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Wegen Äußerung zur AfD: Spitzengenossin steht in der Kritik

Ist es ein "normales Vorgehen", wenn die CDU die Unterstützung der AfD in Kauf nimmt? In der Linken ist darüber Streit entbrannt.

Von Thilo Alexe
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Fraktionschefin Amira Mohamed Ali steht im Zentrum einer heftig geführten Debatte in der Linken.
Fraktionschefin Amira Mohamed Ali steht im Zentrum einer heftig geführten Debatte in der Linken. © dpa/Carsten Koall

Selbst für die Linke ist diese Debatte ungewöhnlich scharf. Im Fokus: Thüringen, die scheidende Bundestagsfraktionschefin Amira Mohamed Ali und die AfD. Am Dienstag verteidigte Ali auf einer Pressekonferenz die CDU in Erfurt, die die Senkung der Grunderwerbsteuer mit Hilfe von FDP und AfD durchgesetzt hatte: „Was die Union hier gemacht hat, ist einfach ganz normales parlamentarisches Vorgehen.“ Die Thüringen-CDU, so Mohamed Ali, habe als Opposition einen Antrag eingebracht, „und die AfD hat dem zugestimmt“. Hätte sie ihn zurückziehen sollen, „nachdem die Falschen zugestimmt haben“? Das sei „einigermaßen absurd“, findet die Linke.

In der Partei, deren internes Klima von Richtungskämpfen und der drohenden Abspaltung von Sahra Wagenknecht samt Anhängern geprägt ist, ließ die Kritik nicht lange warten. Bundeschef Martin Schirdewan widersprach mit deutlichen Worten. Die „gezielte Kooperation“ der Thüringer CDU mit der AfD von Björn Höcke sei kein normales Vorgehen im Parlament, sondern „unentschuldbar“: „Ein Blick in die Geschichte zeigt, was das Einreißen der Brandmauer zur extremen Rechten bedeutet.“

Auch der ebenfalls scheidende Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch sah sich zu einer Klarstellung veranlasst. „Das Vorgehen der CDU Thüringen ist und bleibt zu verurteilen“, schrieb er auf der vormals als Twitter bekannten Plattform X.

Parteivize Ates Gürpinar postete dort das Linkenlogo mit dem Slogan: „Wir sind die Brandmauer“. Für die sächsische Abgeordnete Caren Lay ist das Statement ihrer Fraktionschefin ein „handfester Skandal“.

Bemerkenswert an den Äußerungen ist auch, dass Mohamed Ali damit ziemlich deutlich dem Erfurter Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) widersprach. Er hatte vor der Abstimmung die CDU gewarnt und in dem zugrunde liegenden Haushaltsstreit um Steuern und Familienförderung eine Lösung in Aussicht gestellt.

Ali jedenfalls veröffentlichte schließlich eine Präzisierung ihrer Aussagen. „Selbstverständlich“ verbiete sich eine Zusammenarbeit mit der „in großen Teilen rechtsextremen“ AfD. Allerdings dürften sich die anderen Parteien nicht danach ausrichten, was diese zu ihren Anträgen sage und sich so in „Geiselhaft“ nehmen lassen. Zudem sollten sie sich anstelle von Selbstbeschäftigung „selbstkritisch“ fragen, warum die AfD im Umfragehoch sei.

Der Passus zur AfD klingt wie bei Wagenknecht. Und Mohamed Ali gilt innerhalb der Fraktion als Vertraute der abwanderungswilligen Politikerin. Daher spekulieren mehrere Linke, dass Mohamed Ali ihren Wechsel zur noch nicht gegründeten Wagenknecht-Partei vorbereite. Der Dresdner Linkenstadtrat Christopher Colditz bezeichnete sie bereits verärgert als Fraktionsvorsitzende dieser neuen Kraft.

Dass die Debatte so heftig ausfällt, liegt auch an der womöglich neuen Rolle der Linken. Sollte Wagenknecht tatsächlich gehen, muss sich die Partei überlegen, ob beziehungsweise wie sie die bislang von ihr adressierten Wähler anspricht. Zudem hat das Hoch der AfD im Osten womöglich Auswirkungen auf die parlamentarische Arbeit der Linken.

Die Partei regiert zwar in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen – aber eben mit SPD beziehungsweise mit SPD und Grünen. Sollte eine starke AfD Bündnisse erschweren, könnte sich die Linke die Frage stellen müssen, ob sie etwa die CDU oder gar die Wagenknecht-Partei toleriert.