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Radebeul: Über 200 Meter Kanalrohr durch die Erde gepresst

Zwei wichtige Kreuzungen im Westen Radebeuls sind seit Ostern gesperrt. Wie lange noch und was dort passiert.

Von Peter Redlich
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Fünf Meter unter der Straßenoberfläche in der Fabrikstraße: Bauleiter Veit Haase (rechts) und Ulrich Jäger an der Stelle, wo der neue Kanal durchs Erdreich gepresst wurde.
Fünf Meter unter der Straßenoberfläche in der Fabrikstraße: Bauleiter Veit Haase (rechts) und Ulrich Jäger an der Stelle, wo der neue Kanal durchs Erdreich gepresst wurde. © Arvid Müller

Radebeul. Es gab eine kleine Meldung der Stadt Radebeul, kurz vor Ostern. Es komme zu Verkehrseinschränkungen an der Kreuzung Fabrikstraße, Elbstraße und an der Fabrikstraße, Emil-Schüller-Straße. Über diese Straßen fahren normalerweise die Autos Richtung Westen ins nahe Gewerbegebiet, nach Coswig, Weinböhla, Meißen. Wer jetzt aus Kötzschenbroda in diese Richtung will, muss einen gehörigen Bogen über den Dorfanger, die Hermann-Ilgen-Straße und die Meißner Straße oder die Güterhofstraße fahren.

Wie lange wird die Kreuzung noch gesperrt sein? Was geschieht dort eigentlich an und unter der Straße? Die SZ und Sächsische.de haben sich mit Ulrich Jäger vom Auftraggeber Wasser Abwasser Betriebsgesellschaft Radebeul + Coswig mbH (WAB R+C) und Bauleiter Veit Haase von der Firma Heinz Lange Bauunternehmung GmbH auf der Baustelle getroffen. Was für den Passanten nicht zu sehen ist - jeweils am östlichen (Elbstraße) und westlichen Baustellenende (kurz vor der Werkszufahrt Vadossi) gibt es zwei fünf Meter tiefe Gruben.

Die östliche Baugrube auf der Kreuzung Fabrikstraße, Elbstraße. Hier ist seit Ostern für den Verkehr eine Sperre.
Die östliche Baugrube auf der Kreuzung Fabrikstraße, Elbstraße. Hier ist seit Ostern für den Verkehr eine Sperre. © Arvid Müller

Ulrich Jäger: "Hier muss ein neuer Mischwasserkanal verlegt werden. Der alte, etwa 80 Jahre genutzte, entspricht nicht mehr den heutigen Erfordernissen." Was viele Radebeuler nicht wissen - das gesamte Abwasser des Westteils der Stadt ab Radebeul-Mitte fließt erst Richtung Festwiese und wird unter der Elbstraße in die Fabrikstraße gepumpt. Ab dort gibt es elbabwärts Gefälle bis nach Diera-Zehren, wo sich das Klärwerk befindet. Die Abwässer vom Osten der Stadt fließen letztlich in Serkowitz unterhalb der Straße Altserkowitz zusammen und von dort zum Klärwerk nach Kaditz.

Verlegemethode geändert

Das neue Stück Kanal unter der Fabrikstraße sollte eigentlich im üblichen Verfahren in die Erde gebracht werden. Nämlich: Straße aufbaggern und Betonrohre rein. Den alten Kanal in der Erde lassen und mit Flüssigbeton verfüllen. "Doch es stellte sich heraus, dass viele Medien wie Gasleitungen, Strom, Telekom - um Platz zu haben - hätten verlegt werden müssen", sagt Ulrich Jäger vom Auftraggeber WAB R+C. Deshalb habe man sich entschieden, die Spezialisten von der Firma Heinz Lange zu beauftragen, den Kanal unterirdisch durchs Erdreich zu drücken. Die Medinger sind erfahren auf diesem Gebiet und haben auch schon in Radebeul Ähnliches vollbracht. Etwa unter dem Bahndamm im Ortsteil Naundorf hindurch.

Bauleiter Veit Haase, der auch Geologe ist, erläutert, wie es geht: Ein offenes Stahlrohr wird in der Erde vorwärtsgetrieben. Im Rohr sind ein Baggerarm und eine Greifhacke. Von denen wird das Erdreich abgetragen, auf ein Förderband transportiert und von dort in eine Lore geschüttet. Vorwärts gedrückt wird das Rohr samt Gerätschaft von hydraulisch angetriebenen Zylindern mit rund 420 Tonnen Schubkraft. "Geplant waren neun Meter Vortrieb am Tag. Wir haben in unserer Arbeitszeit von 7 bis 19 Uhr elf Meter geschafft", sagt der Bauleiter.

Das ist die Pumpe, die Radebeuler vom Hochwasser 2013 kennen. Sie schafft 900 Kubikmeter in der Stunde und springt während des Kanalbaus bei Starkregen an.
Das ist die Pumpe, die Radebeuler vom Hochwasser 2013 kennen. Sie schafft 900 Kubikmeter in der Stunde und springt während des Kanalbaus bei Starkregen an. © Arvid Müller

Jetzt liegt der neue Kanal drin. Der alte kann nicht mehr genutzt werden. Deshalb sieht der Vorübergehende große Rohre entlang der Grundstücke. In ihnen werden die täglichen Abwässer aus den Anliegergrundstücken abgeleitet. Vor allem aber der Abwasserabfluss von der Elbstraße kommend über die Baustelle hinweg überbrückt. Eine kleinere Pumpe arbeitet ständig. Eine große, ähnlich jener, die die Radebeuler aus Hochwassertagen kennen, steht parat, um bei Starkregen das Wasser Richtung Diera-Zehren abzutransportieren. Bis zu 900 Kubikmeter schafft das große blaue Aggregat in der Stunde.

Gerade räumen die Heinz-Lange-Mitarbeiter ihre Gerätschaften aus dem Rohrkanal und den beiden Baugruben. In den nächsten Wochen muss in den Kanal, in der unteren Mitte, noch eine sogenannte Trockenwetterrinne eingebaut werden. In der fließt - ohne Regenwasserzuschuss - das übliche Abwasser ständig ab. Gäbe es die Rinne nicht, würde sich im Kanal zu viel Unrat absetzen, der Abfluss wäre behindert. 1,4 Meter Durchmesser hat der Kanal, eben, um auch große Wassermengen bei starken Regenfällen bewältigen zu können. Das gekrümmte Stück Kanal vom neuen zum bestehenden in der Elbstraße muss auch noch eingebaut werden.

Ulrich Jäger sagt, dass ebenfalls in den nächsten Wochen die neuen Anschlüsse an ein halbes Dutzend Gebäude und Wohnanlagen zu installieren sind. Ziel sei es, spätestens im Dezember auf der 220 Meter langen Baustelle fertig zu sein.

Rund 1,2 Millionen Euro sind für den Bau insgesamt veranschlagt. Ob die wichtige Kreuzung Fabrikstraße, Elbstraße schon vor Bauende Dezember frei sein wird, könne jetzt noch nicht gesagt werden, so Ulrich.