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Polizei ermittelt nach Angriff auf Auto von Claudia Pechstein

Nach ihrem vieldiskutierten Auftritt in Uniform wurde Claudia Pechstein scharf kritisiert. Nun gab es offenbar einen Anschlag auf das Auto ihres Lebensgefährten. Zuvor erhielt sie für ihre Rede erneut Rückendeckung von Sachsens Regierungschef Kretschmer.

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Claudia Pechstein war am vergangenen Wochenende bei einer CDU-Veranstaltung in ihrer Bundespolizei-Uniform aufgetreten und wurde dafür scharf kritisiert.
Claudia Pechstein war am vergangenen Wochenende bei einer CDU-Veranstaltung in ihrer Bundespolizei-Uniform aufgetreten und wurde dafür scharf kritisiert. © Michael Kappeler/dpa

Dresden/Berlin. Nach einer Beschädigung ihres Autos haben die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein und ihr Partner Anzeige bei der Polizei erstattet. Zwischen Dienstagabend und Mittwochabend habe es eine Angriff auf ihren Wagen gegeben, sagte Pechsteins Lebensgefährte Matthias Große am Mittwochabend der Deutschen Presse-Agentur. Er habe Anzeige erstattet. Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung berichtet. Große sagte, die Seitenscheibe auf der Fahrerseite sei durch einen "schussähnlichen Krater" beschädigt.

Die Berliner Polizei bestätigte, dass online über die Internetwache der Behörde Anzeige erstattet wurde. Es werde wegen des Verdachts der Sachbeschädigung an einem Fahrzeug ermittelt. Weitere Angaben machte ein Polizeisprecher nicht. Auch Auskünfte zum Anzeigenerstatter gab er mit Verweis auf Persönlichkeitsrechte nicht.

"Ich kann mir vorstellen, dass das ein Anschlag auf mich war und dass er im Zusammenhang mit meinem Auftritt beim CDU-Konvent am vergangenen Wochenende steht", sagte Pechstein der "Bild". "Es ist schockierend und befremdend, dass so etwas passiert." Große betonte, dass sich das Paar davon nicht einschüchtern lasse. "Wir haben vor der Auseinandersetzung keine Angst", sagte er der dpa.

Pechstein war am vergangenen Wochenende bei einer CDU-Veranstaltung in ihrer Bundespolizei-Uniform aufgetreten. Dabei hatte sie unter anderem auch Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber angemahnt und das mit mehr Sicherheit im Alltag begründet. Nachher wurde ihr Populismus unterstellt. Auch für das Tragen der Uniform wurde sie kritisiert, die Bundespolizei leitete deswegen eine dienstrechtliche Prüfung ein.

Pechstein-Auftritt: Kretschmer kritisiert "Kultur des Abkanzelns"

Von Seiten führender Unionspolitiker erhielt sie Rückendeckung - unter anderem vom sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Sachsens Regierungschef hatte am Mittwoch für eine offene politische Debatte in Deutschland geworben und eine "Kultur des Abkanzelns" kritisiert. "Wir müssen klar im Ton und anständig in der Sache argumentieren", sagte er der dpa. Es gebe aber inzwischen die Erscheinung, dass Menschen abgekanzelt und diskreditiert werden, wenn sie eine andere Meinung äußern als man selbst hat. "Das geht so nicht. Das sorgt für ein schwieriges gesellschaftliches Klima." "Wir werden uns schon der Anstrengung unterziehen müssen, uns sachlich über Probleme auszutauschen und uns gegenseitig zu überzeugen. Ein solcher Diskurs ist zwingend geboten", sagte der Regierungschef.

Meinungsäußerungen wie die von Claudia Pechstein müsse man aushalten können. "Wenn man das vernünftig diskutiert, wird es vielleicht Punkte geben, wo man nicht übereinstimmt, weil die Argumente auch nicht richtig sind. Dann läuft man aber nicht Gefahr, Menschen zu stigmatisieren. Wir müssen mehr Toleranz aufbringen."

Kurz darauf reagierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit einer Gegenfrage an Michael Kretschmer. "Hat nicht Frau Pechstein Millionen friedliche Menschen mit Migrationshintergrund, vom Pult und in Uniform, abgekanzelt?", schrieb Lauterbach via Twitter.

Kretschmer hat bereits am Dienstag angekündigt, sich demnächst mit der Sportlerin treffen zu wollen. Unlängst habe er auch eine spannende Diskussion mit dem Leipziger Professor Dirk Oschmann geführt, sagte Kretschmer am Mittwoch. "Das war für alle Beteiligten ein interessanter Abend, wir sind schlauer nach Hause gegangen als wir gekommen sind. Das ist doch das Ziel der Übung." Oschmann hatte mit seinem Buch "Der Osten - eine westdeutsche Erfindung" für Aufsehen gesorgt.

Sachsens Ministerpräsident hatte Anfang der Woche bereits Kritik am Auftritt von Eisschnellläuferin Claudia Pechstein in Polizeiuniform auf dem CDU-Parteikonvent zurückgewiesen. Es sei „schade“ und „ein schlechtes Signal“, dass nur über die Uniform diskutiert werde, aber nicht über die Inhalte der Rede. „Ich finde, man muss mit den Aussagen vernünftig umgehen und in der Breite darüber nachdenken“, sagte Kretschmer am Dienstagmittag. Dies gelte auch für Pechsteins Aussagen zur Migrationspolitik. „Es ist eine andere Frage, ob die Uniform richtig war oder nicht.“

Die Wintersportlerin ist Bundespolizei-Beamtin. Sie trat am Samstag auf einem CDU-Konvent in Berlin in Uniform auf und sorgte damit am Wochenende für Diskussionen. Beamte unterliegen nach dem Beamtenrecht der Neutralitätspflicht. Die Bundespolizei leitete in der Folge eine dienstrechtliche Prüfung ein.

In ihrer Rede hatte Pechstein unter anderem für eine Stärkung des Vereins- und Schulsports geworben. Sie mahnte auch Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber an. Das sorge für mehr Sicherheit im Alltag. Öffentliche Verkehrsmittel "ohne ängstliche Blicke" nutzen zu können, gehöre zu Problemen, die besonders Ältere und Frauen belasteten. Verbesserungen dort sollten wichtiger sein, "als darüber nachzudenken, ob wir ein Gendersternchen setzen oder ob ein Konzert noch deutscher Liederabend heißen darf oder ob es noch erlaubt ist, ein Zigeunerschnitzel zu bestellen", sagte Pechstein.

Pechstein: "Kein ausdrückliches Verbot"

Andere sächsische CDU-Politiker sehen den Auftritt kritischer, darunter Ex-Bundesinnenminister Thomas de Maizière. "Ich hätte ihr diese Formulierung nicht empfohlen, ich hätte ihr übrigens auch empfohlen, das ohne Uniform zu machen", sagte de Maiziere am Sonntagabend im ZDF-heute journal.

Pechstein hatte am Wochenende auf dem CDU-Konvent unter anderem gesagt, dass wenn man abgelehnte Asylbewerber abschieben würde, dann würden Ältere und Frauen "ohne ängstliche Blicke in der Bahn auskommen". De Maizière fügte hinzu: "Dass es gerade in Großstädten viele Menschen gebe, die Angst haben, das ist so."

Die Olympionikin selbst hat Kritik an ihrem Auftritt bei einer CDU-Veranstaltung in Polizeiuniform zurückgewiesen. Die Eisschnellläuferin sagte der "Bild"-Zeitung (Montag), sie sei kein CDU-Mitglied, sondern bei der CDU zu Gast gewesen - "und zwar als Sportlerin, Beamtin und Bundespolizistin". Gemäß Polizeidienstvorschrift sei das Tragen der Uniform außerhalb des Dienstes erlaubt und nur bei Krankheit oder der Ausübung eines öffentlichen Ehrenamtes verboten, sagte sie weiter. "Ein ausdrückliches Verbot des Uniformtragens auf Parteiveranstaltungen besteht nicht", so Pechstein.

Pechstein-Auftritt: Kritik von der Gewerkschaft der Polizei

Pechstein sagte der "Bild" weiter, es sei ihr eine Ehre, die Uniform zu tragen und sie würde dies auch wieder tun. Ihren eigenen Angaben zufolge hatte Pechstein laut "Bild" im Vorfeld des Auftritts sowohl einen Gewerkschaftsvertreter der Bundespolizei als auch einen Vorgesetzten angefragt. Der Auftritt in Uniform sei ihr freigestellt worden, so Pechstein.

Aus der Gewerkschaft der Polizei gibt es Kritik an dem Auftritt. Der Vorsitzende der Gewerkschaft mit Zuständigkeit für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, hält ihn für problematisch - auch wenn sich schließlich bestätigen sollte, dass Pechstein eine Genehmigung für das Tragen der Uniform auf der Parteiveranstaltung hatte.

"Wir als Polizeibeamte unterliegen der Neutralitätspflicht, die von Frau Pechstein beim Grundsatzkonvent der CDU gemachten Aussagen könnten als die der Bundespolizei verstanden werden. Das ist ein Problem", sagte Roßkopf der "Welt". "Da sie sich außerdem zu Sachverhalten geäußert hat, die sehr sensibel sind und in unserer Gesellschaft äußerst kontrovers diskutiert werden, ist es umso unglücklicher, das in Uniform getan zu haben." Ähnlich äußerte er sich beim Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Merz: Pechsteins Auftritt war "brilliant"

Davor hatte bereits CDU-Chef Friedrich Merz die Kritik zurückgewiesen. Er sprach am Sonntagabend von einem "brillanten" Auftritt Pechsteins. Sie habe aus ihrer Erfahrung gesagt, wie wichtig Vereine und Breitensport seien. Diese Aussage interessiere ihn wirklich und nicht das Äußere.

Pechstein gewann bei Olympischen Winterspielen unter anderem fünfmal die Goldmedaille. Die Sportlerin war 2021 für die CDU in Berlin bei der Bundestagswahl angetreten, jedoch nicht ins Parlament eingezogen. (dpa)