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Radeberger Unternehmen KWD fertigt bald auch Karosserieteile für Mercedes

Früher wurden hier Wartburgs gebaut - heute sind die Kunden des Radeberger Unternehmens KWD der VW-Konzern und neuerdings auch Mercedes. Trotz voller Auftragsbücher sieht KWD Herausforderungen auf sich zukommen.

Von Verena Belzer
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Riesiges Presswerk: Mirko Schmidt zeigt eines der umgeformten Stahlteile, das aus einer der zahlreichen Pressen kommt.
Riesiges Presswerk: Mirko Schmidt zeigt eines der umgeformten Stahlteile, das aus einer der zahlreichen Pressen kommt. © René Meinig

Radeberg. Die stählernen Arme bewegen sich rhythmisch, fast so, als tanzten sie eine Choreografie. Musik ist keine zu hören, nur Zischen, Schweißen und Hämmern. Es ist ein orangefarbenes Roboter-Ballett, das in der großen Produktionshalle der Karosseriewerke Dresden (KWD) zu bestaunen ist. 27 Roboter bauen aus etlichen Einzelteilen, die in vorherigen Schritten bei KWD gepresst wurden, einen Heckboden für ein Fahrzeug des VW-Konzerns. "Das war eine Investition in Höhe von etwa sieben Millionen Euro", sagt Geschäftsführer Mirko Schmidt.

Die KWD in Radeberg - das ist eine Erfolgsgeschichte. Über 550 Mitarbeiter sind hier beschäftigt, und das Werk ist auch dank neuer Aufträge für Mercedes bis ins Jahr 2030 gut ausgelastet. Das Unternehmen ist einer der größten Arbeitgeber der Stadt, sein Umsatz lag im vergangenen Jahr bei 185 Millionen Euro, im Jahr zuvor bei 130 Millionen. Die Zahlen verraten es: Hinter dem Betrieb liegen schwierige Jahre.

Roboter-Ballett: Voll automatisierte Roboter schweißen hier einen Heckboden zusammen.
Roboter-Ballett: Voll automatisierte Roboter schweißen hier einen Heckboden zusammen. © René Meinig
Das Werk in Radeberg ist knapp 40.000 Quadratmeter groß. KWD würde gerne zusätzlich eine neue, 18.000 Quadratmeter große Logistikhalle bauen. Noch fehlt die Genehmigung.
Das Werk in Radeberg ist knapp 40.000 Quadratmeter groß. KWD würde gerne zusätzlich eine neue, 18.000 Quadratmeter große Logistikhalle bauen. Noch fehlt die Genehmigung. © René Meinig
Mirko Schmidt ist seit 2018 Geschäftsführer von KWD, seit 2014 ist er im Unternehmen.
Mirko Schmidt ist seit 2018 Geschäftsführer von KWD, seit 2014 ist er im Unternehmen. © René Meinig

Kutschen, Wartburg und nun Autoteile für VW und Mercedes

Es bleibt die absolute Abhängigkeit vom deutschen Automobilmarkt. Jüngstes Beispiel: Wegen eines Hochwassers in Slowenien fehlten dem VW-Konzern in Wolfsburg Motorteile. Die Bänder standen still - und in der Folge musste auch KWD seine Produktion drosseln und kurzfristig eine Nachtschicht streichen.

Seit 1863 gibt es das Unternehmen bereits - doch zunächst wurden Kutschen und keine Autoteile gebaut. Zu DDR-Zeiten waren es diverse Wartburg-Modelle, die hier gefertigt wurden. Mittlerweile stellen die Mitarbeiter in Radeberg über 2.000 verschiedene Teile für Auto-Karosserien her. Die Stahl- und Aluminiumteile werden von riesigen, schweren Werkzeugen in die richtige Form gepresst, um anschließend zusammengebaut zu werden.

Vieles auf der knapp 40.000 Quadratmeter großen Werkfläche mitten in Radeberg ist automatisiert, den beschriebenen Heckboden schweißen die Roboter in fünf Minuten zusammen, "und das bei 1.200 Schweißpunkten", sagt Geschäftsführer Schmidt.

Arbeitskräfte dringend gesucht - auch aus dem Ausland

Dennoch braucht es auch bei KWD Mitarbeiter - echte Menschen. Sie müssen die Roboter bedienen, auch die Qualitätskontrolle übernimmt keine Maschine.

"Ich würde sofort 20 Leute einstellen", sagt Mirko Schmidt. "Mechatroniker, Anlagenführer, Programmierer." Der Fachkräftemangel macht ihm Sorgen, "aber wir müssen damit umgehen, es hilft ja nichts".

KWD versucht auch auf ausländische Arbeitskräfte zurückzugreifen. "Bei uns arbeiten Syrer, Afghanen, eigentlich Leute von überall her." Eine Herausforderung sei oft die Sprache. "Unsere Mitarbeiter müssen zwingend die Sicherheitsunterweisung verstehen, bevor wir sie an die Maschinen lassen können." Man habe mittlerweile einen Film mit den wichtigsten Anweisungen gedreht, um es den Angestellten leichter zu machen.

"Wir sind ganz klar auf Arbeitskräfte auf dem Ausland angewiesen und sind da offen", sagt Mirko Schmidt deutlich. "Doch dass das mit einem Mehraufwand verbunden ist, das muss allen bewusst sein."

Bei KWD spürt man eine Investitionszurückhaltung

Um die Zukunft macht sich Schmidt derzeit wenig Sorgen. Neben dem VW-Konzern hat KWD Mercedes als Kunden gewinnen können. Auch für Porsche hat man einen Nachfolgeauftrag in der Tasche und baut Teile für den Cayenne, der im slowenischen Bratislava montiert wird.

"Die Umstellung auf Elektromobilität hat auf uns im Grunde keine Auswirkungen", erklärt der Geschäftsführer, der seit 2014 im Unternehmen ist. "Auch E-Autos brauchen Karosserieteile." Dennoch gibt es Themen, die Schmidt umtreiben.

"Ich spüre eine gewisse Investitionszurückhaltung." Durchschnittlich werden jährlich am Standort zwar zwischen 7,5 und 10 Millionen Euro investiert. "Aktuell sind wir im Gespräch, eine neue, 18.000 Quadratmeter große Logistikhalle zu bekommen. Hier fehlt aber noch die Genehmigung des Mutterkonzerns", berichtet der Geschäftsführer. KWD gehört seit 1994 zur Schnellecke AG.

Geschäftsführer Schmidt fordert Planungssicherheit

Als Grund für die Zurückhaltung hat Schmidt mehrere Gründe ausgemacht: "Es ist eine politische Gemengelage, die Anzahl und die Größenordnung der Unsicherheiten." Zum einen sei da das Thema Energie. "Wir sind ein energieintensiver Betrieb" sagt Schmidt. Kommt ein Industriestrompreis - ja oder nein? "Wir brauchen Planungssicherheit. Unsere Aufträge erstrecken sich zum Teil über sieben bis acht Jahre."

Außerdem ist KWD abhängig von internationalen Lieferketten - hier hat die Corona-Pandemie das Unternehmen vor ungeahnte Herausforderungen gestellt. Zwei Monate lang stand der Betrieb völlig still, ansonsten waren die Mitarbeiter viel in Kurzarbeit. "Wir haben unseren Angestellten viel abverlangt", sagt Schmidt. "Wir hatten eine Zeit, da war es völlig undurchsichtig, was der Kunde macht. Und so haben auch wir uns von Woche zu Woche gehangelt."

Stichwort Kunde: Mirko Schmidt ist der Meinung, dass die Preise für E-Autos noch zu hoch sind. "Die Kostenproblematik muss in den Griff bekommen werden", sagt er. "Entweder von den Herstellern oder der Politik oder von beiden."

Ähnlich bewertet er die Situation der Ladeinfrastruktur im Land. Er selbst wohne in der Nähe von Bautzen. "Da gibt es gerade mal zwei Schnellladesäulen", berichtet der Geschäftsführer. "Da fehlt für den Kunden die Verlässlichkeit."

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