Radeberg
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US-Amerikaner protestiert in Radeberg gegen Krieg im Nahen Osten

Ein-Mann-Demonstration in Radeberg: Warum sich der Amerikaner Dennis DuVall in Radeberg für Frieden im Nahen Osten einsetzt, warum das nicht unumstritten ist und was die Stadt dazu sagt.

Von Verena Belzer
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Dennis DuVall protestiert vor dem Radeberger Rathaus.
Dennis DuVall protestiert vor dem Radeberger Rathaus. © SZ/Verena Belzer

Radeberg. Dennis DuVall ist wütend. "Empört, wütend und traurig", sagt er. "Weil der Westen nichts tut, während im Gaza-Streifen Verbrechen geschehen." Dennis DuVall, US-Amerikaner, seit sechs Jahren in Deutschland und seit drei Jahren in Radeberg zu Hause, kritisiert die Vorgänge im Nahen Osten - konkret: Was die israelische Armee seiner Meinung nach im Gaza-Streifen tut. "Stoppt den Völkermord in Gaza", fordert er. "Einen Genozid zu begehen, hat nichts mit Selbstverteidigung zu tun."

Der Hintergrund seines Protests sind die Reaktionen der israelischen Armee auf den Terrorangriff der palästinensischen Hamas auf israelisches Staatsgebiet am 7. Oktober. Dabei töteten Hamas-Kämpfer nach offiziellen Angaben bislang mehr als 1.400 Menschen, darunter Frauen, Senioren und Kinder. Allein bei einem Musikfestival wurden mehr als 250 junge Menschen regelrecht hingerichtet.

Zudem verschleppte die Hamas demnach mehr als 240 Menschen als Geiseln. Israel reagiert mit Luftangriffen, auch Bodentruppen sind inzwischen bis nach Gaza-Stadt vorgedrungen. Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde spricht von mehr als 10.000 getöteten Palästinensern. Die Angaben sind nicht unabhängig überprüfbar.

In seiner Regierungserklärung am 12. Oktober hatte Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt: "In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz: den Platz an der Seite Israels." Scholz war als einer der ersten Staatschefs nach Israel gereist.

Experten sehen keine Anzeichen für Genozid in Gaza

Aus Protest über die von ihm sogenannten "Kriegsverbrechen" saß Dennis DuVall, der ursprünglich aus Arizona stammt und gemeinsam mit seiner Frau nach Deutschland gezogen ist, daher am Montagmittag bereits zum zweiten Mal vor dem Radeberger Rathaus. "Man muss etwas tun." Er beteilige sich auch Friedensdemos in Dresden, berichtet er.

Er kritisiere "zahllose Kriegsverbrechen, darunter Völkermord, wahllose Bombardierung von Häusern, Schulen und Krankenhäusern, ethnische Säuberungen, Zwangsumsiedlung und die Verweigerung von Nahrung, Wasser und Medizin".

Die Äußerung, Israel verübe im Gaza-Streifen aktuell einen Völkermord, ist umstritten. Politiker wie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatten sich ähnlich geäußert. Auch der bisherige Leiter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Craig Mokhiber, sprach von einem "Völkermord". In der Wissenschaft und auch in der Justiz spricht man dann von einem Völkermord, wenn eine Gruppe das dezidierte Ziel hat, eine andere Bevölkerungsgruppe komplett auszulöschen. Das bekannteste Beispiel eines Völkermords ist der an den europäischen Juden durch die Nationalsozialisten.

"Auch wenn einzelne Handlungen der israelischen Streitkräfte als Kriegsverbrechen bezeichnet werden können, bedeuten diese nicht zugleich einen Völkermord", sagte jüngst beispielsweise Matthias Hartwig vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht gegenüber dem Magazin "Stern". Bisher habe Israel nicht die Absicht geäußert, die Bevölkerung in dem Küstenstreifen auszulöschen.

Die Stadt Radeberg teilt auf Anfrage mit, dass nur solche Versammlungen anzeigepflichtig sind, die aus mehr als einer Person bestehen. Es könne sich so lange jeder vor das Rathaus setzen, solange davon keine Störung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe, schreibt Stadtsprecherin Sarah Günther.

Der Bereich vor dem Rathaus sei öffentlich und die Stadt bewerte gemäß ihrer Neutralität keine Meinung, jedoch mit einer entscheidenden Ausnahme: "Wenn es eine gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtete Handlung gewesen wäre, wäre das Ordnungsamt eingeschritten", erklärt Sarah Günther. Hierunter falle zum Beispiel das Zeigen des Hitlergrußes.

Die Frage, wie Oberbürgermeister Frank Höhme (parteilos) dazu stehe, wenn jemand vor dem Rathaus gegen den "Genozid in Gaza" protestiert, ließ die Stadtverwaltung unbeantwortet.