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Nach Klemperer-Abend: Erneut Streit um Lesung der Freien Wähler in Dresden

Eine von den Dresdner Freien Wählern veranstaltete Klemperer-Lesung mit Uwe Steimle drohte im Eklat zu enden. Jetzt prüft das Rathaus ein Verbot der Folge-Veranstaltung.

Von Dirk Hein
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Über eine Lesung der Freien Wähler im Landhaus gibt es erneut Streit.
Über eine Lesung der Freien Wähler im Landhaus gibt es erneut Streit. © René Meinig

Dresden. Das zeitweise Verbot einer Lesung von Victor Klemperers Werk "LTI" mit Uwe Steimle hatte im November 2023 im Rathaus der Landeshauptstadt zu einem Machtkampf auf offener Bühne geführt. Jetzt droht neues Ungemach.

Offener Streit um Steimle-Lesung Ende 2023

Rückblick: Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke) hatte alle Fraktionen im Juni 2023 dazu aufgerufen, sich an den Gedenkveranstaltungen am 9. November anlässlich des 85. Jahrestag der antisemitischen Pogrome in Dresden zu beteiligen. Die Freien Wähler/Freien Bürger im Dresdner Stadtrat wollten mit einer Lesung von Victor Klemperers Werk "LTI" Teil der Veranstaltungen sein.

Doch das Podium war von Anfang an provokant. "Dresdner Prominente, wie Arnold Vaatz, Antje Hermenau, Uwe Steimle" waren als Vorleser angekündigt. Steimle wurde vor einigen Jahren unter anderem antisemitischer Äußerungen bezichtigt. Auch der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz stößt immer wieder mit polemischer Kritik an.

Zuerst wollten sowohl der Verlag von Victor Klemperer, als auch Bürgermeisterin Klepsch die Lesung öffentlichkeitswirksam verhindern. Später machten beide einen Rückzieher. Die Lesung fand statt, der große Saal im Landhaus war mit 230 Plätzen ausgebucht, 1.000 kostenlose Tickets hätten vergeben werden können.

Erneut Aufregung um Lesung im Landhaus

Dieses Jahr will die Fraktion eine weitere Lesung stattfinden lassen. Am 26. April soll anlässlich des 125. Geburtstags und des 50. Todestags von Erich Kästner in diesem Jahr unter dem Titel "Es gibt chronische Aktualitäten" aus dessen Drama "Die Schule der Diktatoren" gelesen werden.

Die Fraktion hat sich in Vorbereitung darauf die notwendige Genehmigung durch den Verlag von Erich Kästner bereits eingeholt. Weil die Veranstaltung erneut im Festsaal des Landhauses an der Wilsdruffer Straße stattfinden soll, wurde zudem die Saal-Nutzung bei den dafür Verantwortlichen im Rathaus angefragt. "Lange Zeit haben wir gar nichts gehört, auf Nachfrage wurde uns dann mitgeteilt, dass momentan durch das Rechtsamt der Stadt geprüft wird, inwieweit die Durchführung von Kulturveranstaltungen überhaupt zur Stadtratsarbeit gehört", sagt Fraktionsgeschäftsführer Thomas Blümel.

Seine Fraktion sieht darin einen erneuten Versuch, vor allem von Kulturbürgermeisterin Klepsch, die Arbeit der in Teilen umstrittenen Fraktion von Fraktionschef Jens Genschmar zu erschweren. "Es scheint, die Kulturbürgermeisterin verhindert Kultur. Wir haben mit der Klemperer-Lesung gezeigt, dass wir solche Veranstaltungen transparent und ohne Beanstandungen durchführen können", sagt Stadträtin Susanne Dagen.

Was Fraktionen dürfen - und was nicht

Um ihre Arbeit zu erledigen haben alle Fraktionen im Dresdner Rat ein eigenes Budget, das umso größer ist, je mehr Räte der Fraktion angehören. Von diesem Geld werden Mitarbeiter und Sachkosten bezahlt. Mit einigen Einschränkungen zulässig ist dabei laut der Fraktionsrechtsstellungssatzung der Stadt, "Öffentlichkeitsarbeit, einschließlich Repräsentation und Veranstaltungen".

Davon ausgeschlossen sind die sechs Wochen vor anstehenden Wahlen, also die heiße Wahlkampfzeit. Auch in der Vorwahlkampfzeit gibt es Einschränkungen. Die Freien Wähler wollen an der Veranstaltung festhalten und notfalls rechtlich gegen eine Entscheidung der Stadt vorgehen. Das Rathaus bestätigte, "dass die geplante Veranstaltung durch das Rechtsamt geprüft wird. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen, weshalb dazu noch keine Informationen gegeben werden können", sagt Stadtsprecher Alexander Buchmann.