Jerusalem/Waldheim. Rund 4.500 Deutsche haben sich bei der Deutschen Botschaft in Tel Aviv gemeldet. Sie hoffen auf einen Flug nach Hause. Auf der Krisenvorsorgeliste „Elefand“ stehen auch Kathrin Schneider und Ines Graeber aus Waldheim. Die Freundinnen hatten sich auf einen erlebnisreichen Urlaub in Israel gefreut. Doch der verläuft nun ganz anders als geplant.
Immer wieder postet Kathrin Schneider in den sozialen Medien Bilder und kurze Texte. Damit informiert sie die Familie und Freunde, die sich Sorgen um das Wohlergehen der beiden Frauen machen.
Vor einer Woche sind sie mit Mitgliedern des Vereins Sächsische Israelfreunde in das Land gereist, das von Juden, Christen und Muslimen als das Heilige Land der Bibel angesehen wird. Der Verein kümmert sich seit 20 Jahren um Holocaustopfer, schickt Handwerker nach Israel, die Wohnungen renovieren und hat Suppenküchen aufgebaut, erzählt Kathrin Schneider bei einem Telefonat mit unserer Zeitung.
Handy-App zeigt Raketeneinschläge
Der Start am 4. Oktober sei sehr positiv gewesen. Am See Genezareth haben die Waldheimerinnen bei einem jüdischen Ehepaar gewohnt und mit diesem Schabbat gefeiert. Das Paar sei froh gewesen, dass es seit dem Jom-Kippur-Krieg im Jahr 1973 bis auf ganz seltene Geschosse aus dem Gaza-Gebiet in Israel ruhig geblieben ist.
„Als wir am nächsten Morgen gefrühstückt haben, hat eine Warn-App auf dem Handy immer wieder Raketeneinschläge gezeigt. Das war sehr bedrückend – wie in einem falschen Film“, sagt Kathrin Schneider. Die erwachsenen Kinder der jüdischen Familie, die zum Schabbat ihre Eltern besucht haben, kämpfen inzwischen gegen die Angriffe auf den Gazastreifen.
Für die achtköpfige Reisegruppe aus Sachsen ging die geplante Tour vorerst weiter. Sie trafen den 88 Jahre alten Josef, der als Sechs- bis Zehnjähriger im KZ Bergen-Belsen inhaftiert war. Sie besuchten eine Suppenküche, die Klagemauer in Jerusalem und die Krypta einer Kirche.
Dorthin kehrten sie zurück, als die Handy-App erneut Alarm schlug. „Die touristischen und Pilgerstätten, die sonst überfüllt sind, sind jetzt leer. Viele Reisegruppen sind bereits abgereist. Neue kommen nicht ins Land“, so Kathrin Schneider. Geschäfte und Basare, die geschlossen hatten, wurden am Dienstag teilweise wieder geöffnet. Die Begegnungen und Gespräche seien besonders.
Am Dienstagabend klingt die Waldheimerin noch optimistisch. Da Jerusalem eine halb arabische Stadt ist, hält sie es für wenig wahrscheinlich, dass die Stadt bombardiert wird. Von der Botschaft seien sie informiert worden, dass am Mittwoch Busse von Tel Aviv nach Amman fahren.
Dort könnten sich die Touristen selbst um einen Flug kümmern. „Ein anderer Reiseleiter hat uns aber davon abgeraten. Der Flughafen ist überlastet und die Hotels dort sind überbucht“, sagt sie.
Geteilte Stimmung und eine Entscheidung
Die Stimmung in der Gruppe reiche von ängstlich bis zuversichtlich. Alle 15 Minuten erhielten die Sachsen WhatsApp von besorgten Freunden in der Heimat, die sie auffordern, so schnell wie möglich Israel zu verlassen. Aber eigentlich wartet noch ein weiteres Quartier auf die Gruppe.
Das liegt am Toten Meer, also noch weiter vom Kampfgebiet entfernt. Und eine Reisegruppe aus Plauen, die von dort kam, habe erklärt, dass die Festung Masada, die auf dem Besuchsprogramm steht, geöffnet habe. Nach einer zweistündigen Diskussion habe sich die Gruppe entschieden, auch noch dorthin zu fahren.
Am Mittwochmorgen ist die Situation aber eine ganz andere. Deutschland hat nun doch Sonderflüge für Touristen in Israel angekündigt. Die kleine sächsische Reisegruppe hofft, in einem Flieger Plätze zu bekommen. „Es ist bedrückend, so etwas mitzuerleben“, sagt Kathrin Schneider.