Radeberg
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Abgeschnitten vom städtischen Leben: Pulsnitzer Straße in Radeberg gesperrt

Seit Ende August ist die Pulsnitzer Straße in Radeberg teilweise voll gesperrt. Was das für Geschäfte und Anwohner bedeutet und wie es mit der Baustelle weitergeht.

Von Rainer Könen
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Ab hier ist Schluss: Die Pulsnitzer Straße in Radeberg ist derzeit teilweise voll gesperrt.
Ab hier ist Schluss: Die Pulsnitzer Straße in Radeberg ist derzeit teilweise voll gesperrt. © René Meinig

Radeberg. Es ist eine ungewohnte, fast irritierende Ruhe. Aber eine, die die drei jungen Frauen, die an diesem Vormittag vor dem Radeberger Café Flair sitzen, offensichtlich genießen. Kein Verkehrslärm stört die angeregte Unterhaltung des Trios. Im Café bereitet Robin Röthig gerade die Frühstücksbestellungen vor. "Ich muss mich noch daran gewöhnen, dass jetzt keine Autos mehr vorbeifahren", sagt der Inhaber des Cafés. Er tritt nach draußen, schaut hinaus auf die Pulsnitzer Straße.

Die sonst so belebte S95, die durch Radeberg führt, sie wirkt wie ausgestorben. Hier, vor seinem Café, kann man die Straße gefahrlos queren. Man sieht einige Passanten, gelegentlich auch Radfahrer. Sonst ist nichts los.

Im Café Flair ist der Umsatz eingebrochen

Ein Zustand, der bis in den November dieses Jahres andauern wird. Seit Ende August ist Radebergs verkehrsreichste Straße zwischen Bruno-Thum-Weg bis zum Haus Nummer 57, in Höhe der zum Klippensteiner Schloss führenden Heinestraße, voll gesperrt.

Der Grund: Der unter der S 95 liegende Mischwasserkanal wird in einem rund 250 Meter langen Straßenabschnitt komplett erneuert. Laut Stadtverwaltung belaufen sich die Kosten für die Erneuerung auf rund 330.000 Euro. Damit aber nicht genug: Von Haus Nummer 57 bis zum Eschenweg ist die Straße ebenfalls gesperrt, wenn auch nur halbseitig. Hier wird demnächst ebenfalls die Straße aufgerissen. Die Kosten: rund 250.000 Euro.

Röthig, der das Café seit 2015 betreibt, erzählt, dass ihn die Straßensperrung "ziemlich schlimm" treffe. "Mein Umsatz ist um bis zu 30 Prozent zurückgegangen." Ein paar Meter weiter, in der AWO-Seniorenwohnanlage, erfährt man von AWO-Mitarbeitern, dass man sich auf diese Sperrung eingestellt habe. Ganz geschlossen sei die Straße ja nicht, den Bürgersteig könne man weiter nutzen.

Viele Radeberger müssen einen großen Umweg in Kauf nehmen

Lucia Böhme, Pressesprecherin der Asklepios-ASB Klinik in Radeberg, weist darauf hin, dass die betrieblichen Abläufe in der Klinik durch die Straßensperrung nicht beeinträchtigt seien. Ein Unbehagen von Mitarbeitern, Besuchern oder Patienten sei jedenfalls nicht geäußert worden, berichtet Böhme.

An dem Vormittag sieht man auf dem gesperrten Straßenabschnitt Rentner und junge Mütter mit ihren Kindern. Ein älteres Ehepaar aus Dresden, das zur Klinik muss, beklagt sich, dass der Weg dorthin komplizierter geworden sei. "Mit dem Bus zum Krankenhaus zu kommen, ist für uns eine Herausforderung", sagt der ältere Herr. Den Weg zum Bahnhof wollen sie wieder zu Fuß zurücklegen.

Eine junge Radebergerin, die an diesem Tag die Baustelle passiert, erzählt, dass ihr Mann nun "jeden Tag einen Riesenumweg durch die Stadt fahren muss". Er arbeitet in Leppersdorf. Dass die Pulsnitzer Straße gesperrt ist, sei für sie alles andere als ungewöhnlich. Seit sie in Radeberg wohne, sei das für sie "gefühlt das hundertste Mal, dass die Straße aufgerissen und dicht gemacht wird".

Kurz nach der Kreuzung zur Oberstraße zeigt die Beschilderung an, dass es hier nicht mehr wie gewohnt weiter in Richtung Krankenhaus geht.
Kurz nach der Kreuzung zur Oberstraße zeigt die Beschilderung an, dass es hier nicht mehr wie gewohnt weiter in Richtung Krankenhaus geht. © René Meinig

Vollsperrung ab der Oberstraße ab den Herbstferien

Mit der Sperrung der Pulsnitzer Straße werden, um es salopp auszudrücken, in Radeberg gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Denn das Landesamt für Straßenbau und Verkehr nutzt die Gelegenheit, die Asphaltdecke von der Einmündung der Oberstraße bis zur Pulsnitzer Straße 57 vollständig zu erneuern. "Dieser Bereich wird demnächst gesperrt werden", heißt es aus der Pressestelle der Stadtverwaltung.

Konkret heißt das: In den anstehenden Herbstferien wird dieser Straßenabschnitt komplett dicht gemacht. Das bedeutet für alle Verkehrsteilnehmer: noch mehr Stress, mehr Zeitaufwand.

Die Umleitung führt aus der Innenstadt herauskommend von der Oberstraße über Badstraße und Christoph-Seydel-Straße bis zur Pulsnitzer Straße und umgekehrt. Ganz wichtig: Während der geplanten Fahrbahnerneuerung wird in den Herbstferien die Einbahnstraßenregelung auf der Langbein- und Wasserstraße aufgehoben.

Hoffnung auf ein schnelles Ende der Baustelle

Die Reaktionen von Anwohnern in der Badstraße auf die monatelange Straßensperrung reichen auf der Emotionsskala von "ist mir egal, was die hier machen" bis hin zu "ist ärgerlich, muss man wohl durch". Manche sind hingegen richtig genervt. "Auf der Badstraße war es schon immer laut, aber jetzt ist der Lärm am Tag fast unerträglich", erzählt eine Frau, die in der Nähe des Ärztehauses wohnt.

Radebergs Edeka-Chef John Scheller spricht davon, dass "alle von dieser Baumaßnahme betroffenen Geschäfte wussten, was da auf uns zukommen wird". Im Vorfeld habe es Gespräche mit der Stadtverwaltung gegeben. Schellers Hoffnung ist, dass die Bauarbeiten wie geplant im November beendet sein werden. Er selbst berichtet von einem zehnprozentigen Kundenrückgang seit der Sperrung.

Manche, die man diesem Tag im Stadtzentrum trifft, sind da allerdings nicht so zuversichtlich. "Das kann ich mir nicht vorstellen, dass die Arbeiten im November abgeschlossen sind", meint ein Mittfünfziger. "Da wird mit Sicherheit bis ins nächste Jahr gearbeitet", hört man häufiger. Und dass man den Winter bloß nicht unterschätzen solle.

Aber daran mag jemand wie Robin Röthig gar nicht denken. In den Wintermonaten sei in seinem Café ohnedies weniger los. Er schaut nach vorne, versucht aus der Situation irgendwie das Beste zu machen. "Man muss die Dinge nehmen, wie sie kommen."