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Winfried Glatzeder: "Till Eulenspiegel – das war die Rolle meines Lebens"

Der beliebte Schauspieler ist nicht kleinzukriegen. Im Interview erzählt er, was ihn 50 Jahre nach "Paul und Paula" noch bewegt. Am 12. November ist er in der Villa Teresa in Coswig zu Gast.

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Der Schauspieler Winfried Glatzeder dreht zurzeit den Film "Kundschafter des Friedens. Teil zwei". Am Wochenende ist er in der Villa Teresa zu Gast.
Der Schauspieler Winfried Glatzeder dreht zurzeit den Film "Kundschafter des Friedens. Teil zwei". Am Wochenende ist er in der Villa Teresa zu Gast. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Herr Glatzeder, Sie sind sehr umtriebig. Woran arbeiten Sie gerade?

Wir drehen einen Kinofilm. Er heißt "Kundschafter des Friedens. Teil zwei". Das ist der zweite Teil eines erfolgreichen Films der Kundschafter-Film-Produktionsgesellschaft mit dem Regisseur Robert Thalheim. Die Geschichte spielt in Kuba, und wir haben einen großen Teil auf Gran Canaria gedreht, da haben wir ganz schön geschwitzt. Jetzt drehen wir im Wettiner Schloss in Altenburg und frieren. Später werden wir in Berlin weiterdrehen. Der Film wird wahrscheinlich nächstes Jahr Weihnachten in die Kinos kommen. Parallel drehe ich noch einen Film fürs Fernsehen, für die ARD. Er heißt "Liebling Kreuzberg 2.0". Das ist eine Geschichte über die Anwaltskanzlei Liebling von Robert Liebling, die von der Enkelin fortgeführt wird. Ich komme als erster Mandant der Anwältin vor.

Ich kenne Sie aus der Netflix-Serie "Dark", die ich sehr gemocht habe. Meine Eltern kennen Sie natürlich aus "Legende von Paul und Paula". Woran wird sich die nächste Generation erinnern?

Wenn Sie einen rebellischen Film sehen wollen, würde ich Ihnen "Till Eulenspiegel" (DEFA, 1975) empfehlen. Die Filmerzählung stammt von der in der DDR bekannten Autorin Christa Wolf, die kurz vor der Verleihung des Literaturnobelpreises stand. Da habe ich den Volkshelden gespielt, der gegen die Dummheit der Fürsten, Bauern, Handwerker antritt, ihnen allen ein Schnippchen schlägt. Das war die Rolle meines Lebens. Und dieser Film ist leider in Vergessenheit geraten.

Was ist Ihr erster Gedanke, wenn Sie an "Paul und Paula" denken?

Es ist ein Glücksfall für mich, weil es in den Herzen und Köpfen von drei Generationen geblieben ist, die mich begleitet haben. Sodass auch nach 50 Jahren junge Journalisten wie Sie sagen: Was war das für eine kuriose Geschichte, dass man auch nach einem halben Jahrhundert noch darüber reden kann. Ich bin dankbar, dass ich diesen Film machen konnte und dass er bei den Menschen so gut angekommen ist. Bis heute. Wenn ich hier durch Altenburg gehe, sprechen mich viele Leute an und sagen: 'Das kann doch nicht wahr sein, dass Sie noch leben, Herr Glatzeder.' Und dann sage ich: 'Haben Sie mich überhaupt erkannt?' 'Ja, darf ich ein Foto machen?' 'Nein, bitte nicht. Warum wollen Sie eine verschrumpelte Kartoffel fotografieren?' Aber ich genieße es von ganzem Herzen.

Das ist schön zu hören. War das Ihr erste Hauptrolle?

Es war die erste, die von einem großen Publikum wahrgenommen worden. Aber ich habe schon davor Filme gedreht wie: "Der Mann, der nach der Oma kam" (1972). Er basiert auf der Erzählung von Renate Holland-Moritz, die eine gefürchtete Filmkritikerin war und den Film folgerichtig gut fand. Und da ich die Hauptrolle spielen durfte, war das auch ein Glücksfall, denn das haben sich alle Großeltern mit ihren Enkelkindern angesehen. Ich glaube, das haben noch mehr Leute gesehen. Und davor habe ich einen Film gemacht, der hieß "Zeit der Störche" (1971). Durch glückliche Umstände und durch das Schicksal habe ich einige Filme gemacht, die man auch geliebt hat und die man gerne gemacht hat, die aber im Bewusstsein der Zuschauer gar nicht gelandet sind. Und einer ist eben gelandet.

Und was bedeutet es für Sie, Schauspieler zu sein?

Es ist eine Möglichkeit, neben dem Beruf, den man ausübt, viele Dinge kennenzulernen. Als Schauspieler kann man sich in viele Figuren hineinversetzen, vom Totengräber bis zum Geburtshelfer. Oder wie jetzt gerade, die Vorgeschichte zum Film "Kundschafter des Friedens. Teil zwei": Wir haben unseren Chef beerdigt. Da stand ich mit dem Sarg vor einer Grube. Ein paar Tage später war ich im Krematorium und habe dort gedreht. Das heißt also, man lernt alles kennen, was auf dieser Welt an schönen und unangenehmen Dingen passiert.

Insofern ist das natürlich eine Bereicherung des Horizonts. Und auch, weil ich verschiedene Charaktere spielen will, die auch ein Teil von mir selber sind. Neulich habe ich zum Beispiel in einem Fernsehfilm einen Alzheimer-Patienten gespielt, der Musikproduzent war, und als ich fertig war, hat das ganze Dreh-Team geklatscht. Und ich habe gefragt: 'Warum? Seid ihr froh, dass ihr mich jetzt los seid?' 'Nein, du hast so gut gespielt.' Ich habe gesagt: 'Ich habe nicht gespielt, ich war so, wie ich bin.'

Aber wenn man als Mensch verschiedene Rollen darstellt, wer ist dann Winfried Glatzeder?

Ich bin immer noch auf der Suche. (lacht) Ich nähere mich bestimmten Figuren und Rollen an und entdecke, dass ich selbst einen Teil des Mörders in mir habe, oder des Vergewaltigers, des Bankräubers. Das heißt, durch die verschiedenen Rollen und Drehbücher lerne ich mich selbst Stück für Stück kennen. Man sollte sich also vor mir in Acht nehmen. (lacht) Im Januar kommt eine Serie raus, die heißt "Oderbruch". Da spiele ich einen Dorfpolizisten im Oderbruch. Mehr darf ich nicht verraten. Aber solange ich neugierig bin, mache ich bei jeder Produktion mit, die mir angeboten wird. Mit meinen fast 80 Jahren wird das immer beschwerlicher.

Am Sonntag lesen Sie in der Villa Teresa aus Ihrer Autobiografie "Paul und ich", die beim Aufbauverlag erschienen ist. Was bedeutet sie für Sie?

  • Das Gespräch führte Martin Skurt.
  • Am 12. November 2023 um 16 Uhr liest Winfried Glatzeder in der Villa Teresa aus seiner Autobiografie "Paul und ich" (2008).
  • Tickets ab 30 Euro können Sie online oder im Vorverkaufsbüro der Börse Coswig,
    Hauptstraße 29, kaufen.