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Radebeuler Kunden sind sauer auf Deutsche Bank

Seit der Schließung des Standorts in Radebeul können Kontoinhaber kein Geld in der Lößnitzstadt einzahlen. Nach langem Schweigen meldet sich ein Banksprecher zu Wort.

Von Silvio Kuhnert
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Von der einstigen Filiale und SB-Stelle im Wettinhaus zeugen nur noch die Umrisse der Leuchtreklame vom Standort der Deutschen Bank. Früher nutzte die Staatsbank der DDR die Räume.
Von der einstigen Filiale und SB-Stelle im Wettinhaus zeugen nur noch die Umrisse der Leuchtreklame vom Standort der Deutschen Bank. Früher nutzte die Staatsbank der DDR die Räume. © Norbert Millauer

Radebeul. Mit dem Slogan "Compete to Win" – auf Deutsch: „Antreten um zu gewinnen“ – hat die Deutsche Bank ihre neue Strategie im Sommer 2019 präsentiert. Nach vielen schwierigen Jahren wollte Vorstandschef Christian Sewing das Bankhaus wieder wettbewerbsfähiger machen.

Mit Blick auf den jüngsten Jahresabschluss zog er zu Beginn dieses Monats ein positives Fazit. "Wir haben 2022 mit einem Vorsteuergewinn von 5,6 Milliarden Euro beendet. Dies ist ein Anstieg um 65 Prozent gegenüber dem Vorjahr und das höchste Ergebnis seit 15 Jahren", teilte der Bankchef mit. Die Bilanz der 2019 eingeleiteten Transformation und das Ergebnis könnten kaum erfreulicher sein, frohlockte er.

Doch die Kunden der Deutschen Bank in Radebeul haben das Nachsehen. Seit 19. Dezember vorigen Jahres ist die SB-Stelle an der Ecke Meißner, Moritzburger Straße in Radebeul-West geschlossen. Nur noch die Umrisse der ehemaligen Leuchtschrift zeugen an der Fassade davon, dass sich hier einmal eine Filiale des nach Bilanzsumme und Mitarbeiterzahl größten Kreditinstituts Deutschlands befand. Bis einschließlich 18. Dezember 2022 konnten Bankkunden dort noch Geldautomaten, Kontoauszugsdrucker sowie Terminals für Überweisungen nutzen. Doch seit zwei Monaten sind diese abgebaut.

Geldeinzahlungen nur in Dresden und Meißen möglich

"Die Anweisung kam aus Frankfurt am Main, ohne Rücksicht auf die Kunden zu nehmen", ist Nannette Marx immer noch sauer. Sie betreibt die Physiotherapie Marx an der Thalheimstraße in Radebeul. Bei der Deutschen Bank hat sie ein Geschäftskonto. Um Bareinnahmen einzuzahlen, konnte sie bis Mitte Dezember vorigen Jahres die Geldautomaten im Zentrum von Radebeul-West nutzen. Doch seit der Schließung der SB-Stelle geht das nicht mehr.

Die Deutsche Bank unterhält zwar noch eine SB-Stelle neben der Zoohandlung Fressnapf an der Moritzburger Straße in der Nachbarstadt Coswig. In dem kleinen Raum steht ein Bankterminal für Kontoauszüge und zum Eintippen von Überweisungen sowie ein Geldautomat. An dem lassen sich Geldscheine nur ziehen und vom Konto abheben. Geldeinzahlungen sind nicht möglich. "Dafür muss ich bis nach Dresden oder Meißen fahren. Das steht in keinem Verhältnis zum Aufwand", beschwert sich Nannette Marx. Sie ist nicht die einzige Geschäftskundin in Radebeul. Auch Privatkunden sind von dem Problem betroffen.

Die Frage, warum sich die Deutsche Bank aus Radebeul verabschiedet hat, blieb von dem Geldinstitut bislang unbeantwortet. Auf Anfragen von Sächsische.de gab es über zwei Monate keine Reaktion. Doch nun hat sich ein Sprecher der Deutschen Bank gemeldet. "Die SB-Stelle der Deutschen Bank in Radebeul wurde im Dezember 2022 geschlossen, nachdem wir bereits Ende 2021 eine Veränderung des Filialformates vorgenommen hatten", teilt er mit.

Wie alle Banken beobachte auch die Deutsche Bank, dass sich der Markt und das Verhalten der Kundinnen und Kunden in Zeiten der Digitalisierung verändern. "Vor diesem Hintergrund überprüfen wir unser Filial- und SB-Netz in Deutschland laufend hinsichtlich seiner Wirtschaftlichkeit und Optimierungsmöglichkeiten", so der Banksprecher.

Nur noch Finanzberatung in Radebeul

Um dem sich verändernden Bedarf vor Ort passgenau entgegenzukommen, "entwickeln wir für unsere Kunden neben unseren vorhandenen Filialen unterschiedliche neue Filialformate mit differenzierten Produkt- und Serviceangeboten", führt er weiter aus. So gibt es in Radebeul das Angebot einer Finanzagentur der Deutschen Bank in der Käthe-Kollwitz-Straße. "Mit einem Team selbstständiger Finanzberater und Finanzberaterinnen steht es für die persönliche Beratung rund um alle finanziellen Themen zur Verfügung – und dies auf Wunsch auch abends oder an Samstagen sowie beim Kunden zu Hause oder im Betrieb", berichtet der Banksprecher.

Was er aber nicht erwähnt: In der Finanzagentur kommen Privat- und Geschäftskunden nicht an ihr eigenes Geld heran. Sie können dort nichts vom Konto abheben oder eine Überweisung tätigen. Dort gibt es nur Beratungen zu Finanzierungen, sprich Kredite, sowie Anlage- und Vorsorgefragen.

Die Deutsche Bank ist Teil der Cash Group. Dieser Gruppe gehört auch die Commerzbank an. So können Kunden der Deutschen Bank an Geldautomaten der Cash Group kostenfreie Abhebungen tätigen, so zum Beispiel in der Commerzbank-Filiale an der Sidonienstraße in Radebeul-Ost. Innerhalb der Cash Group ist aber nur das kostenfreie Geldabheben möglich. Geschäftskunden wie Nannette Marx, die Geld auf ihr Konto einzahlen möchten, bleiben außen vor.

Bargeld im Supermarkt holen

"Für Bargeldeinzahlungen am Automaten stehen unseren Kunden besondere Automaten zur Verfügung, an denen Ein- und Auszahlungen möglich sind. Solche Automaten stellen wir unseren Kundinnen und Kunden an allen Filialstandorten zur Verfügung", berichtet der Sprecher der Deutschen Bank. Ausdrücklich verweist er auf die Filiale an der Königsbrücker Straße in Dresden "mit ihrem umfassenden Beratungs- und Serviceangebot".

Unerwähnt lässt er, dass laut Routenplaner zwischen dem früheren Standort im Wettinhaus in Radebeul-West und der Dresdner Filiale fast elf Kilometer Fahrstrecke liegen. Mindestens 23 Minuten Fahrtzeit gehen dafür drauf. Das ist aber nur die Hinfahrt. Die Rückfahrt kommt noch obendrauf.

Neben der Deutschen Bank haben im vorigen Jahr auch die Hypovereinsbank und die Commerzbank ihre SB-Standorte im Zentrum von Radebeul-West geschlossen. Wie die Sprecher dieser beiden Geldhäuser verweist auch der von der Deutschen Bank darauf, dass es seit einigen Jahren Bargeld nicht nur bei Banken gebe. "So nutzen immer mehr Menschen beim Einkaufen auch die Bargeld-Mitnahmeangebote an den Kassen von Supermärkten beziehungsweise sie nutzen direkt bargeldlose Alternativen. Gerade im Einzelhandel gibt es einen klaren Trend, den auch unsere Geschäftskunden so bestätigen", so der Deutsche-Bank-Sprecher. Wie er berichtet, seien derzeit in Dresden und Ostsachsen keine Veränderungen bei den Standorten geplant.