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Landtagswahl: SPD Sachsen setzt auf Petra Köpping als Spitzenkandidatin

Sozialministerin Petra Köpping soll ihre Partei im nächsten Jahr in den Landtagswahlkampf führen. Sie gibt sich bürgernah und krisenerprobt.

Von Karin Schlottmann
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Sozialministerin Petra Köpping wird Spitzenkandidatin der sächsischen SPD.
Sozialministerin Petra Köpping wird Spitzenkandidatin der sächsischen SPD. © dpa/Robert Michael

Dresden. Mit 65 Jahren denken die meisten Menschen an ihren Ruhestand, an Hobbys, mehr Zeit für die Enkelkinder und lange Reisen. Nur wenige stürzen sich in dieser Lebensphase noch einmal ins große Getümmel. Auch Petra Köpping wird in den vergangenen zwei, drei Jahren vermutlich den einen oder anderen Gedanken auf ein Leben nach der Politik verwendet haben. Nun kommt es erst einmal anders. Der Landesvorstand präsentierte die Sozialministerin am Montag als Spitzenkandidatin der SPD für die Landtagswahl 2024 – einstimmig, wie Co-Vorsitzende Kathrin Michel treuherzig verkündete.

Köpping ist seit 2014 Ministerin in Sachsen. Fünf Jahre lang war sie für Integration und Gleichstellung zuständig, seit vier Jahren leitet sie das Sozial- und Gesundheitsministerium. Sie präsentierte sich am Montag als krisenerprobt und bürgernah. Ihr seien die Stimmen derjenigen wichtig, die skeptisch blieben gegenüber Transformation und Wandel. Als Landrätin und Bürgermeisterin habe sie die Aufbaujahre nach der Wende und das Hochwasser Anfang der 2000-er Jahre gemanagt. Als Ministerin sei sie zuständig gewesen für die Bewältigung von Flüchtlingskrise und Corona-Pandemie. „Ich habe mich nie weggeduckt, auch wenn es schwierig war.“ Schwierig ist auch die Lage der SPD und das nicht erst seit gestern. Wenn Köpping die schlechten Umfragewerte nicht drehen kann, könnte ihre eigene Bilanz nach einer langen und erfolgreichen Karriere am Ende noch erheblichen Schaden nehmen.

Wirtschaftsminister Martin Dulig, der bei ihrer Präsentation in der Landesgeschäftsstelle in der ersten Reihe saß, hatte 2019 als Spitzenkandidat ein Wahlergebnis von rund sieben Prozent zu verantworten. Zwar wurde die Partei damals nicht müde zu betonen, dass die SPD damals ein Opfer der Zuspitzung zwischen CDU und AfD wurde und Dulig keine persönliche Schuld treffe. Dennoch servierten ihn seine Parteifreunde als Vorsitzenden kurzerhand ab.

Seine beiden Nachfolger in diesem Amt, der Landtagsabgeordnete Henning Homann und die Bundestagsabgeordnete Kathrin Michel, kamen für die Spitzenkandidatur mangels Bekanntheit und Befähigung nicht infrage. Auch andere Anwärter drängten sich für die Spitzenkandidatur nicht auf. Dass Köpping, eine enge Vertraute Duligs, in die Lücke gesprungen ist, die andere zu verantworten haben, hat vermutlich wenig mit eigenen Wünschen zu tun als mit der Sorge, der kleine Landesverband könnte noch weiter in die Bedeutungslosigkeit rutschen.

Köpping weiß, dass die Wählerinnen und Wähler ihr die persönlichen und teils auch beruflichen Einschränkungen in der Corona-Pandemie persönlich übel nehmen. Mit dem Wissen von heute hätte sie damals manche Entscheidung anders getroffen, betonte sie und nannte als Beispiele die Schließungen von Schulen und die Auflagen für Freizeiteinrichtungen.

Köpping ist keine politische Visionärin. Ihre Partei setzt vielmehr auf ihre Qualität als Kümmerin und als Fürsprecherin ostdeutscher Belange, mit der sie es auch bundesweit zu einiger Bekanntheit gebracht hat. Sie sei emotional, herzlich und durchsetzungsstark, beschrieb Co-Vorsitzende Michel die Ministerin.

Ihr Ziel sei es, bei der Landtagswahl „wenigstens zweistellig“ zu werden, sagte Köpping. Immerhin hat es trotz der bescheidenen sieben Prozent für zwei Ministerämter in SPD-Hand gereicht. Auf dem Weg in eine mögliche nächste Regierung muss die krisenerprobte Köpping aber noch eine weitere Krise bewältigen. Der Rechnungshof hat die Finanzierung von Integrations- und Flüchtlingsvereinen durch ihr Ministerium gründlich unter die Lupe genommen. Erste Kritikpunkte sind bereits durchgesickert, ihr Staatssekretär Sebastian Vogel musste im August gehen.

Köpping sagte am Montag, die Fehler seien abgestellt worden. Ob das Problem damit aus der Welt geschafft worden ist, ist offen. Sollte der Rechnungshof die Ergebnisse seiner internen Prüfung in den nächsten Wochen vollständig veröffentlichen, könnte die Debatte um die korrekte Verwendung von Steuergeldern in ihrem Ministerium ihren Wahlkampf belasten.