"Hier ist nicht so ein Wuling": Warum der Radeberger Weihnachtsmarkt gut ankommt
Radeberg. Adventszeist ist Weihnachtsmarktzeit - in Radeberg wie immer vier Tage lang rund um die Kirche. Es ist ein überschaubarer Markt - aber genau darin liegt sein Charme. "Hier ist nicht so ein Wuling wie zum Beispiel in Dresden", sagte am Samstag Bianca Rothe, die mit ihrer Tochter Nadja aus Bischofswerda nach Radeberg gekommen ist. "Wir sind jedes Jahr hier, hier ist nicht so voll." Nadja färbte am Stand vom Verein Schloss Klippenstein eine runde Kerze. "Die will ich meiner Freundin schenken", sagte sie und strahlte. Sie habe schon Crêpe gegessen, nun wolle sie noch im Zelt der Freien Evangelischen Grundschule Großerkmannsdorf basteln.
Dort hatten an diesem Tag Mathilda Mieth und Merle Bader Dienst und verkauften Genähtes und Gestricktes, Salze und wunderschöne Ohrringe. Der Erlös kommt der Schule zugute. "Schnee wäre natürlich schön, aber dann wäre es hier auch kälter", sagte Mathilda Mieth. "Und weihnachtliche Musik wäre auch schön". Vom Essensstand gegenüber tönten da weniger weihnachtliche, als vielmehr moderne Klänge.
Das Thema Musik war auf diesem Weihnachtsmarkt generell ein größeres Thema.
Ambivalente Reaktionen auf "Hüttenzauber" am Freitag
Für den Freitagabend hatte sich der Gewerbeverein etwas Neues ausgedacht - DJ Ede aus Leppersdorf legte von der Bühne aus Après-Ski-Musik auf - der Abend stand unter dem Motto "Hüttenzauber". Ob das so zu einem Weihnachtsmarkt passte, darüber schieden sich die Geister.
"Der Platz war voll, die Leute haben getanzt", berichtete Oberbürgermeister Frank Höhme (parteilos). Karl-Heinz Pinkert, der mit seinen Wichteln ganz am Anfang der Kirchstraße platziert war, sagte, dass ihn die Musik nicht gestört habe. "Ich kann damit leben", sagte er. "Wobei Weihnachtslieder schon angenehmer gewesen wären."
Der Liegauer Winzer Andreas Kretschko erzählte, dass die Gäste an seinem Stand mit der Musik nicht zufrieden gewesen seien. "Das war mehr Mallorca als Weihnachtsmarkt", fand seine Mitarbeiterin Laura Voigt. "Unsere Kunden haben gesagt, dass sie das Konzept nicht verstehen", sagte Kretschko. "Es haben sich viele beschwert. Und bei uns im Stand hat der Boden gebebt." Er finde es ok, etwas Neues zu versuchen, aber zumindest bei seinen Kunden sei die Resonanz eindeutig gewesen.
Auch CDU-Stadtrat Matthias Hänsel, der die Abiturienten des Humboldt-Gymnasiums an ihrem Glühwein-Stand unterstützte, zeigte sich nicht als großer Fan von Après-Ski-Musik am Weihnachtsmarkt direkt vor der Kirche.
Alt-OB Gerhard Lemm übernahm Fundsachenversteigerung
Ebenfalls eine Neuerung war die Fundsachenversteigerung, die erstmals nicht auf dem Bierstadtfest stattfand. Alt-OB Gerhard Lemm war für diesen Anlass in ein Weihnachtsmann-Outfit geschlüpft und übernahm die Rolle des Auktionators.
Als es um 14 Uhr losging, war der Publikumsandrang noch überschaubar, aber das sollte sich im Laufe der darauffolgenden zwei Stunden ändern. Versteigert wurden Fahrräder, aber auch Roller, Mützen und Schmuck und vieles andere. Gleich das erste Paket ging für sechs Euro an die sechsjährige Amy, die sich über einen rosafarbenen Roller freute. "Ich esse später noch eine Bratwurst und gehe zum Kugelstechen", erzählte sie.
Gerhard Lemm hatte seinen Spaß - seine Skepsis, ob der Weihnachtsmarkt der richtige Zeitpunkt für eine Fundsachenversteigerung ist, verhehlte er jedoch nicht. "Es war ein Versuch. Aber es waren eben doch größtenteils Fahrräder. Und da glaube ich, ist das Interesse im Sommer einfach größer." Insgesamt wechselten wohl weniger als 20 Prozent der angebotenen Fundsachen den Besitzer.
Eine der Attraktionen für Kinder waren die Alpakas
Der Kugelstechen-Stand war neben dem Bastelzelt und den Alpakas eines der Höhepunkte für Kinder. Ein Karussell konnte die Stadtverwaltung auch in diesem Jahr trotz großer Anstrengung nicht nach Radeberg lotsen.
Fast wäre da ein Radeberger spontan eingesprungen. "Wir haben schon überlegt, ob wir selbst eines anschaffen", berichtete Daniel Wieberneit. "Aber das wäre dann doch etwas zu teuer geworden." Stattdessen verkaufte er wie immer seine schmackhaften Wild-Bratwürste und an einem zweiten Stand kurzerhand auch noch Sachsen-Roster. Der Grund: Ein Händler, der traditionell Thüringer Rostbratwürste verkauft, hatte wegen Krankheit absagen müssen.
Händler mit Umsätzen zufrieden
Er und die anderen Händler äußerten sich auch absolut positiv über ihren Umsatz - obwohl es am Donnerstag und Freitag immer mal wieder geregnet hatte. Es waren zudem deutlich mehr Händler vertreten als noch im vergangenen Jahr. Von Konsumflaute war nichts zu spüren. Karl-Heinz Pinkert zeigte sich sogar optimistisch, dass dieses Jahr das beste der vergangenen 15 Jahre werden könnte. "Und das, obwohl ich im Grunde ein Luxusprodukt verkaufe", sagte er.
Auch Ulrike Bennewitz vom Verein Schloss Klippenstein berichtete von guten Erlösen am Glühweinstand. "Das Schöne an diesem Markt ist, dass man immer auch mit den Kunden ins Gespräch über das Schloss kommt", sagte sie.
Und das ist wohl das Besondere an diesem Weihnachtsmarkt: Man kann ins Gespräch kommen. Freunde und Bekannte treffen. In Ruhe einen Glühwein trinken. Man wird nicht durch die Straßen geschoben, sondern kann sich gemütlich auf Weihnachten einstimmen.