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Regierungsbildung in Berlin offen - CDU will schnelle Gespräche

Die CDU sieht in ihrem deutlichen Wahlsieg einen Regierungsauftrag für Berlin. Doch mit welchem Partner? SPD, Grüne und Linke haben rechnerisch weiter eine Mehrheit und könnten ihr bisheriges Bündnis fortsetzen.

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Nach dem deutlichen Wahlsieg der CDU bei der Wiederholungswahl in Berlin ist offen, welche Parteien in der Hauptstadt künftig die Regierung bilden.
Nach dem deutlichen Wahlsieg der CDU bei der Wiederholungswahl in Berlin ist offen, welche Parteien in der Hauptstadt künftig die Regierung bilden. © Monika Skolimowska/dpa

Berlin. Nach dem deutlichen Wahlsieg der CDU bei der Wiederholungswahl in Berlin ist offen, welche Parteien in der Hauptstadt künftig die Regierung bilden. Zwar erhebt CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner einen klaren Regierungsanspruch, aber die bisherigen Koalitionspartner SPD, Grüne und Linke liebäugeln mit einer Fortsetzung ihres Bündnisses. Rein rechnerisch haben Schwarz-Grün sowie Schwarz-Rot eine Mehrheit im Berliner Abgeordnetenhaus.

CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner drückt aufs Tempo und will SPD und Grüne am Montagabend zu Sondierungsgesprächen einladen. Ziel sei es, Gespräche noch in dieser oder Anfang kommender Woche zu führen, sagte Wegner am Montag der Deutschen Presse-Agentur. "Jetzt ist nicht die Zeit für Taktierer, jetzt ist die Zeit für Macher." Wahlforscher Thorsten Faas erwartet jedoch eine langwierige Regierungsbildung. Trotz der hohen Zugewinne der CDU sei es schwierig, aus dem Wahlergebnis ein "Regierungssignal" herauszulesen, sagte der Professor der Freien Universität Berlin der dpa.

Die CDU hatte 28,2 Prozent (2021: 18,0 Prozent) der Stimmen bekommen - das stärkste Ergebnis seit gut 20 Jahren in der Hauptstadt. "Der Regierungsauftrag liegt klar bei uns", sagte Wegner. "Die Berlinerinnen und Berliner haben den Wechsel gewählt."

Die SPD schnitt mit 18,4 Prozent so schlecht ab wie noch nie bei einer Berlin-Wahl in der Nachkriegszeit (2021: 21,4). Die Grünen, die seit 2016 mit Linken und SPD regieren, erreichten ebenfalls 18,4 Prozent (18,9), lagen aber 105 Stimmen hinter den Sozialdemokraten. Die AfD legte auf 9,1 zu (8,0). Ein bitterer Wahlabend war es für die FDP, die mit 4,6 Prozent aus einem weiteren Landesparlament flog (7,1).

Trotz der Wahlschlappe für die SPD hofft Regierungschefin Franziska Giffey auf eine Fortsetzung der Koalition mit Grünen und Linken. "Wenn die SPD in der Lage ist, eine starke Regierung anzuführen, dann ist das für uns ein Punkt, den wir nicht einfach zur Seite schieben können", sagte Giffey im RBB-Inforadio. Rückendeckung dafür gab es von SPD-Chef Lars Klingbeil: Giffey habe bislang viel angepackt, sagte er am Montag im ARD-"Morgenmagazin". "Und sie ist auch die Richtige dafür, das weiter zu tun."

Grüne wollen lieber mit SPD und Linken koalieren

Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch betonte erneut, dass sie eine Fortsetzung der Koalition von SPD, Grüne und Linke favorisiere. Der Koalitionsvertrag sei dafür eine gute Grundlage. Angesichts des denkbar knappen Wahlergebnisses erwarte sie allerdings einen "wirklich partnerschaftlichen" Umgang, so Jarasch. Berlins Linken-Landeschefin Katina Schubert sieht einzig in der Fortsetzung Rot-Grün-Rot eine stabile Koalition.

Aus Sicht der AfD wäre die Fortsetzung des Bündnisses eine Missachtung des Wählerwillens. Das Ergebnis zeige, dass die bisherige Regierungskoalition "klar abgewählt wurde", sagte der Parteivorsitzende Tino Chrupalla am Montag in Berlin.

Der Berliner SPD-Vize Kian Niroomand bezeichnete das schlechte Ergebnis seiner Partei als Zäsur. "Es kann nicht so weitergehen", sagte Niroomand der dpa. Die SPD müsse ihre Wahlniederlage "mit Demut annehmen" und hinterfragen, wie sie sich für die Zukunft aufstellen wolle. Der stellvertretende Landesvorsitzende plädierte dafür, darüber in Ruhe zu diskutieren und sich nicht vorschnell auf Bündnisse festzulegen.

SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der auch Co-Landesvorsitzender seiner Partei ist, meinte, die SPD werde mit den demokratischen Parteien Gespräche führen, "um den besten Weg für die Stadt auszuloten". Dies gelte insbesondere für die bisherigen Koalitionspartner Grüne und Linke. Giffey hatte bereits erklärt, auf das Gesprächsangebot der CDU einzugehen.

Dies schloss auch Grünen-Spitzenkandidatin Jarasch nicht aus. Ohne wesentliche Zugeständnisse der CDU hält sie eine schwarz-grüne Koalition aber nicht für denkbar. "Es gibt bei den Grünen kein Bündnis ohne Mobilitäts- und Wärmewende, ohne Berlin wirklich klimaneutral umzubauen und ohne echten Mieterschutz", sagte die Mobilitäts- und Umweltsenatorin im RBB-Inforadio.

Die CDU in Berlin hat Grund zu jubeln. Bei der Wahlwiederholung wird sie stärkste Kraft.
Die CDU in Berlin hat Grund zu jubeln. Bei der Wahlwiederholung wird sie stärkste Kraft. © Fabian Sommer/dpa

Unterdessen sieht die Landeswahlleitung bislang keinen Grund für Nachzählungen aufgrund des sehr knappen Vorsprungs der SPD. Bislang gebe es keine Hinweise auf konkrete Zählfehler, teilte Landeswahlleiter Stephan Bröchler mit. Die Differenz sei "in der Tat sehr knapp", sagte Bröchler. "Aber 105 Stimmen sind auch ein Fakt."

Nach Angaben des Landeswahlleiters gibt es 159 Sitze im Berliner Abgeordnetenhaus. Davon erhält die CDU 52. Die SPD und die Grünen bekommen je 34 Mandate. Die Linke kommt auf 22 Sitze, die AfD auf 17.

Wegen schwerwiegender Wahlpannen hatte das Landesverfassungsgericht die Wahl des Landesparlaments vom September 2021 und die Bezirkswahlen für ungültig erklärt - und eine Wiederholung angeordnet. Damals hatten lange Warteschlangen vor Wahllokalen sowie fehlende, vertauschte oder kopierte Stimmzettel bundesweit Schlagzeilen gemacht.

Nach diesem Wahlsonntag zeigte sich Landeswahlleiter Bröchler zufrieden. Es sei allerdings zu einem "sehr ärgerlichen Fehler" in einem der 2.257 Wahllokale gekommen, sagte er. In dem Wahllokal in Tempelhof-Schöneberg seien 115 falsche Stimmzettel für Erststimmen ausgeteilt worden. Das sei aber weder für das dortige Erststimmen-Ergebnis noch für den Ausgang der Wahl insgesamt relevant gewesen. Weitere kleinere "sehr niedrigschwellige" Fehler in verschiedenen Wahllokalen seien schnell behoben worden.

Wahlberechtigt zur Abgeordnetenhauswahl waren etwa 2,4 Millionen Menschen. Die Wahlbeteiligung lag bei 63,1 Prozent. 2021 waren es 75,4 Prozent, doch wurde damals gleichzeitig der Bundestag gewählt. (dpa)