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Junger Wachauer über sein Simson-Moped: "Mit der fühle ich mich cool und frei"

Der Wachauer Jack Lorenz fährt ein Simson-Moped. S50/51 und Schwalbe-Räder haben bei vielen Rödertalern Kultstatus. Warum eigentlich?

Von Rainer Könen
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Freiheit, Unabhängigkeit, Coolness - das alles bedeutet die Schwalbe für Jack Lorenz aus Wachau.
Freiheit, Unabhängigkeit, Coolness - das alles bedeutet die Schwalbe für Jack Lorenz aus Wachau. © Marion Doering

Wachau. In ein paar Wochen wird Jack Lorenz seine Heimat verlassen - dann geht es nach Australien. Ein Jahr wird der junge Wachauer in "Down Under" bleiben, auf Ranches arbeiten und das Land kennenlernen. Und neben seiner Familie werde er bestimmt auch seine "S51 ein wenig vermissen", erzählt der 19-Jährige. Und seine Schwalbe. Sein Simson-Moped. Mit dem er an diesem Samstag, dem 17. Juni, zum 3. Simsontreffen nach Lichtenberg bei Pulsnitz fahren wird.

"Da freue ich mich schon riesig drauf", erzählt er - denn dort wird er viele passionierte Freunde des DDR-Mopeds treffen. Menschen, für die dieses ehemalige Ost-Moped Kultstatus hat.

Ein Moped für mehr Unabhängigkeit auf dem Land

Warum dieses Zweirad auch weit mehr als 30 Jahre seit der Wende wieder so beliebt ist, beschreibt der junge Wachauer so: "Das Moped ist ein Bestandteil des Lebensgefühls der hier lebenden Menschen." Vor allem in ländlichen Regionen, sagt der junge Wachauer. Mit solch einem Moped, seines ist Baujahr 1984, sei man hier auf dem Lande frei. "Mit der fühle ich mich cool und frei". So sei das schon zu Vorwendezeiten gewesen. Mit einem Simson-Moped war man unabhängiger. Etwa von Bussen.

Der junge Wachauer schwärmt von den Eigenheiten des Simson-Mopeds, von dem typischen Geräusch des Einzylinder-Motors, dem Quietschen von Sitzbank und stauchenden Federgabeln. Vom Anblick des blauen Qualms und dem Geruch von Mischbenzin.

Es dürfte kaum einen Jugendlicher geben, der zwischen Rügen und Erzgebirge in den vergangenen 40 Jahren nicht wenigstens mal als Beifahrer auf einer Simson gesessen hätte. Mit 13 sei er das erste Mal auf einer Simson gefahren, erzählt der Wachauer, mit 15 habe er den Mopedführerschein gemacht. "Da konnte ich dann mit meiner S51 überall hinfahren."

Die einfache Technik ist ein Paradies für Bastler

In einem Jahr sei er mal auf über 25.000 Kilometer gekommen. Ein Simson-Moped könne man ein Leben fahren, findet der junge Wachauer. Die Technik sei simpel, "die kriegt jeder in den Griff". Und tatsächlich ist die einfache Bauweise ein Paradies für Bastler. Vergaser, Zündkerze, Kolben, Zündspule - mit ein paar kundigen Handgriffen ist alles erreicht und ausgebaut.

Auch weil die Simson gern mal zickte, gehörte das Reparieren am DDR-Moped für ganze Generationen selbstverständlich dazu. Seine S51 hat Jack Lorenz in den vergangenen Jahren aufgerüstet - "getunt". Statt 3,5 PS sind es ein paar Pferdestärken mehr. Schaffte seine Moped in der Werkausstattung Tempo 60, ist es "nun ein Stück schneller".

Blick in die Garage des Wachauers Jack Lorenz.
Blick in die Garage des Wachauers Jack Lorenz. © Marion Doering

Doch erklärt bastelfreundliche Technik und DDR-Nostalgie den seit Jahren wachsenden Hype um die Simson-Mopeds? Immerhin fahren von einst knapp sechs Millionen produzierten Mopeds heute immer noch schätzungsweise 500.000 mit dem "S"-Symbol auf deutschen Straßen.

Selbst bekannte Ostautomarken wie Trabant und Wartburg können da nicht mithalten. Das zeigt ein Blick in die Statistik des Kraftfahrtbundesamtes. Fuhren 1993 noch fast eine Million Trabis und 400.000 Wartburgs bundesweit, waren es vor drei Jahren nur noch 36.000 beziehungsweise 8.100 der DDR-Klassiker.

Preise für Simons sind drastisch in die Höhe geschossen

Die meisten "Simmis", wie die Mopeds von ihren Besitzern oft liebevoll genannt werden, seien mittlerweile begehrt, erzählt Jack Lorenz. Wie sehr, merken Jugendliche wie er am Geldbeutel. So seien die Preise für die Ost-Mopeds in den vergangenen Jahren in die Höhe geschossen.

In den ersten Nachwendejahren habe man Simmis oft für "einen Kasten Bier oder so bekommen". Die habe seinerzeit keiner mehr haben wollen, gab es nach der Wende ja modernere Zweiräder. Mittlerweile müsse man für ein saniertes Simson-Model mindestens 1.000 Euro bezahlen, so Lorenz. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt. 3.500 Euro und mehr sind keine Seltenheit.

Der junge Wachauer gehört zur Whatsapp-Mopedgruppe "Die Kolbenjäger", eine Gruppe mit über 500 Menschen aus der Region. Man treffe sich gelegentlich zu Ausfahrten, das sei jedes Mal eine tolle Sache.

Wer sehen will, was die Faszination Simson-Moped ausmacht, sollte am kommenden Samstag in Lichtenberg vorbeischauen. Dort erwarten die Organisatoren, der Verein "Moped Crew vom Osten", wieder weit über 500 Simsonfahrer auf und um den Sportplatz von Lichtenberg.

Jack Lorenz freut sich nicht nur auf die Fachsimpeleien, sondern aufs Ambiente der Veranstaltung. Das sei "speziell". Da will er viele Erinnerungen mitnehmen, wenn es im August zu den Aussies geht. Auch die an seine Teenagerzeit, die sein Simson-Moped mitprägte. Für erste Fahrten zur Schule, zur Disco, für die ersten Ausflüge ins Leben.