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Sachsen will das Image vom Karpfen aufpolieren

Landwirtschaftsministerium und Fischereiverband entwickeln eine eigene Marke. Es gibt weitere Strategien, um den Fisch häufiger auf die Teller zu bringen.

Von Silvio Kuhnert
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Am kulinarischen Vernetzungstreffen auf Schloss Wackerbarth in Radebeul nahmen Lisa Angermann, Köchin aus Leipzig, und Karsten Ringpfeil von der Teichwirtschaft Ringpfeil aus Königswartha teil.
Am kulinarischen Vernetzungstreffen auf Schloss Wackerbarth in Radebeul nahmen Lisa Angermann, Köchin aus Leipzig, und Karsten Ringpfeil von der Teichwirtschaft Ringpfeil aus Königswartha teil. © Arvid Müller

Radebeul. Als blau gekocht, als grün gebraten oder im Ofen gebacken - für Karpfen gibt es verschiedene Zubereitungsarten. Traditionell kommt der Süßwasserfisch Heiligabend oder zu Silvester in vielen Haushalten auf den Tisch. Doch die Karpfensaison geht viel länger, dauert über die Monate mit Buchstaben „r“ im Namen an, also von September bis April.

Warum sollte er da nicht häufiger und auf neue Art und Weise als Vorspeise, Hauptgericht oder Dessert verzehrt werden? Zu einem Vier-Gänge-Menü kamen dieser Tage Gastronomen und Teichwirte auf Schloss Wackerbarth in Radebeul zusammen. Unter dem Motto „Reuse & Rebe: Sachsens Schätze neu interpretiert“ hatte der sächsische Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Bündnis 90/Die Grünen) zu einem kulinarischen Vernetzungstreffen geladen, um die regionale Vermarktung des Speisefisches zu fördern.

Rund 150 Betriebe in der Teichwirtschaft

Weinanbau und Fischereiwirtschaft werden in Sachsen seit Jahrhunderten praktiziert. Rebflächen prägen die Kulturlandschaft zwischen Pirna und Diesbar-Seußlitz im Oberen Elbtal, Karpfenteiche die Lausitz und Nordsachsen. „Unsere Teiche sind wertvolle Naturschutzflächen und Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten. Gleichzeitig sind die Teiche Arbeitsplatz und Lebensgrundlage für die über 150 Unternehmen in der Aquakultur im Freistaat“, informiert Günther. Karpfen seien gesund und deren Zucht nachhaltig und regional.

„Vor Corona haben wir über 30 Prozent unserer Ernährung außer Haus zu uns genommen, in Restaurants und Gaststätten“, sagt Günther. Sächsische Weine seien heutzutage auf vielen Speisekarten zu finden. „Es war aber kein Selbstläufer, diesen in die Gastronomie zu bringen“, so der Minister. Bei der Ernährung ist bei Konsumenten der Trend zu einem wachsenden Bewusstsein und die Kaufentscheidung für regionale Produkte zu beobachten.

Gegen schlechten Ruf ankämpfen

„An diesem Trend kann die Teichwirtschaft noch nicht partizipieren“, berichtet Andreas Stummer, Geschäftsführer des Sächsischen Landesfischereiverbands. Im vorigen Jahr wurden rund 1.700 Tonnen Karpfen gefischt. Zwischen zehn und 20 Prozent haben die Teichwirte regional vermarkten können, der überwiegende Rest ging in den Großhandel. Oder anders formuliert: „Nur 3,5 Prozent, der in einem Jahr im Freistaat konsumierten Fische, stammen aus Sachsen“, sagt Stummer. Da gibt es Luft nach oben.

Ein Grund dafür ist ein schlechter Ruf, der dem Karpfen anhaftet. Er sei grätenreich und modrig im Geschmack, so Stummer. Um diesem Image entgegenzuwirken, soll unter anderem das Netzwerktreffen zwischen neun Gastronomen und sechs Teichwirten auf Schloss Wackerbarth dienen. Mit dabei war auch Katharina Mohaupt, Assistentin der Geschäftsführung und Projektkoordinatorin beim Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Sachsen. Dieser Verband zählt rund 2.100 Mitglieder. „Wir haben einen Nachholebedarf, die Wertigkeit regionaler Produkte hervorzuheben“, sagt Mohaupt.

Bei der Eröffnung der sächsischen Karpfensaison in Wartha fasste Sachsens Agrarminister Wolfram Günther (Bündnis 90 / Die Grünen - r.) mit an.
Bei der Eröffnung der sächsischen Karpfensaison in Wartha fasste Sachsens Agrarminister Wolfram Günther (Bündnis 90 / Die Grünen - r.) mit an. © Daniel Schäfer, dpa

Mehr Karpfengerichte sowie neue Rezeptkreationen in die Gastronomie zu bringen, soll ein Weg sein, den Speisefisch vor allem in den Ballungsgebieten wie Dresden, Leipzig und Chemnitz aktiver zu bewerben und ihn auf die Teller der Restaurants und der heimischen Esstische zu bekommen.

Neue Marke wird entwickelt

In Ostsachsen liegt der Schwerpunkt der sächsischen Teichwirtschaft. Laut Stummer befinden sich rund zwei Drittel der bewirtschafteten Teilfläche dort. Deshalb wird die Marke „Lausitzer Fisch“ entwickelt. Unternehmen, die unter diesem Logo Karpfen vermarkten wollen, müssen beispielsweise bestimmte Qualitätskriterien erfüllen. Zudem wurde eine eigene Internetseite ins Leben gerufen, um den Verkauf von Fisch aus der Region anzukurbeln. Diese enthält Informationen zur Arbeit der Fischer sowie Angebote für Touristen und Ausflüge rund um das Thema Fisch. Auch eine Liste mit Hofläden, die hiesige Fische vertreiben, ist auf der Internetseite zu finden und wird stetig erweitert.

Das sächsische Landwirtschaftsministerium fördert die Teichwirtschaft über verschiedene Programme. Um die regionale Vermarktung einheimischer Produkte zu unterstützen, wurde im Ministerium ein eigenes Referat gegründet. Dieses hat nicht nur Fische im Blick, sondern auch regionale Erzeugnisse aus Obstanbau und Landwirtschaft.

Eine Steigerung des regionalen Verkaufs stärkt die hiesige Wirtschaft. So erhalten Sachsens Teichwirte im Großhandel im Schnitt um die 2,60 Euro pro Kilogramm Karpfen. Über eine lokale und regionale Vermarktung in Hofläden und Gastronomie sei mindestens der doppelte Preis zu erzielen, so Landwirtschaftsminister Günther. (mit dpa)