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Sächsische Freie Wähler hoffen auf Bayern-Effekt

Der Chef der Freien Wähler, Thomas Weidinger, will bei der Landtagswahl 2024 mit seiner Partei acht bis zehn Prozent erreichen. Er schaut besonders auf den ländlichen Raum.

Von Simon Lehnerer
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Thomas Weidinger ist seit März 2021 Landesvorsitzender der Freien Wähler in Sachsen.
Thomas Weidinger ist seit März 2021 Landesvorsitzender der Freien Wähler in Sachsen. © Hendrik Schmidt/dpa

Nach ihrem jüngsten Erfolg bei der bayrischen Landtagswahl (15,8 Prozent) wollen die Freien Wähler (FW) auch in Sachsen angreifen. Lange spielte die Partei, die sich selbst bürgernah nennt, nur auf kommunaler Ebene eine Rolle. Ihre Besonderheit ist, dass sie dort in Form von Verbänden und Vereinen auftritt. Ziel ist nun, bei der Landtagswahl im September 2024 in den Landtag einzuziehen.

Derzeit sitzen die Freien Wähler in zwei Landesparlamenten: Rheinland-Pfalz und Bayern. In Bayern konnten sie trotz oder wegen der sogenannten Aiwanger-Affäre einen deutlichen Zuwachs verzeichnen, inklusive zweier Direktmandate. In Sachsen erreichten die Freien Wähler zur Landtagswahl 2019 auch ihr bis dato bestes Ergebnis mit 3,4 Prozent. Fünf Jahre zuvor waren es noch 1,6 Prozent. Bei der Landtagswahl am 1. September hoffen sie nun auf acht bis zehn Prozent, was allerdings sehr optimistisch scheint.

Anders als in Bayern agieren die Freien Wähler in Sachsen bisher nicht als geschlossene Partei, sondern mit Verbänden und Vereinen. „Auf kommunaler Ebene sitzen wir mit 3.000 Mandatsträgern in den Gemeinderäten, Stadträten und Kreistagen“, sagt Landeschef Thomas Weidinger. Diese wollen sie zusammenbringen. Außerdem haben er und seine Kollegen in Vorbereitung auf den Wahlkampf mit rund 50 Bürgermeistern in ganz Sachsen gesprochen. Unter ihnen seien auch mögliche Kandidaten für die Wahl.

"Angebotspolitik statt Verbotspolitik"

Der Umbruch bei den sächsischen Freien Wählern begann 2020, viele Vorstände verließen die Partei und im März 2021 stellten sie sich mit dem Juristen Thomas Weidinger als Chef neu auf.

„Wir wollen eine Angebotspolitik statt der Verbotspolitik, die gerade stattfindet“, sagte Bernd Schulze, stellvertretender Vorsitzender. Bisher würden Entscheidungen in der Politik oft nach Ideologie getroffen und nicht nach dem tatsächlichen Bedarf der Bürger. Gute Anträge müssten angenommen werden, egal ob sie „von links oder rechts eingereicht werden“.

Ihre kommunale Basis nehmen die Freien Wähler als Vorteil und als Nachteil war. Einerseits leiden sie als Partei unter einem Wahrnehmungsproblem, da sie durch teils verschiedene Namen und Logos in vielen Teilen Sachsens nicht als Einheit erkannt werden. Andererseits hilft ihnen die kommunale Verankerung. „Wir unterscheiden uns, weil wir keine übergeordnete Zentrale haben, die den Kurs vorgibt. Wir können die Dinge von unten anpacken und nach oben bringen, nicht andersrum“.

Nach dem Umbruch begannen die Freien Wähler in Absprache mit Bürgermeistern und Stadträten ihre Schwerpunkte festzulegen. „Wir hatten damals viele Videokonferenzen, haben die Zwischenergebnisse zusammengetragen, in großer Gruppe diskutiert und das Programm dann zusammen mit 15 Bürgermeistern fertiggestellt“, sagte Weidinger. Offiziell verabschiedet wird es am 21. Oktober in Limbach-Oberfrohna.

In ihrem Programm legen sie den Fokus auf den ländlichen Raum. Dieser müsse sowohl für Familien als auch für Unternehmen attraktiver werden. Die Kommunen sollen mehr finanzielle Mittel erhalten und diese nach eigenem Ermessen einsetzen dürfen. Fördermittelprogramme seien zu kompliziert und die Bürokratie verhindere oftmals, dass Gelder an die richtigen Stellen fließen.

Als Spitzenkandidat für den Wahlkampf wünschen sich die Freien Wähler den Grimmaer OB Matthias Berger (parteilos). Ob er antreten wird, ist noch unklar. Eine Option für ein politisches Amt sei neben Weidinger und Schulze der Ex-CDU-Landtagsabgeordnete und ehemalige Staatssekretär des Innenministeriums Günther Schneider. Auf Nachfrage sagt Schneider, er fühle sich „bei den Freien Wählern zu Hause“ und sehe seine Aufgabe als „strategischer Berater und Weggefährte“. Endgültige Entscheidungen fallen auf dem Parteitag am 6. Januar.