatenlos zuschaut habe. Die seit zwei Monaten deutschlandweit stattfindenden Demonstrationen gegen Rechtsextremismus stimmten ihn zuversichtlich.

In Bezug auf die Landtagswahl in Sachsen im September wies der CDU-Politiker, der in der Sächsischen Schweiz als Direktkandidat antritt, darauf hin, dass es momentan keine Partei gebe, die mit der AfD eine Koalition eingehen würde. "Jede Stimme bei der Rechtsaußenpartei wird die Regierungsbildung erschweren."