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Polizei ermittelt gegen Randalierer in Heidenau

Die Ermittlungen gegen Verdächtige laufen. Auch Videos im Internet werden genau ausgewertet.

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© Getty Images

Jörg Stock und Matthias Weigel

Heidenau. Vielleicht hat der User „xsbilly“ einen großen Fehler gemacht. Vorigen Sonntag hatte er auf dem Internetportal Youtube ein Video mit dem Titel „Heidenau ausschreitungen und randale 22.8.15“ (Fehler im Original) hochgeladen. Es sind Bilder randalierender Rechtsradikaler, die Polizisten angreifen, eine Baustelle demolieren und volksverhetzende Parolen schreien. In dem Film sind die Täter immer wieder klar zu erkennen. Das Video verbreitete sich rasch in den Online-Netzwerken. Noch am Nachmittag desselben Tages wurde es wieder gelöscht. Aber bald darauf tauchte es erneut auf – im Youtube-Kanal der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag.

So einfach sollten die Randalierer nicht davonkommen, dachte sich Henning Homann, der sächsische SPD-Fraktionsvize. „Um Beweise zu sichern und eine konsequente Strafverfolgung zu ermöglichen, habe ich das Video gesichert, Anzeige erstattet und das Video wieder ins Internet gestellt“, berichtet er. Die rechten Gewalttäter in Heidenau müssten mit aller Härte des Gesetzes bestraft werden. Wenn offenbar Rechtsextreme sich im Internet mit selbst gedrehten Videos für ihre Straftaten rühmen, ist das erschreckend. Wenn sie damit ungewollt die Ermittlungsarbeiten der Polizei unterstützen könnten, sollten wir diese Chance wahrnehmen“, so Homann.

Die Szene ist überschaubar

Das tut die Polizei, sagt Sprecher Thomas Geithner. Nicht nur in diesem Fall. Alle Videos mit Bildern der Heidenau-Krawalle werden genau ausgewertet. Aber wie lassen sich die oftmals vermummten Akteure identifizieren? Dafür gibt es viele Wege. Zuerst die Sachkenntnis der kundigen Beamten, vor allem in der Staatsschutz-Abteilung. Die Szene sei kein unbestimmbarer Haufen, sagt Geithner, sondern überschaubar. Die Spezialisten kennen, salopp gesagt, ihre Pappenheimer und deren Eigenarten. Sieht man auf den Videos eine Person, die von Körpergröße, Statur und Alter passt, liefert das zumindest ein Indiz.

Insider wissen dann zum Beispiel, welche Leute gewohnheitsmäßig mit wem unterwegs sind. Soziale Netzwerke werden abgegrast. Hat sich eine polizeibekannte Person geoutet, in Heidenau gewesen zu sein oder gar mit Straftaten geprahlt? Haben Polizisten am Rande der Randale womöglich die Personalien des Verdächtigen festgehalten? Trug er markante Kleidung, etwa mit Aufdrucken, nach der man in den Videos suchen kann?

Oft führt ein ermittelter Tatverdächtiger bald zum nächsten. Aber wie lange dauert das? Laut Thomas Geither ist mit kurzfristigen Erfolgen eher nicht zu rechnen. Gruppengewalt sei nun mal kein Kellereinbruch, sagt er. Es handele sich um langwierige Verfahren, bei denen man Ausdauer brauche. „Das ist nicht in vierzehn Tagen erledigt.“ Dazu komme, dass die gesammelten Beweise gerichtsfest sein, also den Richter von der Schuld des Angeklagten überzeugen müssten. „Die Anforderungen der Justiz sind zu Recht hoch.“

Routine-Einsatz für Angela Merkel

Geithner geht fest davon aus, dass zu den bisherigen Tatverdächtigen noch deutlich mehr kommen. Im Moment ermittelt die Polizei in Zusammenhang mit den Randalen in Heidenau gegen vier namentlich bekannte Personen. Zwei wurden auf frischer Tat festgenommen. Ihnen wird das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen. Einem dritten mutmaßlichen Täter wird versuchte gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Er hatte eine Flasche Richtung Pro-Asyl-Demo geworfen. Die vierte Person verdächtigt man des Landfriedensbruchs. Ob die vier aus Heidenau stammen oder von auswärts, sagt die Polizei vorerst nicht.

Unterdessen bleibt die sogenannte Kontrollzone rund um die Flüchtlingsunterkunft weiter in Kraft. Sie schließt unter anderem die Parkplätze von Hammer, Real und des Albert-Schwarz-Bades ein sowie die S-Bahn-Station. Wer sich in diesen Bereichen aufhält, muss damit rechnen, seinen Ausweis oder auch den Inhalt seiner Taschen zeigen zu müssen. Die Kontrollen würden vor allem in den Abend- und Nachtstunden durchgeführt, erklärt die Polizei. Damit solle verhindert werden, dass sich, wie am Wochenende, spontan größere Mengen nicht angemeldeter Demonstranten sammeln. Die Kontrollzone soll zunächst bis 30. September gelten. Für den heutigen Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Heidenau hat die Polizei keine Mobilmachungsaufrufe rechter oder linker Gruppen registriert. Polizeisprecher Thomas Geithner rechnet daher mit einem „Routine-Einsatz“.